Kunst in Quarantäne #32
Hybrid Spaces

11. Mai 2021 • Text von

Der Frühling kommt, die digitale Welt bleibt weiterhin bestehen und zugänglich. Wir besuchen Niko Abramidis &NE in seinem Vision HQ bei max goelitz, lesen uns in die Ergebnisse von Sebastian Jungs Think-Tanks ein, spielen mit “Forgetter” ein Spiel, das Kunst und Games verbindet, und klicken uns bei ArtBase von Rhizome wie wild durch die Geschichte der digitalen Kunst.

Niko Abramidis &NE: Vision HQ, 2021, installation view, max goelitz, Photo: Alexander Rehn Designstudio.

In digitalen Räumen oder in der realen Welt. Auch nach der Pandemie wird die Kunst in beiden Sphären eine Heimat finden. Niko Abramidis &NE präsentiert mit max goelitz nun ein hybrides Ausstellungsprojekt, in dem sich analoge und digitale Erlebnisebenen, Real Life, Virtual Reality und Augmented Reality, in vielfältiger Weise überlagern. Vision HQ besteht aus virtuell konzipierten Räumen in einer postmodernen Tempelarchitektur. Niko Abramidis &NE hat diese auf dem Dach einer fiktiven Metropole angesiedelt und reflektiert so die Schnittstellen von Kunst, Architektur, Realität und dem digital Space. Das mit dem Digital Leaders in Art Award ausgezeichneten Projekt verknüpft gekonnt unterschiedliche Referenzräume auf dem Screen und in der Welt.

Sebastian Jung: Spielregeln, 2021, KM Berlin.

Den Spagat zwischen analoger Ausstellung und digitalen Diskursräumen schafft auch Sebastian Jung mit seinen interdisziplinären Projekten. Zu Ausstellungen in Institutionen und Galerien veröffentlicht er im Internet die Ergebnisse von “Think Tanks”, die er mit prominenten Persönlichkeiten besetzt. Im Projekt “Drachen Burgen Juden Hass” widmete er sich dem Komplex des Antisemitismus und dem zeitgenössischen jüdischen Leben in Ostdeutschland, “Bananen für Wuppertal” war eine Reflexion des Strukturwandels in west- und ostdeutschen Städten und der Veränderung des Lebensraums Stadt. In seiner aktuellen Ausstellung “Spielregeln” bei KM Berlin untersucht er die Mechanismen des Kunstmarktes und analysiert auch seine Rolle in diesem “Spiel”, dessen Regeln oftmals undurchsichtig bleiben. Natürlich gibt es auch zu diesem Projekt einen “Think-Tank” im Internet.

Alan Kwan und Allison Yang Jing: Forgetter, 2021, game play.

Dass zeitgenössische Kunst auch im Medium Computerspiel eine Form finden kann, ist keine Neuigkeit. Dennoch braucht es immer mal wieder ein Spiel, das wie ein trojanisches Pferd die Welt der Games mit Kunst infiltriert. Das Spiel “Forgetter” zeigt eine zukünftige Welt in der Kreativität, Emotionen und Erinnerungen zu Ware werden. Die Spieler*innen werden auf eine zerstörerische Reise geschickt, auf der sie ungesunde Erinnerungen auslöschen müssen. Dabei müssen sie auch Kunstwerke zerstören, die es in der Realität tatsächlich gibt. Gestaltet wurde das experimentelle Spiel von Alan Kwan und Allison Yang Jing in Zusammenarbeit mit der DSL COLLECTION. 2005 von dem in Paris lebenden Ehepaar Sylvain und Dominique Lévy gegründet, ist die DSL Collection eine der wichtigsten Sammlungen zeitgenössischer chinesischer Kunst in Frankreich.

Rhizome ArtBase, 2021.

Ein digitales Repositorium für digitale Kunst. Das Archiv für digitale Kunst der Plattform Rhizome, die ArtBase, wurde bereits 1999 ins Leben gerufen und wuchs im Laufe der Jahre auf mehr als 2.200 Kunstwerke an. Seit 2014 arbeitet das Konservations-Team von Rhizome unter der Leitung von Dragan Espenschied an der Neuimplementierung der Software-Infrastruktur für dieses einzigartige Archiv. Als Teil eines größeren Projektes soll es bessere Werkzeuge für den Zugriff auf und das Verständnis von digitalem Kulturgut entwickeln. Die erste Phase einer neu gestalteten ArtBase ist nun online. Sie hat eine neue Infrastruktur, verbesserte Metadaten und neue Formen der Präsentation. Ein digitales Rabbit Hole, das sich wirklich lohnt.