Stadt, Land, Burg
Zeitgenössische Kunst in Bayern

15. Juli 2022 • Text von

Raus aus der Stadt, rein in die Ausstellungen. Dass man in Bayern auch außerhalb der großen Städte interessante zeitgenössische Kunst entdecken kann, wollen wir euch mit diesen Empfehlungen schmackhaft machen. Auf geht es in Schlösser, Schlösschen, Burgen und Höfe.

Florian Süssmayr: Installationsansicht im Schloss Miltach Foto: Barbara Trommeter.

Die Galerie Rüdiger Schöttle macht eine Landpartie und zeigt noch bis zum 1. August Arbeiten von Florian Süssmayr im schönen Schloss Miltach im Bayerischen Wald. In Portraits, und auf Landschaftsbildern zeigt der Künstler Orte sozialer Verwahrlosung. Erinnerung, Ausgrenzung, Zugehörigkeit und Vergänglichkeit werden in den gedeckten und kontrastierten Bildern fast greifbar. Gleichzeitig reduziert der Künstler seine Motive, aber das figurativ Malerische steht im immer Vordergrund. In der Ausstellung präsentiert der Münchener Künstler einen Querschnitt seiner Arbeiten inklusive vieler neuer Bilder, die eindeutig die dunkleren Seiten menschlicher Existenz ausleuchten. Der Titel der Ausstellung „Bilder aus glücklichen Tagen“ ist daher eher als Euphemismus zu lesen. Die Ausstellung ist nur nach Absprache zu besichtigen. Um einen Termin zu vereinbaren, sollte man bitte Julia Tanterl per E-Mail via schlossmiltach@tanterl.de kontaktieren.

M+M: Mad Mieter 2019 Filmstill aus 3-D-Video, Burg Ranfels.

Ebenfalls im Bayerischen Wald thront seit fast 1000 Jahren die Burg Ranfels auf einem riesigen Felsen. Jetzt ist die Burg auch ein Kunststandort. Ab dem 16. Juli wird dort in einer Gruppenausstellung unter dem Titel „Traum und Albtraum” große Kunst im Außen- und Innenbereich gezeigt. Mit einer großformatigen Fotoarbeit präsentiert Alexandra Vogt eine entrückte Traumsequenz an einer abgeblätterten Fassade. Zusätzliche Leuchtkästen entführen die Betrachter*innen in Fantasiewelten, die mal romantisch, mal verführerisch aber auch verstörend wirken. Einen unheimlichen 3D-Horrorfilm in Miniaturformat zeigen M+M (Marc Weis und Martin di Mattia). „Mad Mieter“, in 3D gedreht und als raumfüllende Videoinstallation präsentiert, spielen Insekten, eine Puppenstube und die drohende Entmietung aufgrund des Wohnraummangels wichtige Rollen. Auch Maximilian Prüfer arbeitet mit Insekten. Mittels der von ihm entwickelten »Naturantypie« zeichnet der Künstler Flügelschläge von Nachtfaltern, Wege von Ameisen oder Schleimspuren von Schnecken auf und transpondiert ihre strukturellen Prozesse in höchst ästhetische Objekte. Daniel Knorr arbeitet als kritischer Post–Konzeptualist und nennt seine künstlerische Praxis Materialisierung. Oft beschäftigt er sich mit Körperlichkeit im Cyberspace. Sein „SMALL GHOST“ wirk zwar wie ein digitaler Fremdkörper, fügt sich aber blenden in die Gemäuer der Burg Ranfels ein.

Paul Czerlitzki: eben, Installationsansicht, Kunstverein Wiesen.

Am anderen Ende von Bayern, fast schon in Hessen befindet sich der Kunstverein Wiesen. Außerhalb jeglicher Metropolregionen will man Netzwerke zwischen dem Hinterland und den Städten knüpfen und gleichzeitig existierende Strukturen in Frage stellen und Diskurse fördern. So sollen neue Formen der Kunstproduktion und Präsentation erprobt werden. Der Kunstverein Wiesen ist einer der jüngsten Kunstvereine Deutschlands, sieht sich aber in der Jahrhunderte langen Tradition deutscher Kunstvereine verortet. Der Kunstverein Wiesen will Teil des bekannten Kunstgeschehens sein, aber zu einer bewussten Entschleunigung beitragen. Am 23. Juli wird eine Duo-Ausstellung mit Maximilian Arnold und Martin Kähler eröffnet. Ein guter Anlass, sich entspannt in die Provinz zu begeben.

Forced Screening: Video Footage from Ukraine 2014 – 2022.

Ziemlich in der Mitte zwischen Kunstverein und Burg gibt es das europäische Künstlerhaus Schafhof. Die Institution für zeitgenössische Kunst hat seine Schwerpunkte auf einem Residenzprogramm, dem internationalen Ausstellungsprogramm und richtet lokale und regionale Kulturveranstaltungen aus. Der Schafhof hat dabei einen lokalen, regionalen und internationalen Bezug. Diesem Sommer wird im Rahmen des „Fokus > Budapest“ unter dem Titel „Remix 3: Licht & Schatten“ eine Ausstellung mit Barbara Nagy und Ádám Szabó aus Ungarn gezeigt. Unter dem Titel „Forced Screening: Video Footage from Ukraine“ gibt es außerdem Found-Footage-Filme und Video-Performances ukrainischer Künstlerinnen und Künstler zu sehen.