Zugänglicher war Kunst selten Im öffentlichen Raum von Frankfurt am Main
24. August 2021 • Text von Louisa Behr
Tipps für Kunstausflugsziele rund um Frankfurt am Main herum haben wir bereits verteilt, aber vielleicht geht es auch näher – wir haben uns nochmal genauer inmitten der Stadt umgesehen und die besten Tipps für Kunst im öffentlichen Raum zusammengefasst. Da haben sich das MMK, der Künstler Emeka Ogboh, die SCHIRN Kunsthalle und das Jüdische Museum ganz schön ins Zeug gelegt. Einfacher zugänglich war Kunst noch nie!
Der “Frankfurter Schacht” von Cyprien Gaillard
Von außen sieht der “Frankfurter Schacht” aus wie eine überdimensionale Litfaßsäule – oder eine runde Trafostation. Er befindet sich in der Taunusanlage, die sich als der innenstädtische Grünstreifen durch Frankfurt mäandert. Zwischen Willy-Brandt-Platz, wo auch das Schauspiel Frankfurt beheimatet ist, und dem Taunusturm, der die MMK-Dependance TOWER MMK beherbergt, gibt es innerhalb des besagten Grünstreifens eine Menge Kunstwerke und Denkmäler. Seit Mai 2021 befindet sich dort nun auch der “Frankfurter Schacht” von Cyprien Gaillard – an einem Samstagmorgen im Mai wurde er mit einer Performance des Künstlers, bei der er unter anderem jede der anderen Skulpturen umkreiste, eingeweiht. Das Kunstwerk des französischen Künstlers wird erst so richtig sichtbar, wenn sich die Tür öffnet: der graue Schacht ist von innen mit rosa- und weißfarbenem Marmor ausgeschmückt. Das MMK lud Gaillard ein, ein Kunstwerk für den öffentlichen Raum zu schaffen, das sich mit der spezifischen Lage inmitten Frankfurts befasst: dort wo Finanzzentrum und Bahnhofsviertel aufeinander treffen. Ein Besuch beim “Frankfurter Schacht” lohnt sich und könnte sogar bei einer Umsteigepause im Verkehrsknotenpunkt Frankfurt am Main eingebaut werden!
WANN: Der “Frankfurter Schacht” ist rund um die Uhr dauerhaft zugänglich.
WO: Zwischen den S-Bahn-Aufgängen 3 und 4 der Taunusanlage und gegenüber der Adresse Taunusanlage 12, Frankfurt am Main.
“THIS TOO SHALL PASS” von Emeka Ogboh
Emeka Ogbohs in situ Werk “THIS TOO SHALL PASS” verbreitet sich in großen Teilen des Innenstadtraums von Frankfurt am Main – in der Fried-Lübbecke-Anlage, in der Dreikönigskirche sowie Samstag und Sonntag von einem Boot auf dem Main aus. Die dreiteilige Mehrkanal-Soundinstallation des Künstlers ist für alle Spaziergänger*innen wahrnehmbar und wird wie eine Art Hymne von Ort zu Ort durch die Stadt getragen. Chöre aus Lagos und Frankfurt sangen das neukomponierte Stück “THIS TOO SHALL PASS” ein, das nun an sowohl sakralen als auch profanen Orten gespielt wird. Der Fluss als fließender, in Bewegung bleibender Schauplatz steht hierbei bewusst für einen Verbindungen schaffenden Raum. In Auftrag gegeben wurde die Arbeit durch die EKHN Stiftung und dann durch die Euphoria Gesellschaft für Kunst im urbanen Raum realisiert. In Kooperation mit der freitagsküche gibt es zusätzlich ein Rahmenprogramm bestehend aus Stadtspaziergängen und Film- und Musikvorführungen.
WANN: “THIS TOO SHALL PASS” läuft bis zum 3. Oktober.
WO: Täglich 10-18 Uhr zur vollen und halben Stunde in der Fried-Lübbecke-Anlage, Limpurgergasse 2, Frankfurt am Main; Samstag und Sonntag 10-18 Uhr einmal pro Stunde auf einem Boot auf dem Main, das die folgenden Anlegestellen ansteuert: Sommerhoffpark, Westhafen, Städel Museum / Germania Rudergesellschaft e. V., Eiserner Steg, Dreikönigskirche, Deutschherrnufer, Hafenpark Osthafen; Montag 13-18 Uhr, Dienstag bis Freitag 10-18 Uhr und Sonntag 12.30-17 Uhr zur vollen und halben Stunde in der Dreikönigskirche, Dreikönigsstraße 30, Frankfurt am Main.
“TRANSATLANTIC” von Caroline Monnet
In ihrer öffentlich zugänglichen Rotunde präsentiert die SCHIRN Kunsthalle noch bis Sonntag, den 5. September, die immersive Videoarbeit “TRANSATLANTIC” von Caroline Monnet. Der Film dokumentiert ihre 22-tägige Reise auf einem Frachtschiff von Kanada nach Europa. Die Videoarbeit, die an ihrer Mittelachse gespiegelt wird, verbindet die Künstlerin mit drei Betonskulpturen. Sie bilden in ihrer Statik einen Gegensatz zu dem Film, der eine Reise über den sich ständig in Bewegungen befindlichen Atlantik dokumentiert. In der Installation beleuchtet Monnet ihre Wurzeln, die sowohl von ihren Algonquin-Vorfahren in Kanada als auch ihren französischen Vorfahren in Europa geprägt sind. Dabei thematisiert sie im Zusammenhang mit der Schiffsreise im größeren die koloniale Historie zwischen Europa und Kanada sowie von Bewegung geprägte Phänomene wie Handel oder Migration. “TRANSATLANTIC” steht im Dialog mit der aktuellen Gruppenausstellung “Magnetic North“, die sich mit Malerei aus Kanada zwischen 1910-1940 beschäftigt.
WANN: Die Videoinstallation läuft noch bis Sonntag, den 5. September.
WO: In der Rotunde der SCHIRN Kunsthalle, Römerberg, 60311 Frankfurt am Main.
“Untitled” von Ariel Schlesinger
Vergangenen Oktober eröffnete das Jüdische Museum in Frankfurt nach fünfjähriger Sanierungspause endlich wieder seine Pforten. Nicht nur wurde das Rothschild-Palais saniert, sondern das Museum zudem um neue Bauten erweitert. Das altehrwürdige klassizistische Palais und der neue Lichtbau sind durch einen ebenfalls neu gestalteten Museumsvorplatz verbunden. Das Museum per se ist jeden Besuch wert, aber weil wir uns auf Kunst im öffentlichen Raum konzentrieren wollen, dreht sich dieser Tipp um die Skulptur von Ariel Schlesinger auf dem Vorplatz. Sie wurde aus einem internationalen Wettbewerb von einer Jury ausgewählt. Die Arbeit ist elf Meter hoch und besteht aus Aluminium – schon von weitem erkennt man zwei aufeinander gestapelte Bäume, deren Kronen verzweigt sind. Der untere sieht aus, als wäre er in den Boden gepflanzt, wohingegen der obere seine Wurzeln hoch in die Luft streckt. Der Entscheidung, die Skulptur zu einem Wahrzeichen des Museums zu machen, liegt eine ihrer Bedeutungsebenen zu Grunde: sie soll auf die Geschichte der Frankfurter Juden und das Gefühl der gleichzeitigen Entwurzelung und Verbundenheit verweisen. Neben dieser gibt es noch viele weitere Bedeutungen, der Künstler wollte aber möglichst viel Raum für Interpretationen zulassen – deshalb der Titel “Untitled”. Unbedingt hingehen und ein eigenes Bild machen!
WANN: “Untitled” ist rund um die Uhr dauerhaft zugänglich.
WO: Auf dem Museumsvorplatz des Jüdischen Museums, Bertha-Pappenheim-Platz 1, 60311 Frankfurt am Main.