Unsere allerliebsten Jahresgaben Bei diesen Kunstvereinen lohnt es sich
9. Dezember 2020 • Text von Team
Die Jahresgabe erfährt noch viel zu wenig Aufmerksamkeit. Oft undankbar hinter irgendeinem kryptischen Reiter verborgen finden sich bei den Kunstvereinen allerdings stets echte Schätze für gar nicht mal so großes Geld. Eine*r muss den Job ja machen. Deswegen haben wir uns durchs Angebot geklickt und für euch unsere Lieblingsstücke ausfindig gemacht.
Snorsa heißt dieses bezaubernde Einauge. Für ihre Ausstellung „INTO A GRAVEYARD FROM ANYWHERE“ hat Mary-Audrey Ramirez gleich eine ganze Herde wattegefüllter PVC-Stoff-Wesen angefertigt. Neben größeren Kreaturen in Silber-Gelb und Schwarz-Blau bevölkerten die futuristische Schau im Sommer vor allem die kleinen pinkfarbenen Zyklopen. Dieses eine Exemplar ist nun als Jahresgabe des Dortmunder Kunstvereins auf sich allein gestellt und man kann doch gar nicht anders, als es lieb zu haben.
Lieblingsstück von Anna Meinecke.
Organisch und digital, künstlich und natürlich. In Susi Gelbs künstlerischem Kosmos zerfließt die Grenze zwischen Natur und Technologie. Sie beschäftig sich mit der zunehmenden Modifizierung und Veränderung der Umwelt durch den Menschen, dabei spielt sie in ihren Bildern, Skulpturen und Environments mit den Parametern Kontrolle, Zufall und Gestaltung. Der Mensch ist dabei Akteur in einem Ökosystem, das selbst an der Grenze zum künstlichen steht. Anlässlich ihrer Ausstellung bei Nir Altman sprachen wir mit ihr, bei den diesjährigen Jahresgaben im Kunstverein München ist sie mit vier Editionen vertreten.
Lieblingsstück von Quirin Brunnmeier.
Enigmatisch, tiefgründig und doch mit einer Prise Humor. In ihrer künstlerischen Praxis nutzt Kate Mackeson eine Vielzahl von Materialien und Techniken, sie kombiniert Zeichnung, Malerei, Textil und Druck. In ihren Arbeiten erforscht sie Ideen von Grenzen und Schwellen, zeitliche wie räumliche. Sie nutzt dabei Referenzen zur Kunstgeschichte aber auch zur Popkultur. Ihre Arbeiten wirken dabei oft schwebend, wie ein ruhiger Moment, der in einer Gesprächspause in der Luft zirkuliert. Im Neuen Essener Kunstverein ist nun die Arbeit „1 June 1990“ Teil der Jahresgaben.
Lieblingsstück von Quirin Brunnmeier.
An Andi Fischer kommt man eigentlich kaum vorbei. Und sie sind auch einfach bestechend, diese vermeintlichen Kritzeleien. Der Kunstverein Ulm hat einen trauernden Tiger im Angebot – jetzt mal vorausgesetzt, auch Tiger treten zum Trauern an Gräber heran. Am genialsten ist an Fischer, dass er Sonnen in Bildecken malt, ganz genau so, wie wir alle mal Sonnen in Bildecken gemalt haben. Diese Arbeit kommt ohne Sonne aus, macht aber rein gar nichts.
Lieblingsstück von Anna Meinecke.
1, 2, 3, 4 nummerierte Teile hat die Jahresgabe von Cemile Sahin für den Kunstverein in Hamburg. Mit Wolken in der unteren Bildhälfte guckt es sich auf die Arbeiten beinahe wie aus Flugzeugfenstern – ihr wisst noch, wie damals, als wir noch flogen. Und Tatsache, auf den zweiten Blick fallen dann auch die „Safty Card“-Motive ins Auge. Im Rahmen der „ars viva 2020“-Ausstellung hatte Sahin zwei Flugzeugrutschen im Raum installiert. Thema bleibt, passt jetzt aber auch in Wohnungen mit durchschnittlicher Quadratmeterzahl.
Lieblingsstück von Anna Meinecke.
Die Flasche kommt einem quasi entgegen – getanzt, getaumelt, so genau lässt sich das nicht sagen. Ist aber auch nicht so wichtig. Charline Tybergheins Arbeiten kreieren Illusionen, und zwar solche, die gute Laune machen. Das war schon so im Rahmen der Gruppenausstellung „The Immanent Horizon“ im Kunstverein Bielefeld und das gilt nun auch für die Jahresgaben.
Lieblingsstück von Anna Meinecke.
Körper in Ekstase, keine Regeln, keine Grenzen, kein Gefühl für Zeit. Seit den 1960er Jahren ist Dorothy Iannone für ihre expressiven und energetischen Gemälde, Zeichnungen, Drucke, Videos und Objekte bekannt. Sie schafft eine Welt, in der ihre Figuren, weibliche wie männliche, ihre Sexualität frei ausleben können, ohne Unterdrückung oder Ausbeutung. Dorothy Iannone kann dabei getrost als Kämpferin für die Freiheit beschrieben werden, die unsere Vorstellung von Kultur und Zensur herausfordert. Die Edition erscheint anlässlich der Ausstellung „The Köln Concert“ mit Juliette Blightman im Kölnischen Kunstverein.
Lieblingsstück von Quirin Brunnmeier.
Kupferrohre, Äste, Drähte oder Melonenkerne. Die schwedische Bildhauerin und Installationskünstlerin Nina Canell verbindet für ihre skulpturalen Arrangements unterschiedlichste Objekte und Fundstücke, organische wie synthetische. Über die materiellen Eigenschaften dieser Artefakte nähert sie sich ihren sinnbildlichen und metaphorischen Qualitäten. Vorher vielleicht verborgene Prozesse und Verbindungen werden so sinnlich erfahrbar. Auch Canells diesjährige Jahresgabe für den Bonner Kunstverein verbindet immaterieller Kräfte und schafft einen ästhetischen Energietransfer.
Lieblingsstück von Quirin Brunnmeier.
Einige Jahresgaben in diesem Artikel sind bereits verkauft. Aber wir wollten euch eben unsere Lieblingsstücke zeigen. Und das Angebot ist ja groß – wer was will findet was!