Ist da jemand? #16
Sophie Gogl

14. März 2021 • Text von

Hier meldet sich gewissermaßen ein Objekt zu Wort. Sophie Gogl hat eine verschmitzte Klopapierrolle gemalt und die wirft Fragen auf. Lässt es sich im Kapitalismus ethisch Konsumieren? Wie verhält sich Werbung zu Politik?

Die Arbeit "Ethical Consumption" von Sophie Gogl zeigt eine grinsende Klorolle. Links: die Arbeit, rechts: die Arbeit installatiert bei Tre Kronor.
Sophie Gogl: “Ethical Consumption” als Teil der Gruppenausstellung “Stroismüller” bei Tre Kronor, Stockholm (SE).

gallerytalk.net: Bist du gerade allein?
Sophie Gogl: Nein, ich habe einen Freund.

Bist du gerade kreativ?
Ich arbeite zurzeit an einer Ausstellung, die Ende April eröffnen wird. Ich bin zwar schon recht aktiv im Arbeitsprozess, es sind aber noch etwaige kreative Entscheidungen ausständig.

„Ethical Consumption“ könnte gut während des Hamsterkauf-Hochs des vergangenen Jahres entstanden sein. Die Arbeit zeigt eine Rolle Klopapier, die höchst zufrieden dreinschaut. „Relax, nobody cares whose side I am on …“ – erkenne ich da ein Objekt, das sich gewissermaßen über uns Menschen lustig macht?
Es geht um die Meinung, dass es sich in einem kapitalistischem Grundsystem nur begrenzt „ethisch“oder eben gar nicht ethisch konsumieren lässt. Die Aussage der Klorolle bezieht sich auf die unpolitische Haltung des zu erwerbenden Produkts. In der Werbung wird entweder total auf Politik verzichtet oder es werden Randgruppen politisiert, um ein Produkt besser zu vermarkten. Dabei ist aber fraglich, ob das aus marketingtechnischen oder ideologischen Beweggründen passiert (vgl. pinkwashing, pruplewashing, greenwashing etcetcetc). Das Objekt – also in dem Fall – bekommt nun die Möglichkeit, sich zu Wort zu melden, und verweist auf ihre unpolitische Einstellung. Ich bin mir nicht sicher, ob sich die Klorolle in dem Fall über die Konsumenten lustig macht, oder eher über das System, in welchem sie instrumentalisiert wird und den Konsumenten zum Narren hält. Also sprich, ob die Menschen sich selbst ein Ei legen.

Sophie Gogl: Einzelausstellung “secondhand angst” bei Zeller van Almsick, Vienna, Austria. 28. November 2019 – 11. Januar 2020. Courtesy of Zeller van Almsick

Was macht dich im Moment glücklich?
Ordnung, Spaziergänge, Arbeiten, am Spielplatz stehen. Diverse Online-Workouts und Yogaprogramme und die vermehrte Möglichkeit selbst einen COVID-Schnelltest durchzuführen. In Österreich kann man auch wieder ins Museum. Man muss sich zwar länger anstehen als gewohnt, aber das macht mir im Augenblick gar nichts aus. Man fühlt sich, als würde man sich für einen Club anstellen, nur ohne guilt oder anstehenden Hangover.

Worauf freust du dich?
Ich freue mich auf den kommenden Frühling und Sommer, und hoffe dass die Covidimpfungen und Selbsttests immer mehr Aktivitäten ermöglichen. 

Mehr von Sophie Gogl gibt es zum Beispiel auf den Websites ihrer Galerien KOW und Zeller van Almsick. Wir haben bereits über ihre Ausstellung “She brings the Pain” bei Schwabinggrad berichtet.

Wir gehen nicht raus, bleiben ganz bei uns – so sehr, dass wir uns manchmal eine Runde zu viel um uns selbst drehen. Deswegen horchen wir nach, was draußen so los ist. In unserer Interview-Serie „Ist da jemand?“ sprechen wir mit Künstler*innen, deren Arbeit die Gegenwart auf berührende Weise kommentieren.

Ist da jemand? #1 – Milen Till
Ist da jemand? #2 – Esther Zahel und Peter Feermann
Ist da jemand? #3 – Maximilian Arnold
Ist da jemand? #4 – Jess Goehring
Ist da jemand? #5 – Nicholas Warburg
Ist da jemand? #6 – Rose Eken
Ist da jemand? #7 – Berkay Tuncay
Ist da jemand? #8 – Lucy Bryant
Ist da jemand? #9 – Ye Funa
Ist da jemand? #10 – Oliver-Selim Boualam
Ist da jemand? #11 – Lina Scheynius
Ist da jemand? #12 – Bob Bicknell-Knight
Ist da jemand? #13 – Tilman Hornig
Ist da jemand? #14 – Caterina Avataneo
Ist da jemand? #15 – Evy Schubert