Internet Explorer: Kunst online #5
Wild, wilder, das Internet

21. September 2021 • Text von

Wer nicht völlig wahllos durch das World Wide Web klicken möchte, sondern eine Anleitung benötigt: einmal hier entlang. Das FOAM Amsterdam präsentiert online junge, aufstrebende Fotograf*innen, die Galerie Biesenbach im Viewing Room “Mac and Cheese” von David Rosado, klickt euch durch das Collaboratory vom Lenbachhaus, Bewegtbilder beim 6×6 project oder den virtuellen Uterus von Seema Mutta.

Volles, buntes Bild mit diversen Getränkedosen, Stoffmasken und anderen Lebensmitteln, von links ragen grüne Pflanzen ins Bild hinein
Image from the series Quarantine Blues © Leonard Suryajaya, courtesy of the artist.

Das Fotografiemuseum in Amsterdam bietet jungen, internationalen Fotokünstler*innen regelmäßig eine Plattform, um auf sich aufmerksam zu machen – so auch in der aktuellen Online-Ausstellung “FOAM Talent 2021 | Digital”. Die Arbeiten der diesjährigen 20 Talente kreisen um den Zustand des Menschen, eine Auseinandersetzung, die wir spätestens seit Ausbruch der Pandemie wohl alle von Zeit zu Zeit durchmachen mussten, ob wir wollten oder nicht. Zentrale Themen in der Bildauswahl sind außerdem Herkunft, Migration, Vertreibung und Abstammung. Die Künstler*innen schauen genau hin und treffen auf nachdenkliche, aber auch hoffnungsvolle und ästhetische Art und Weise den Geist unserer Zeit.

Schwarz-weißer Hintergrund mit verpixelten Katzen, zwei Comic-Figuren sind überlagert
David Rosado, Fur, 2021, Acryl auf unbehandelter Leinwand, 140 x 170 cm, Galerie Biesenbach.

Die Kölner Galerie Biesenbach zeigt derzeit in ihrem Online Viewing Room die Ausstellung “Mac and Cheese” von David Rosado mit Bildern, die zwischen 2017 und 2021 entstanden sind sowie eine neue Wandskulptur. Poppige Farben, Kätzchen und Emojis springen einen in Rosados Werke förmlich an. Der Künstler überlagert bewusst Formen, Materialien und Kontexte, um Fragen der sozialen Schichtung aufzuwerfen und die Betrachter*innen zurück in die Vergangenheit, die Kindheitstage, zu versetzen – früher war doch schließlich alles einfacher. David Rosados künstlerisches Prinzip basiert auf Hinzufügen, Konstruktion, Kombination und Neuanpassung, gleichermaßen wie Auslöschung und Überlappung.

Auf der Website findet ihr außerdem auch noch ältere Viewing Rooms der Galerie.

Online-Ansicht vom Collaboratory, man sieht ein weiß-grünes Raster auf dem Boden und in der Mitte einen gelben Smiley, links ist ein Info-Fenster zu sehen
Collaboratory, Laden, 2021, Lenbachhaus.

Das Collaboratory vom Lenbachhaus ist ein digitaler Open Space, der das Ensemble des Ausstellungshauses in München um einen fünften Teil erweitert. Alle Teilnehmer*innen verwandeln sich hier beim Eintritt in bunte Kugeln und können virtuell von Zuhause aus Elemente aus Multiplayer-Games, einen 3D-Raum und Interaktionen in Echtzeit in einem experimentellen Online-Treffpunkt erfahren. Die User*innen können via Chat in den direkten Austausch kommen. Wer für fancy Kunstevents im echten Leben noch nicht wieder bereit ist, ist hier bestens aufgehoben, braucht sich gar nicht erst zurechtzumachen und kann als anonymer Kugel-Avatar losziehen.

Person mit langen Haaren vor einer grau-weißen Wand, im Vordergrund sind in bunten Farben leuchtende Symbole und Elemente zu sehen, die sich durch das Bild zu bewegen scheinen
Crepuscular Dreams of (Dis-) Alienation, 2018 by Chooc Ly Tan.

Eine fortlaufende Online-Aktion ist das “6×6 project”, das es sich zur Aufgabe macht, Bewegtbildwerke von Künstler*innen zu präsentieren und zu fördern. Inspiriert wurde das 2017 von Mirelle Borra gegründete Online-Portal von der alternativen Kunstraumbewegung der 1970er Jahre in New York. Das Prinzip: 6 Künstler*innen wählen alle 6 Wochen andere Künstler*innen für die Aufnahme in das Repertoire des Webspaces aus. Hier kann man sich entspannt durchklicken und neue künstlerische Positionen kennenlernen.

Screenshpt von einer virutellen Ausstellung, zu sehen ist eine Nachbildung eines Uterus, von links und rechts wandern Figuren ins Bild hinein, das Bild ist zum Großteil rosafarben
Seemaworld (2021), virtual exhibition screenshot.

Willkommen in Seemaworld! Die aktuelle Solo-Ausstellung der Künstlerin Seema Mattu, die vom virtuellen Art Space New Art City gehostet wird, ist ein in rosa und blau getauchter 3D-Uterus und gleichzeitig ein immersives Multi-Channel-Reich. Die Künstlerin baut schräge, an Science Fiction erinnernde Welten, die sich auf spielerische Weise mit dem Kastensystem, queeren Fragen und der Geschlechtertaxonomie und den damit verbundenen Stereotypen auseinandersetzen. Klickt euch durch und geht auf Entdeckungsreise im liebevoll getauften “Youterus”. Wichtig: Zieht vor Eintritt in die Welt von Seema bitte eure Schuhe aus.

Wer nicht genug kriegen kann, kann bei New Art City noch viele weitere digitale Kunst-Angebote finden.