Inszenierte Körper BODY CHECK im Lenbachhaus
20. Mai 2019 • Text von Quirin Brunnmeier
Wie interagieren die Arbeiten zweier prominenter Protagonisten der Malerei des 20. Jahrhunderts, wenn sie zum ersten Mal gemeinsam ausgestellt werden? Maria Lassnig und Martin Kippenberger konzentrierten sich in ihrer Arbeit auf die Darstellung ihres physischen und psychischen Selbst. Das Lenbachhaus zeigt nun unter dem Titel BODY CHECK Arbeiten der beiden Ausnahmekünstler.
Man kann nicht mit Sicherheit sagen, ob sie sich persönlich kannten. Für eine gewisse Zeit lebten beide in Berlin, bewegten sich in sich überschneidenden Kreisen. Doch ein tatsächliches Treffen der beiden ist nicht überliefert. Dennoch eint die im Lenbachhaus gezeigte Kunst der Malerin Maria Lassnig und des Provokateurs Martin Kippenberger mehr als man zunächst denken würde. Ihre Ansätze ähneln einander erstaunlich, konkret steht die Dekonstruktion und Zergliederung von Körperlichkeit im Zentrum. Obwohl sie aus unterschiedlichen Generationen stammen, widmen sie sich beide auf ihre eigene Art frgamentierten und fragilen Körpern.
Die Körper sind dabei für beide Schlachtfeld und Metapher für soziale, psychische und physische Gewalt- und Veränderungsprozesse. Beide inszenieren den Körper, weiblich wie männlich in ihrer figurativen Malerei. Maria Lassnig, über dreißig Jahre älter als Kippenberger, hat einen feinfühligen Blick für das Groteske, mit dem sie ironisch und durchaus humorvoll ihre eigene Körperlichkeit thematisiert, ihn politisch macht und so am feministischen Diskurs teilnimmt. Sie malt sich in ständiger Selbstbefragung: In den 70er Jahren entwickelt sie ihr Konzept des „Körperbewußtseins“ und nutzt fortan unsichtbare „Körpergefühle“ als ihre unerschöpfliche Quelle an Erfahrungen, die sie in sichtbare Malerei überführt.
In ihrer großformatigen Arbeit „Die Lebensqualität“ malt sich Lassnig nackt schwimmend. Über Wasser prostet sie sich selbst mit dem bei Eröffnungen obligatorischen Glas Wein zu, während unter der Wasseroberfläche ein Fisch ihr kräftig in die Wade beißt. Manchmal ist das Leben eben hart. Als Schiffbrüchiger inszeniert sich auch Martin Kippenberger. 1996, nur ein Jahr vor einem frühen Krebstod, malt er sich mit nacktem Oberkörper, gezeichnet von der Krankheit. In der Serie „Das Floß der Medusa“ inszenierte sich der 43-Jährige in den Posen der Schiffbrüchigen aus Théodore Géricaults berühmtem Historiengemälde, voller Pathos und Würde. Martin Kippenbergers Malerei und seine Skulptureninstallationen sind immer in einem konzeptuellen und gesellschaftlichen Kontext zu verorten. Hintergründiger Humor und das Groteske stehen einer romantischen und tragischen Weltsicht gegenüber.
Schmerz und Leid, Absurdes und Humor. BODY CHECK vereint zwei prinzipiell unterschiedliche Künstler und schafft so einen Dialog der Bilder, der beide Positionen bereichert. Martin Kippenberger und Maria Lassnig ergänzen einander in ihrer feinfühligen und brutal konsequenten Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper. In einer Zeit der digitalen Ephemerität bleiben die Bilder der Beiden hochaktuell.
WANN: Die Eröffnung ist am 20. Mai ab 19 Uhr, zu sehen bis 15. September 2019.
WO: Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, Luisenstraße 33, 80333 München.