In Hypertext und Bild Vier Ausstellungen im digitalen Raum
29. Juni 2021 • Text von Quirin Brunnmeier
The Internet is here to stay. Auch wenn die Museen wieder offen sind, die Galerien Sommerfeste feiern und wir alle in den Urlaub wollen, eins haben die letzten Monate bewiesen: Der digitale Raum, ob in VR, als NFT, im Browser oder einfach nur auf Instagram, bleibt für die Kunst unabdingbar. Als Ergänzung, als freier Raum für neue Möglichkeiten oder als Kanal der direkten Kommunikation. Daher präsentieren wir euch heute vier weitere Projekte, die zeitgenössische Kunst im Digitalen verorten: Bei New Viewings #34, im FREEPORT in der EPOCH gallery, bei den Subterranean Virtualscapes in der Virginia Bianchi Gallery oder bei Marcel Hiller auf der Platform CALDO worldwide.
Die Berliner Galerie Barbara Thumm experimentiert schon länger mit digitaler Hängung, das Projekt “New Viewings” gibt es nun in der 34. Ausgabe. Diesmal werden, kuratiert von Inke Arns, Arbeiten von Aram Bartholl, Constant Dullaart, Sebastian Schmieg und Nadja Buttendorf präsentiert. Von Letzterer hatten wir schon im Kontext von „Nail-Art“ gehört, in der aktuellen Ausstellung zeigt sie ihre „Show Desktop Show“. Eine experimentelle Ausstellungsplattform, ein utopischer Raum und ein Generator soll „New Viewings“ sein, Kuratoren und Künstler sollen produktiv zusammen gebracht werden. Besucher erhalten einen Überblick über aktuelle Diskurse, Kuratoren und Künstlerpositionen. Es ist auch ein Marktplatz, die präsentierten Arbeiten werden direkt unter den Ausstellungsansichten zum Kauf angeboten.
Nicht erst seit dem Aufkommen von NFTs in der digitalen Sphäre sind der Wert von Kunst und die Funktion von Kunstwerken als Speicher von Reichtum ein zentrales Thema am oberen Ende des Kunstmarktes. Eine eher intrasparente Funktion haben hierfür Freihäfen, die als unregulierte, hochsichere Lagereinrichtungen genutzt werden und außerhalb der territorialen Steuerhoheit eines Landes existieren. Aufgrund dieser Intransparenz sind Freihäfen Brutstätten für Betrug, Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Das von Künstlerinnen betriebene “virtuelle Experiment” EPOCH Gallery unternimmt nun den Versuch, unter dem Titel FREEPORT diese beiden unregulierten Konstrukte des Kapitalismus, NFTs und Freihäfen, digital zu verbinden. Die gesamte virtuelle Ausstellung wird als ein singuläres NFT angeboten, das eine Zusammenstellung von Kunstwerken der teilnehmenden Künstler*innen enthält.
Auch die erst im September 2020 gegründete Virginia Bianchi Gallery aus Italien widmet sich NFTs und Crypto-Art. Die Galerie ist ein digitaler, experimenteller Kunstraum und derzeit die erste und bislang einzige Galerie in Italien, die ausschließlich neue Medienkunst präsentiert. Durch die Verschmelzung des Digitalen mit dem Physischen strebt die Galerie danach, einen neuen Bezugspunkt für aufstrebende Künstlerinnen und ein Publikum darzustellen, das gerne mit innovativen, untypischen Ausstellungsräumen experimentiert. In der aktuellen Ausstellung „Subterranean Virtualscapes“ werden die Werke von 15 italienischen Künstlerinnen gezeigt, die sich mit neuen Technologien beschäftigen. Um am neu etablierten Dialog über den Krypto-Space teilzunehmen, werden in der Schau auch Arbeiten gezeigt, die als NFTs auf hicetnunc.xzy angeboten werden.
Passend zum strahlenden Sommer präsentiert die junge Plattform CALDO worldwide aus München unter dem wunderbaren Titel „Der Himmelblaue Speck“ eine digitale Einzelausstellung des Konzeptkünstlers Marcel Hiller. CALDO dient als Schnittstelle zwischen Kunst und Design und deren digitaler Transformation. Die Plattform entstand aus dem Wunsch heraus, Künstler*innen und Designer*innen einen neuen Raum zu geben und zu zeigen, dass Kunst und Design auch in der digitalen Sphäre funktionieren kann. Hiller verbindet in diesem Projekt literarische, künstlerische und narrative Ebenen gekonnt zu einem schönen Beispiel digitaler Kunst. Im Rahmen dieser Ausstellung erscheinen ergänzend zwei Editionen.