Im Gespräch bleiben "IN TOUCH"-Dialog bei carlier | gebauer
3. April 2020 • Text von Julia Meyer-Brehm
Im Rahmen von “IN TOUCH – a visual dialogue” übernehmen Künstler*innen den Instagram Account von carlier | gebauer. Das Projekt soll den Austausch in Krisenzeiten fördern, visualisiert aber gleichzeitig auch Verbundenheit und aktiviert die Stressreduktion aller Beteiligten.
Die Idee zu “IN TOUCH – a visual dialogue” stammt von Edi Rama. Der Künstler, der seit 2018 von carlier | gebauer vertreten wird,hatte vorgeschlagen, den digitalen Austausch zwischen Künstler*innen in Zeiten der Isolation zu fördern. Schauplatz des am 23. März begonnenen visuellen Dialogs ist der Instagram-Account der Galerie. Die Umsetzung bleibt komplett den teilnehmenden Künstler*innen überlassen.
In der Eröffnungswoche von #InTouchAVisualDialogue lud Rama die in New York lebende schwedische Künstlerin Mia Enell ein, mit ihm das Projekt zu beginnen. In den darauffolgenden Tagen tauschten die beiden täglich Zeichnungen aus. Ein Prozess, der an eine kreative Brieffreundschaft aus Kindertagen erinnert – nur eben in digital.
Rama, der die Krise von seiner Heimat Albanien aus bewältigen muss, ist hauptberuflich übrigens schon in seiner zweiten Amtszeit als Premierminister des Landes tätig und seit 2005 Vorsitzender der Sozialistischen Partei Albaniens. Der 1964 in Tirana geborene Künstler studierte an der dortigen Akademie der Künste Malerei und lehrte später als Professor für ebendieses Fach. Nachdem er Ende der 1990er Jahre zum Kulturminister berufen wurde, organisierte er Albaniens erste internationale Ausstellung. Während seiner elfjährigen Amtszeit als Bürgermeister von Tirana ließ er unter anderem öffentliche Parks anlegen und die grauen Fassaden der Hauptstadt bunt anstreichen. Vielleicht ein Zeichen dafür, dass Regierende öfter ihre kreativen Energien ausleben sollten?
Die abstrakten Zeichnungen, die im Zuge von #InTouchAVisualDialogue in Ramas Regierungsbüro entstanden sind, lesen sich wie ein Protokoll der Krisensituation. Wie ein malerisches Tagebuch protokollieren die Doodles wichtige Meetings und Updates zu landesweiten Maßnahmen. Wuchernde Farbranken scheinen jedoch wie Pflanzen aus dem Papier zu wachsen und die sachlichen Regierungstexte auszuradieren. Der britischen Zeitung “The Guardian” sagte Rama einst: “Politics, with its insanity, can sometimes make art even better.” Nun kommt neben der Politik noch ein weiterer Wahnsinn hinzu: Die Quarantäne.
Mia Enells zeichnerische Antworten wirken federleicht und unverkrampft, auch sie knüpfen thematisch an die aktuellen Ereignisse an und lassen Assoziationen zum verpassten Friseurtermin oder dem steigenden Wert von Klopapier aufkommen. Auf spielerische Art und Weise werden hier die Sorgen und Gedanken von Menschen thematisiert, die sich an komplett unterschiedlichen Enden der Welt befinden. Der visuelle Dialog der beiden zeigt, dass Social Media auch in isolierten Situationen eine starke Verbindung aufrecht erhält und ein Dialog auch für die Betrachter*innen zum Stressausgleich werden kann.
In Woche #2 hat das von der Galerie vertretene Künstler*innen-Kollektiv Pakui Hardware das Duo Ittah Yoda, bestehend aus Virgile Ittah und Kai Yoda, zum Dialog eingeladen. Aktuell können wir ihnen auf Instagram dabei zusehen, wie sie ihre Werke und Arbeitsroutinen während der Abriegelung digital teilen. Das Projekt zeigt eindrucksvoll, wie Galerien und Künstler*innen in Zeiten der Krise im Gespräch bleiben können. Es ist eine optimale Möglichkeit, Kunstschaffende auch ohne Ausstellungen zu vertreten. Durch Instagram scheint die Vermittlung spontan und die Künstler*innen ungewohnt nahbar. Die Plattform sollte auch in Zukunft häufiger zum Zug kommen, denn sie verdeutlicht die Lebendigkeit und Unmittelbarkeit der Kulturszene.
WANN: Das Projekt wird noch mindestens bis Samstag, den 18. April, mit Option auf Verlängerung, stattfinden.
WO: Es lässt sich unter dem Hashtag #InTouchAVisualDialogue oder auf dem Instagram-Account von carlier | gebauer verfolgen.