Hinter grauen Schleiern
Dashdemed Sampil in der oechsner galerie

23. September 2019 • Text von

Dashdemed Sampils Materialbilder brechen in der oechsner galerie mit Furor aus ihrem Bildträger hervor. Sie sind Reisende, Grenzgänger zwischen Skulptur und Malerei und zeigen Übergriffe von verschiedenen Techniken über die jeweils andere.

Dashdemed Sampil, großformatige Materialbilder, 2019 (Putz, Pigment auf Gipskarton und Holz) © the artist, Foto: A. Kradisch.

Welches kulturelle Grundprogramm trägt man als Mensch immer bei sich, unabhängig davon, wo man sich befindet? Dieser so grundlegenden wie persönlichen Frage kann man sich über die Arbeit von Dashdemed Sampil ein Stück weit nähern. In den monumentalen, hochformatigen Werken des mongolischen Künstlers blitzen immer wieder irritierend vertraute Strukturen auf. Wie architektonische Ruinen, aus der Luft beobachtet, liegen die Putzlandschaften vor dem Betrachter. Farbige Akzente strahlen aus den Öffnungen der kuppelartigen Anhäufungen oder überwuchern mit leuchtendgrünem Pigment geradezu die abstrakten Grundmauern einer längst vergessenen Tempelanlage. Dashdemed Sampils Freude an der Abstraktion ist im Werkprozess offensichtlich, konzentrische Kreise und wellenförmige Oberflächen branden gegen amorphe Zellwände und schwappen über aufbrechende Hohlräume im Bild umher. Doch bei allem geometrischen Einfluss verbirgt sich hinter dem schweren Gips eine poetische Welt aus Gebäuden, Portraits und menschlichen Proportionen.

Dashdemed Sampil, großformatige Materialbilder, 2019 (Putz, rote Farbe, Pigment auf Gipskarton und Holz) © the artist, Foto: A. Kradisch.

Wie eine gedämpfte, rötliche Corona hat sich der Pigmentschleier um ein mystisches, eulenhafte Wesen mit kompakt eingedrehten Armen und Beinen gelegt, der graue Bauch weicht sanft in den Bildraum zurück, Kratzspuren auf den Armen scheinen schmerzhaft und roh, vielleicht handelt es sich aber auch um rituelle Tätowierungen einer untergegangenen Kultur.

Dashdemed Sampil, großformatiges Materialbild, 2019 (Putz, blaue Farbe, Pigment auf Gipskarton und Holz) © the artist, Foto: A. Kradisch

Ganz anders erschließt sich daneben ein leuchtend blau strahlendes Bild: Zwei vertikale Schläuche durchpflügen ein hellblaues Meer wie riesige Würmer. Es sind alptraumhafte, gigantische Geschöpfe, mit dem Auge nicht begreifbar, doch beängstigend in ihrer Kraft. Und scheint der linke Wurm den Betrachter nicht zweifellos mit weit aufgerissenem Maul anzublicken? So emotional Dashdemed Sampils großformatige Werke anmuten, so sachlich und an vielen Stellen rührend reihen sich die kleineren Formate aneinander: Wie die Abformungen archaischer Fundstücke wirken manche der Bilder, die reale Größe der Motive bleibt im Dunkeln. So könnte man auf ein riesiges Bergplateau, einen wellenförmigen Mond und auf das Bruchstück einer ethnologischen Maske blicken, ebenso aber auch auf einen bestienhaften Zahn, einen exzentrischen Kieselstein und einen markanten Felskrater.

Dashdemed Sampil, Materialbilder, 2019 (Putz, Farbe auf Gipskarton und Holz) © the artist, Foto: A. Kradisch

Dashdemed Sampils Werke sind Reisende, Grenzgänger zwischen Skulptur und Malerei, sie zeigen Übergriffe von verschiedenen Techniken über die jeweils andere, sie bleiben dabei erzählerisch und spannend. Diese Indifferenzen zwischen Form und Größe, Figur und Bau, Geometrie und Poesie sind es, die den Besuch der Ausstellung zu einer besonderen Erfahrung machen.

WANN: Die Ausstellung von Dashdemed Sampil wurde verlängert bis zum Sonntag, den 13. Oktober. Die Galerie ist von Mittwoch bis Freitag von 13 bis 18 Uhr und Samstag von 11 bis 15 Uhr geöffnet, außerdem können Sondertermine vereinbart werden.
WO: In der oechsner galerie im Atelier- und Galeriehaus Defet, Gustav-Adolf-Straße 33, 90439 Nürnberg.

Weitere Artikel aus Nürnberg