9 Highlights der Liste Art Fair Basel Diese Galerien solltet ihr nicht verpassen
10. Juni 2024 • Text von Anna Meinecke
Die Liste Art Fair Basel besticht mit irrer Dichte an spannenden, jungen Galerien. 91 Ausstellende aus 35 Ländern sind während der Kunstmesse zu navigieren. An den Ständen von Tara Downs & Ginny on Frederick, Polansky, Sperling, Silke Lindner, Suprainfinit, Murmurs und Brunette Coleman könnte es sich lohnen, länger Halt zu machen.
Tara Downs, New York & Ginny on Frederick, London: Justin Chance
Heißt “Microsoft Paint”, ist aber offline. Konkret: Es ist ein Quilt. Justin Chance bringt in dieser Arbeit Digitalvokabular und Traditionstechnik zusammen. Seit mehr als zehn Jahren kreiert er ausgehend von einer Werktiteleingebung mehrlagige Textilien, die gleichermaßen als Bildträger und als Objekte an sich funktionieren. Durch transparente Seide scheinen gefärbte und gefilzte Wollfasern durch. Als Informationsfragmente ergeben sie visuell ein Schlüssiges fernab der Eindeutigkeit des Binärsystems aus Einsern und Nullen – letztere benutzt Chance allerdings auch mal als Motiv. Gemeinsam präsentieren die New Yorker Galerie Tara Downs und die Londoner Galerie Ginny on Frederick seine Arbeiten.
Polansky, Prag/Brno: Eliška Konečná
Die Körper hängen in der Luft. Sie treiben im Raum, hängen übereinander, liegen aneinander, greifen ineinander – zaghaft, dabei bestimmt. Eliška Konečná iszeniert Bewegungen als flüchtig und verbindlich zugleich. Mit dichten Nähten fixiert die Künstlerin ambige Figuren auf gepolstertem Stoff, lässt sie schlafend, rastend oder wie in Trance als softe Reliefe herausquellen, oftmals eingefasst in eigens angefertigte Holzrahmen. Konečnás Arbeiten zeigt die Prager Galerie Polansky.
Sperling, München: Anousha Payne
Anousha Payne verschmilzt in ihren Arbeiten eigene Erfahrungen, Fiktion und Mythos. Sie schöpft dabei aus indischen Volkserzählungen und eigener Dichtung. Die Künstlerin formt ihre Kermamiken menschenähnlich, Tieren verwandt, erweitert sie mit Stoff, Steinen oder Reptilienhaut, schmückt sie mit Geschmeide, als seien sie gerade einer Art Urmasse entstiegen und doch längst innerhalb sozialer Hierachien der Gegenwart verortet. Paynes bildhauerische wie malerische Werke, präsentiert von der Münchner Galerie Sperling, sind Ausdruck ihrer Auseinandersetzung mit dem menschlichen Streben nach Spiritualität, verstanden als Form kulturellen Ausdrucks.
Silke Lindner, New York: Nina Hartmann
Edward Bernays wollte die Massen kontrollieren. Er gilt als Marketing-Gott, Vater der Propaganda und womöglich erster Spindoctor der Politik. Zu seinen Werkzeugen zählte ab Beginn des 20. Jahrhunderts die Tiefenpsychologie seines Onkels Sigmund Freud. Der Mann, der Zigaretten mit dem Versprechen an Freiheit verknüpfte, um sie an Frauen zu vermarkten, und der der CIA half, die demokratisch gewählte Regierung Guatemalas in Misskredit zu bringen, diente Nina Hartmann als Inspiration für neue Werke. Sie sind am Stand der Galerie Silke Lindner aus New York zu sehen. Enkaustikplatten, Harzskulpturen und Vinylschirme zeugen von einem forschen Arbeiten satt an Quellen. Unter anderem mithilfe von künstlicher Intelligenz hat Hartmann Informationen von offiziellen Regierungsstellen, aus institutionellen Archiven und alternativen Quellen verarbeitet und manipuliert – eine Einladung, gefühlte Realität stets neu zu prüfen.
Suprainfinit, Bukarest: Øleg & Kaśka
Den Kiefer auf die Handknochen gestützt überdenken Gerippe den nächsten Spielzug, rotbrauner Himmel ergießt sich auf Schachbrettboden, zwei Ritter:innen legen einem bezwungenen Drachentier Fußfesseln an. An dieser Stelle sollte es nicht völlig überraschen: Das Duo hinter den Werken, Øleg & Kaśka, ist mystischen Erzählungen durchaus zugetan. Am Stand der Galerie Suprainfinit aus Bukarest wird die Malerei zum Ice Breaker für Gespräche über den Stein der Weisen, die Dualität von Sol und Luna und ein bestimmtes violettstichiges Rot, das den schönen Namen caput mortuum trägt.
Murmurs, Los Angeles: Y. Malik Jalal
Versatzstücke Schwarzen Lebens in Amerika fasst Y. Malik Jalal in außergewöhnliche Rahmungen. Er bedient sich diverser Hochglanzaufnahmen, Schnappschüsse und Zettelfetzen, lässt Werbevokabular, religiöse Symbolik, Popkultur, Horror, Wegwerfartikel und Erinnerungsstücke sich überlagern, nebeneinander existieren in unvorhergesehener Gleichzeitigkeit. Frisch von der Uni, der Yale School of Art, inspiriert Jalal am Stand der Galerie Murmurs aus Los Angeles zu Ehrfurcht vor dem achtlos Entsorgten, zu einer Reevaluation des sicher Geglaubten und einem frischen Blick auf die Verflechtungen von Tradition, Identität, Besitz und Macht.
Brunette Coleman, London: Oscar Enberg
Ganz ohne ein gewisses Unwohlsein sind Oscar Enbergs Skulpturen kaum zu betrachten, sind sie doch oft durchtränkt von dem, was sich als deutsche Tradition beschreiben ließe. Wo Trachtenknopf auf Stuckrosette ruht, stehen die Zeiger auf Anachronismus, oder? Enberg untersucht, wie das Umschreiben von Vergangenheit die Erinnerung an Objekte beeinflusst. Die Symbolik seiner Kompositionen zu entschlüsseln gilt es am Stand der Londoner Galerie Brunette Coleman.
WANN: Die Kunstmesse Liste Art Fair Basel findet von Montag, den 10. Juni, bis Sonntag, den 16. Juni, statt. Online geht’s bis Sonntag, den 23. Juni, weiter.
WO: Messe Basel, Halle 1.1, Maulbeerstrasse / Ecke Riehenring 113, 4058 Basel.
gallerytalk.net ist Medienpartner der Liste Art Fair Basel.