Highlights des HFBK Hamburg Rundgangs
Diese Studierenden solltet ihr euch merken

15. Februar 2025 • Text von

Die HFBK Hamburg öffnet ihre Türen zur Jahresausstellung. Drei Tage lang können Besuchende das vielfältige künstlerische Schaffen der Studierenden an den Standorten Lerchenfeld und Finkenau erkunden. Neben Lesungen, Performances und Filmvorführungen sind auch Beiträge internationaler Austauschstudierender sowie die Ausstellung der Master-Studierenden im ICAT zu sehen. Unter den gezeigten Werken präsentieren wir fünf ausgewählte Positionen.

Stina Elizabeth Stühmer, Hoppe Hoppe, 2025, Aluminum, Stroh, Jute, Wanderstöcke, 230 x 40 cm.

Stina Elizabeth Stühmer, Klasse Pia Stadtbäumer

Stroh quillt aus einem Korpus aus Aluminium, seitlich gehalten von grobem Jutestoff. Drei Wanderstöcke durchdringen die Masse. Stina Elizabeth Stühmers Arbeit “Hoppe Hoppe” entstand im Kontext der Auseinandersetzung mit der Beziehung zwischen Soldaten und Pferden während des Ersten Weltkriegs.

Mit ihrer Wandskulptur untersucht Stühmer das Pferd als Projektionsfläche für Emotionen – als einzigen wärmenden Körper inmitten der militarisierten Realität des Krieges. Während das Stroh auf seine isolierende, nährende Qualität verweist, ist das Aluminium Ausdruck von Verhärtung und militaristischer Ideologie. Wanderstöcke mit regionalen Abzeichen ragen aus der organischen Form heraus. Sie verweisen auf geografische Grenzen, ideologische Markierungen und die Manifestation von Macht durch Territorialansprüche. Mit “Hoppe Hoppe” verhandelt die Künstlerin die Frage, wie sich Geschichte in Objekten manifestiert und welche Narrative sie weitertragen. Die Arbeit verknüpft Naturverbundenheit, Ideologie und Körperlichkeit mit der Verhärtung konservativer Leitbilder, die bis in die Gegenwart reichen.

Noah-Jinu Moerbeck, It wasn’t meant to be, 2025, Digitale Zeichnung auf Holzausschnitt, 185 x 70 cm und 110 x 80 cm

Noah-Jinu Moerbeck, Klasse Andreas Slominski

Fanart ist ein beliebtes Mittel, mit dem Fan-Communities eigene Erzählungen zu Originalwerken beitragen und diese erweitern. Während früher Zines als Plattform für den Austausch und die Verbreitung von Fan-Erzeugnissen dienten, haben sich heute Social-Media-Plattformen als zentrale Treffpunkte etabliert. Sie bieten Fans eine neue Öffentlichkeit für ihre transformativen Geschichten. Im Mittelpunkt dieser Erweiterungen stehen oft romantische Erzählungen, ein Thema, mit dem sich auch Noah-Jinu Moerbeck in seiner jüngsten Arbeit “It wasn’t meant to be” auseinandersetzt. Moerbecks Installation zeigt eine Szene, die das Ende einer solchen Beziehung einfängt: Die freigestellten Aufsteller seiner Figuren stehen mit etwas Abstand hintereinander und erzeugen eine räumliche Erzählung dieses Moments.

Dabei verbindet der Künstler Charaktere aus zwei weltweit beliebten Franchises: eine menschliche Figur aus einer japanischen Mangaserie und einen anthropomorphen Charakter aus einer US-amerikanischen Kinderserie, der zudem ein Cosplay trägt. Durch dieses Aufeinandertreffen zweier medialer Welten entsteht ein Crossover-Narrativ – ein bei Fan-Erzählungen besonders beliebtes Genre. Die auf dünnem Holz aufgezogenen Aufsteller verweisen dabei auf eine gängige Form von Merchandise: Figuren aus Acryl oder Pappe, die beliebte Charaktere darstellen und eine greifbare Verbindung zwischen Fan und Fiktion schaffen.

Peter Lampe, 21 Frames I Thought About (Goodbye), 2025, Papier, Filz- und Buntstift, Füller, Fineliner, Sticker, 50 x 50 cm

Peter Lampe, Klasse Simon Denny

Für seine jüngste Arbeit “21 Frames I Thought About (Goodbye)” fertigte Peter Lampe 21 collagierte Zeichnungen an, korrespondierend zu den 21 Stunden, die der Dauer des Rundgangs entsprechen. Jede der Zeichnungen ist nur für eine Stunde sichtbar, danach wird sie von der darauf folgenden ersetzt, indem sie von dem Künstler überklebt wird. Am Ende bleibt schließlich nur das letzte Blatt der Arbeit sichtbar.

Die Serie folgt einem fortlaufenden Gedankenstrang über Trauerbewältigung und dem menschlichen Drang, Spuren der eigenen Existenz hinterlassen zu wollen. Die intuitive Umsetzung wird durch den Einsatz von Bastelmaterialien und -methoden verstärkt: Jede der collagierten Kompositionen aus Fotografien, Screenshots, grafischen Elementen, kurzen Statements und Wörtern schließt einen Gedanken ab und führt in den nächsten. Die Arbeit bleibt dabei in Bewegung und erzeugt ein Narrativ, das nie vollständig erfasst werden kann. Durch das Überkleben der Zeichnungen entsteht ein Verdichtungsprozess, der der Schichtung von Erinnerungen sowie der Verflechtung von Bewusstem, Erlebtem, dem Nachdenken darüber und dem Zugriff auf diese Erinnerungen entspricht. Gleichzeitig bleibt jede vorherige Zeichnung undokumentiert und damit letztlich dem Vergessen überlassen. Schließlich fungiert die Arbeit als Akzeptanzübung für Künstler und Betrachtende – eine Reflexion über das Ende und die Notwendigkeit des Loslassens.

Sanna Leone, naive to the bone (à chaque fou plaît sa marotte), 2025, Weide, Ei, etc, 160 x 10 cm

Sanna Leone, Klasse Kader Attia und Klasse Sung Tieu

In ihrer Praxis nutzt Sanna Leone häufig die gegebene Infrastruktur von Räumen als gestalterisches Mittel, wobei ihr Fokus besonders auf Wänden und dem Konzept des Zwischenraums liegt. Ihre Arbeit “naive to the bone (à chaque fou plaît sa marotte)” ist eine Holzskulptur, die scheinbar durch die Wand geht und eine Verbindung zur Figur des Narren herstellt. Diese trägt in vielen Kulturen eine “Marotte”, einen Stab, der sowohl als Abwehrmechanismus als auch als Symbol für Subversion und Widerstand dient. Leones Arbeit greift die Marotte als Werkzeug des Narren auf: Auf der einen Seite zeigt sich ein Narrenkopf mit Kappe, Eselsohren und Glocken als Markierung seiner Rolle als Außenseiter inmitten der Gesellschaft. Die andere Seite besteht aus organisch geschwungenem Holz, das an eine Schlange erinnert.

Die Skulptur spiegelt die Doppeldeutigkeit des Narren: Er ist Objekt des Lachens, doch gleichzeitig der Einzige, der dem König die Wahrheit sagen darf. Seine Marotte ist die Antithese zum königlichen Zepter und entspricht einer Macht, die sich zwischen Subversion und Duldung bewegt. Während der Narr als Projektionsfläche für gesellschaftliche Normen und ihre Widersprüche präsentiert wird, weist das geschwungene Holz auf die Verbannung des Menschen aus dem Paradies durch selbstbestimmtes Handeln. Schließlich findet sich in dem Objekt des balancierenden Ei – im Mittelalter Symbol des Ursprung des Wahns und der Narrheit – eine Aufforderung zum Spielerischen: Wie auch die Skulptur verkörpert es die Koexistenz einer unauflösbaren Mehrdeutigkeit und damit auch die Freude am Widerwort, die sich als Einladung zum eigenen Abwägen präsentiert.

Loerdy Wesely, Faded, 2025, OSB, Eukalyptus Furnier, Tinte, Tape, 10 Meter x 4 Meter. Einzelteile (von links nach rechts) 170 x 42 x 8 cm, 210 x 42 x 7 cm, 275 x 42 x 7 cm, 255 x 42 x 6 cm, 180 x 42 x 7 cm. Foto: Tim Albrecht

Loerdy Wesely, Klasse Andreas Slominski

Eingefärbte, bunte Furnierstreifen aus Eukalyptusholz bilden die harmonische Oberfläche von Loerdy Weselys Wandskulptur „Titel“. Für die Herstellung der Skulpturen verwendet der Künstler selbstgefärbte Furnierstreifen, die er mit Tinte behandelt. Die dünn geschliffenen Holzelemente werden von ihm auf ein OSB-Skelett gepresst. Ähnlich wie Verse in einem Gedicht ordnet Wesely die Eukalyptusstreifen in einer rhythmischen Komposition an. Die Farbwahl trifft er dabei intuitiv während des Arbeitsprozesses.

Als Ausgangspunkt seiner Untersuchung der ästhetischen Wirkung durch Ordnung diente ihm die Technik der Intarsienarbeit, einem traditionellen Kunsthandwerk, bei dem verschiedene Hölzer zu einem mosaikartigen Muster zusammengesetzt werden. Während die einzelnen Formen seiner Skulpturen an stilisierte Tränen erinnern, zitiert ihre symmetrische Anordnung die Architektur einer Kirchenrose – einer speziellen Form gotischer Kirchenfenster. Inspiriert von seiner Recherche zur Geschichte Heidelbergs und ihrer Kirchen überträgt Wesely die lichtdurchlässige Wirkung dieser Fenster auf seine Arbeit, indem er die eingefärbten Holzelemente gezielt inszeniert. Mit seiner Arbeit verbindet er diese traditionsreiche Technik mit einer Reflexion über die Kraft der Ästhetik als Ausdruck von Hoffnung.

WANN: Der Rundgang ist bis Sonntag, den 16. Februar, geöffnet.
WO: HFBK Hamburg, Gebäude Lerchenfeld 2 & 2a, Finkenau 42, 22081 Hamburg & Wartenau 15, 22081 Hamburg.

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