Highlights der Pariser Kunstwoche Art Basel, Paris Internationale & mehr
16. Oktober 2024 • Text von Anna Marckwald
Der Pariser Kunstwelt steht seine wichtigste Woche bevor. Zum dritten Mal wird der Grand Palais zum Austragungsort des Global Player Art Basel. Auch abseits der Messehallen nutzt die hiesige Kunstszene die Gunst der Stunde.
Art Basel Paris
Die Kunstmesse Art Basel findet wieder in Paris statt. Nachdem das Schweizer Flaggschiff des zeitgenössischen Kunstmarktes 2022 die FIAC (Foire Internationale d‘Art Contemporain) ablöste, die zwischen 1974 und 2021 das französische Kunstgeschehen prägte, gewann die Messe mit Paris nach Basel, Miami und Hong Kong ihren vierten Standort. Ganz unverhohlen, so scheint es, möchte sie die Kunstwelt dominieren. Highlights der Pariser Interation: Fanta-MLN mit Gina Folly, die Galerie Sultana mit Jesse Darling, Petrine mit Pierre Allain, die Galerie Max Mayer mit Murat Önen und Edouard Montassut mit Matthew Langan-Peck.
Über die 195 Galeriestände hinaus eifert die Pariser Edition der Messe ihrer Mutterinstitution auch in puncto Rahmenprogramm nach: Eine Vielzahl Performances findet statt und diverse Talks mit Künstler*innen und Theoretiker*innen betten neuerliche Tendenzen des Kunstmarktes diskursiv ein. So gibt es etwa ein Gespräch zwischen Sophie Perceval (Wondeur Al), Paris Kay Watson (Serpentine Galleries) und Jérôme Poggi (Galerie Poggi), die unter dem Motto „Going beyond price“ alternative Wertsysteme in der zeitgenössischen Kunst zu analysieren antreten — ein Vorhaben, das im Rahmen einer der größten Kunstmessen weltweit eine subtil zynische Note hat —, einen Artist Talk mit Nil Yalter und die Performance „Children of Noise“ von Aho Ssan und Asia Jiménez.
WANN: Die Art Basel Paris eröffnet am Mittwoch, den 16. Oktober, für geladene Gäste, ist am Donnerstag, den 17. Oktober, auf Einladung oder mit Vernissage-Ticket sowie von Donnerstag, den 18. Oktober, bis Sonntag, den 20. Oktober, regulär besuchen.
WO: Grand Palais, Avenue Winston Churchill, 75008, Paris.
RSVP: Tagesticket 44 Euro, zu buchen hier.
Auch außerhalb des Grand Palais, der nun nach drei Jahren der Sanierung erstmals die Messe Art Basel Paris beherbergt, bietet Paris diverse Programmpunkte, darunter unabhängige Messen, offene Atelierhäuser, Performances und Ausstellungen in Off-Räumen der jungen Pariser Szene jenseits des kommerziellen Kunstgeschehens.
Paris Internationale
Die Paris Internationale ist mittlerweile zu so etwas wie der coolen kleinen Schwester der Art Basel avanciert. 2024 feiert die Messe, die jüngeren aufstrebenden Galerien Repräsentation zusichert, ihren zehnten Geburtstag. Must-sees: die New Yorker Galerie Theta mit Arbeiten von Alexandra Kadzevich, die Düsseldorfer Galerie Lucas Hirsch mit Malereien von Lukas Müller und Peres Projects mit Arbeiten von Rebecca Ackroyd.
Obgleich sich auch im Grand Palais eine ganze Sektion der Art Basel den „Galeries Émergentes“ widmet, grenzt sich die Paris Internationale auch in Bezug auf ihre Zugänglichkeit für Besuchende klar ab. Während die Art Basel Paris für einen Wochenendpass 115 Euro, inklusive Vernissage 195 Euro, beraumt – ein reguläres Tagesticket kostet 44 Euro, ist der Besuch der Internationale kostenfrei. Über eine rein kommerzielle Funktion hinaus, möchte sie Ort eines offenen Austauschs sein. Zum zweiten Mal in der ehemaligen Central téléphonique Bergère im pulsierenden neunten Arrondissement situiert, ist auch die Venue definitiv einen Besuch wert.
WANN: Die Paris Internationale läuft von Mittwoch, den 16. Oktober, bis Sonntag, den 20. Oktober.
WO: 17 rue du Faubourg Poissonnière, 75009 Paris.
RSVP: Kostenlos, Anmeldung hier.
The Salon by NADA and the Community
Erstmals stellt sich den beiden Messen Art Basel und Paris Internationale in diesem Jahr eine dritte Messe an die Seite. Unter dem Namen The Salon by NADA and the Community haben sich zwei Non-Profit-Organisationen, die amerikanische New Art Dealers Alliance (NADA) und die Pariser Institution The Community vereint, den Kunstmarkt umzukrempeln. The Salon wird von den beiden gemeinsam kuratiert. Die Besonderheit hierbei: Ihre Einladungen adressieren nicht nur internationale Galerien wie Mrs. aus New York, Kendra Jayne Patrick aus Bern oder Berthold Pott aus Köln, sondern auch nicht kommerzielle Off-Spaces wie Shimmer aus Rotterdam oder Current Plans aus Hong Kong. Neben Positionen zeitgenössischer Kunst bindet die im ehemaligen Bürogebäude der staatlichen französischen Eisenbahngesellschaft SNCF situierte Veranstaltung auch Akteure aus dem Bereich Mode und Design, Musik und Verlagswesen ein.
WANN: The Salon by NADA and the Community eröffnet am Donnerstag, den 17. Oktober, und läuft bis Samstag, den 20. Oktober.
WO: 30 bis rue de Paradis, 75010 Paris, France.
RSVP: Kostenlos, Anmeldung hier.
Petrine
Die junge Galerie Petrine liegt etwas versteckt in einem ehemaligen Fotostudio im zehnten Arrondissement. 2022 von Julius Woeste gegründet, konzentriert sie sich auf konzeptuelle und kritische zeitgenössische künstlerische Positionen. Dort wird mit „indefatigable“ die erste Einzelausstellung des in New York lebenden Künstlers fields harrington präsentiert. E-Bikes stehen in dieser sinnbildlich für den doppelten Extraktivismus natürlicher Ressourcen und menschlicher Arbeitskraft im Spätkapitalismus: Die Ausbeutung der Lithiumressourcen und Bergleute im globalen Süden sowie der anonymen Arbeiter*innen großstädtischer Lieferdienste, denen die Fahrräder als Fortbewegungsmittel dienen.
WANN: Die Ausstellung „indefatigable“ von fields harrington läuft bis zum 14. Dezember.
WO: Petrine, 29 rue des Petites Écuries, 75010 Paris, Türcode: 9368A (Treppenaufgang B, 1. Etage links)
Tonus
Der Off-Space Tonus, der auch mit einem Stand auf der Paris Internationale vertreten ist, feiert 2024 – so wie die Messe – sein zehnjähriges Bestehen. Dafür hat sich das Team ein Format überlegt, das auch über die Stadtgrenzen hinaus zugänglich ist und damit auch für jene, die es dieser Tage nicht nach Paris schaffen. Das von dem Künstler Antonio Contador gemeinsam mit Tonus initiierte „Radio Montmartre“ sendet am Donnerstag, den 17. Oktober, ab 18 Uhr ausgehend von der Cité Montmartre aux Artistes – einem Idyll im ehemaligen Künstler*innenviertel – ein Radioprogramm der etwas anderen Art. Über den Sender Duuu Radio lassen sich phonetische Performances, Konzerte, Lesungen und Musikmixe der Künstler*innen Jacent, Théo Robine-Langlois, Fabienne Audeoud, Fiona Vilmer, Benoît Lamy de La Chapelle und Louise Sortar empfangen.
WANN: Das „Radio Montmartre“ sendet am Donnerstag, den 17. Oktober, ab 18 Uhr.
WO: Duuu Radio, weltweit.
RSVP: Kostenlos, Anmeldung hier.
Performissima
Das Centre Wallonie-Bruxelles Paris (CWB) präsentiert in diesem Jahr die erste Edition des internationalen Festivals Performissima. Am Freitag, den 18. Oktober, lassen sich zwölf Stunden lang – von mittags bis Mitternacht – Live-Performances an der Schnittstelle von zeitgenössischer Kunst, Theater, Tanz und Musik entdecken. 50 Künstler*innen aus 18 Ländern hat das CWB geladen, die eigenen Räumlichkeiten im Marais sowie jene des benachbarten Centre Cultural de Serbie zu bespielen. Die Performances „Say something I can touch” von Inès Cherifi und „Fantôme Room” von Nicholas Grafia und Mikołaj Sobczak sollten Besuchende auf keinen Fall verpassen.
WANN: Das Festival Performissima findet am Freitag, den 18. Oktober, zwischen 12 und 24 Uhr statt.
WO: Centre Wallonie-Bruxelles Paris, 127-129 rue Saint-Martin, 75004 Paris.
RSVP: Kostenlos, Anmeldung hier.
Fondation Pernod Ricard
Konzerne, die etwas auf sich halten, haben in Frankreich eigene Kunststiftungen. Nicht nur die großen Modehäuser wie Louis Vuitton oder Cartier betrifft das, sondern auch den Spirituosengiganten Pernod Ricard, bekannt für seinen Pastis. Seit 1999 vergibt die Fondation Pernod Ricard einen Kunstpreis an junge Talente der französischen Szene. Der Verleihung geht eine Ausstellung mit Arbeiten der Nominierten voraus. Die diesjährige Ausstellung „All the Messages Are Emotional“ ist noch bis Donnerstag, den 31. Oktober, zu sehen und versammelt Arbeiten der sieben Künstler*innen Clémentine Adou, Madison Bycroft, HaYoung, Charlotte Houette, Lenio Kaklea, Paul Maheke und Mona Varichon. Am Freitag, den 18. Oktober, dem Tag der internen Preisverleihung, wird die Ausstellung durch Screenings, Soundinstallationen und Performances von ihnen aktiviert.
WANN: Die Ausstellung „All the Messages Are Emotional“ läuft bis Donnerstag, den 31. Oktober. Die Performances und Screenings finden am Freitag, den 18. Oktober, zwischen 15 und 18 Uhr statt.
WO: Fondation Pernod Ricard, 1 cours Paul Ricard 75008 Paris.
Poush
Im Département Seine-Saint-Denis im Norden der Stadt, außerhalb der historischen Stadtgrenzen, finden sich diverse Atelierhäuser, da im immer dichter besiedelten intra murosen Paris, dessen Stadtgrenzen seit 1860 nicht mehr erweitert wurden, Arbeitsräume für die meisten jungen Künstler*innen schon lange nicht mehr bezahlbar sind. Ein Projekt, das durch ein Zwischennutzungsmodell Ateliers für aufstrebende Künstler*innen bereitstellt, ist das Poush. 2020 gegründet, beherbergt es auf einem 20.000 Quadratmeter großen ehemaligen Industriecampus in Aubervilliers heute Platz für die Studios von 270 Künstler*innen.
Am Freitag, den 18. Oktober, und am Samstag, den 19. Oktober, öffnen sich diese im Rahmen der „Journées Pro“ für Besucher*innen. Besondere Empfehlung: die Ateliers von Mathilde Albouy, von der diesjährigen Preisträgerin des Prix Marcel Duchamp Gaëlle Choisne, von Matisse Mesnil und von Winnie Mo Rielly. Den Abschluss bildet Samstagabend eine große Afterparty.
WANN: Die „Journées Pro“ finden am Freitag, den 18. Oktober, und am Samstag, den 19. Oktober, jeweils von 14 bis 20 Uhr statt. Die Afterparty beginnt am Samstag um 21 Uhr.
WO: Poush, 153 Avenue Jean Jaurès, 93300 Aubervilliers, France.
RSVP: Kostenlos (Afterparty 12,99 Euro), Anmeldung hier.
Treize
Der Off-Space Treize im Viertel Belleville versteht sich als kollektive Struktur für kuratorische, theoretische und dezidiert politische Reflexion, in der Akteur*innen verschiedener Felder zusammenkommen. 2009 gegründet, hat er seit 2012 einen festen Standort in der Rue Moret und möchte in einem Paris, in dem die Gentrifizierung mitunter nur noch wenig Raum für selbstorganisierte Kulturproduktion lässt, einen Ort des Austauschs und Diskurses schaffen. Am Freitag, den 18. Oktober, eröffnet hier eine Einzelausstellung der britischen Künstlerin Penny Goring. „Sudden explicit everywhere“ gibt einen Einblick in Gorings Praxis, die mit Mitteln der Poesie, Skulptur, Zeichnung, Malerei und Videokunst kritisch Themen wie Eigentum und Armut im neoliberalen Großbritannien sowie geschlechtsspezifische Raumpolitiken reflektiert.
WANN: „Sudden explicit everywhere“ eröffnet am Freitag, den 18. Oktober, von 18 bis 21 Uhr und läuft bis Sonntag, den 10. November.
WO: Treize, 24 rue Moret, 75011 Paris.