Gloria's Triumph
Sylvie Fleury - My Life on the Road

14. Juli 2016 • Text von

Kunst, Konzept und Konsum. In ihrer Ausstellung im Museum Villa Stuck präsentiert die Künstlerin Sylvie Fleury ihr mediales und skulpturales Werk als ein subtiles Spiel mit Materialität, Marken, Oberflächen und Oberflächlichkeit.

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Sylvie Fleury, My Life on the Road, Installationsansicht, Museum Villa Stuck, München 2016. Foto: Jann Averwerser.

Eine Federboa in einem Plastik-Müllsack. Sehr schöne Frauen in sehr schönen Sportwagen. Ein Schuhregal als persönliche Retrospektive und geschickt drapierte Einkaufstaschen aus Luxusläden. Seit mehr als 20 Jahren setzt sich die Schweizer Künstlerin Sylvie Fleury in ihrer künstlerischen Praxis mit den Verführungsmechanismen der Konsum- und Luxuswelt auseinander und nimmt gleichzeitig Bezug auf die von männlichen Protagonisten dominierte Kunstgeschichte. Das Museum Villa Stuck widmet ihr nun eine große Einzelausstellung. Fleury bespielt die historischen Räume des Museums mit einem Parcour aus Skulpturen, Installationen und Bildern und schafft einen Überblick über ihre bisherige Arbeit. Geschickt fügt sie ihre Arbeiten in die prachtvollen Repräsentationsräume ein, schafft so Gegensätze und sich gegenseitig verstärkende Dynamiken. Ihre oft glänzenden Oberflächen zwischen Auto- und Nagellack ergänzen die immer wieder beeindruckende Innenarchitektur der Villa Stuck. Viele ihre Arbeiten würden natürlich auch gut in die Villa eines stilbewussten Hedgefund-Managers passen, gerade weil sie die Codes und Konventionen einer fetischistischen Warenwelt nicht nur bedienen sondern auch aushebeln. Ein mannshoher Spiegel in Form einer Rasierklinge spielt nicht nur mit einer Nähe zum Narzissmus, die scharfen Kanten können auch als Werkzeuge einer selbstzerstörerischen Unzufriedenheit gelesen werden.

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Sylvie Fleury, My Life on the Road, Installationsansicht, Museum Villa Stuck, München 2016. Foto: Jann Averwerser.

Sylvie Fleurys Arbeit ist glamourös, gleichzeitig provokativ und rührend. Glänzend und unter der Oberfläche brodelnd. Sie spielt gekonnt mit der Inszenierung und den Insignien der Fashion-Industrie und der Luxusmarken. Bekannt ist sie auch für die Präsentation von Einkaufstüten bekannter Modefirmen die sie im Ausstellungsraum ebenso inszeniert wie auf dem Boden zerbrochene Make-up-Produkte. Diese gefundenen „Ready-mades“ verortet sie in ihrem Kosmos, gleichwertig neben großformatigen Skulpturen und Fellstiefeln aus Marmor. „Envy“ und „Be Amazing“ scheinen zwei Neonschriften die an den Wänden befestigt sind die Besucher fast anzuschreien. Materieller Neid und die fast obsessive Order toll zu sein greifen hier den Tonfall einer auf Statussymbole fixierten und optimierten Welt auf, die Sylvie Fleury geschickt seziert ohne konsumkritisch-moralisierend zu werden.

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Sylvie Fleury, Paillettes et Dépendances ou la fascination du néant, MAMCO, Genève, 2008, Installationsansicht, Foto: Kalkinnen.

In ihrer Praxis verarbeitet sie auch Werke und Muster bekannter Künstler, etwa die Minimal-Art eines Dan Flavin, die Kunst von Piet Mondrian oder Daniel Burens Konzeptarbeiten. Diese ergänzt oder integriert Fleury selbstbewusst in ihre Arbeit, konnotiert sie geschickt um. Es ist eine Auseinandersetzung mit Macht, Deutungshoheit und der Rolle des Geschlechtes in der Kunst. Sylvie Fleury wird oft als Post-Feministin beschrieben, die sich bestimmte Codes und Bildwelten aneignet, nur um deren Wirkung überspitzt und überhöht zu ergründen. Sie spielt durchaus unterhaltsam mit „männlichen“ und „weiblichen“ Klischees, Erotik und Begehren gleichermaßen. Bricht und hinterfragt jedoch die Konventionen und gibt so deren Konstruktion preis. Ihre Arbeit ist von den Texten einer der führenden amerikanischen Feministinnen, Gloria Steinem, beeinflusst. Nur folgerichtig Trägt eine ihrer Skulpturen, ein violett lackiertes Motorrad der Marke Triumph den zweideutigen Titel „ Gloria’s Triumph“.

WANN: Die Ausstellung ist noch bis zum 3. Oktober 2016 zu sehen.
WO: Museum Villa Stuck, Prinzregentenstraße 60, 81675 München.

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