Vorhang auf!
Erika Hock in der Galerie Cosar HMT

7. Juni 2021 • Text von

Die Galerie Cosar in Düsseldorf lädt zu einem Spaziergang durch die raumgreifenden Arbeiten der Künstlerin Erika Hock ein. Die begehbare Installation „We never grow tired of each other“ erlaubt uns dabei einen Blick hinter und durch die semi-transparenten Fadenvorhänge. Obwohl selbst Kunstwerke, bereiten sie zugleich als „Hosting Structure“ eine Bühne für Arbeiten der Künstlerin Marge Monko.

Es sind drei Vorhänge aus bunten Schnüren zu sehen, die schwarze, gelbe und rote Formen vor einem Farbverlauf zeigen.
Ausstellungsansicht Erika Hock „We never grow tired of each other“, Galerie Cosar HMT, 2021.

Große, leuchtend bunte Vorhänge durchziehen die Galerie Cosar in Düsseldorf und erstrecken sich als ungewöhnliche Bildtableaus teils über die gesamte Länge des Ausstellungsraumes. Interessierten eröffnet sich ein Parcours aus Farben und Formen, ein sich ständig veränderndes Raumgefüge, dessen Korridore durch und tief hinein in die Bildwelten der Künstlerin Erika Hock führen.

Tauchen Besucher*innen in die Installation „We never grow tired of each other“ ein, setzen sich die unzähligen bedruckten Einzelschnüre zu Formlandschaften zusammen, zu Farbräumen, die zum Erkundungsgang einladen. Amorphe Gebilde regen sich vor dem betrachtenden Auge aus formlosem Dunkel, steigen vor im Hintergrund dämmernder Farbe empor und muten plötzlich ganz körperhaft wie Augen und Münder an. Dennoch entziehen sich die Tableaus jeglicher Eindeutigkeit und fügen sich in ihrer Gesamtheit zu einer Ausstellung, die nicht nur begangen, sondern durchschritten werden kann.

Hinter und zwischen zwei Stützpfeilern innerhalb des Ausstellungsraumes lassen sich drei bunte Vorhänge ausmachen, die von zielgerichteten Spots angestrahlt werden.
Ausstellungsansicht Erika Hock „We never grow tired of each other“, Galerie Cosar HMT, 2021.

Es sind Werke, die sich haptisch befühlen lassen, die sinnlich erfahrbar sind, durch die Besucher*innen hindurchgreifen und die Fransen langsam durch ihre Finger gleiten lassen können. Eine Berührung im Vorbeigehen lässt sie zögern, verweilen und mit allen Sinnen ihre Umgebung wahrnehmen. Der gedankenverlorene Griff, das Durchstreifen der Fransen ruft dabei fast vergessene Kindheitserinnerungen an großelterliche Vorhänge und Tischdecken wach, vermittelt ein Gefühl von Geborgenheit.

In dichten Farbströmen fließen die Schnüre von der Decke herab und lassen dennoch wie ein seichter Wasserfall den Blick von außen in den vermeintlichen Schutzraum zu. In Wellenbewegungen werden die Besucher*innen von der Installation umflossen, deren Schnüre selbst vom Luftstrom in Schwingungen versetzt werden und durch gezielte Spots Schattenspiele an die Wand werfen. Je nach Blickwinkel überlappen sich die Werke, legen sich wie Farbfolien vor dem betrachtenden Auge übereinander, bilden neue Farbkombinationen, verstärken Dahinterliegendes oder schwächen es ab.

Zu sehen ist ein raumgreifender fransenbesetzter Vorhang, auf dem sich verschiedene bunte Formen ausmachen lassen.
Ausstellungsansicht Erika Hock „We never grow tired of each other“, Galerie Cosar HMT, 2021.

Hocks Werke schaffen ein Innen, ein Außen und verweigern sich dessen zugleich. Die Künstlerin spielt dabei mit Funktionen des Vorhangs, der verhüllt und enthüllt, der dramatische Präsentationen erlaubt und doch mehr Schleier als Vorhang ist. Als solcher ummantelt er die Betrachtenden, verbirgt und zeigt sie gleichermaßen, schützt und legt frei. Zwischen Wand und semi-transparentem Vorhang bilden sich schmale Laufgänge, die gedanklich gefangen nehmen, aber ein physisches Verirren ausschließen.

Die Werke von Erika Hock sind stets auf der Schnittstelle von Kunst, Architektur und Design angesiedelt. Es sind funktionale Werke, die Besucher*innen als Möbel oder Architektur umgeben, aus Alltäglichem bekannt sind und deshalb vertraut erscheinen. Als „Hosting Structure“ sind die Fadenvorhänge zugleich Kunstwerk und Ausstellungsarchitektur, bereiten als Paravents eine Bühne für die Künstlerin Marge Monko, die Verpackungen von Seidenstrümpfen als scherenschnittartige Fotogramme inszeniert und sich ihrerseits mit Fragen der Transparenz beschäftigt.

Das Foto zeigt zwei semi-transparente Bildtableaus, die sich teilweise überlappen.
Ausstellungsansicht Erika Hock „We never grow tired of each other“, Galerie Cosar HMT, 2021.

Entstanden für die große Fensterfront des Skulpturenmuseums Glaskasten in Marl waren die Vorhänge auch während der Pandemie öffentlich einsehbar, bildeten eine durchlässige Grenze zwischen Innen und Außen. Sie formten die Grundstruktur für eine Neupräsentation der Sammlung des Hauses, die ausschließlich Kleinplastiken von Künstlerinnen in den Fokus rückte, die Arbeiten miteinander verknüpfte und sie in Kabinetten hinter dem Vorhang in Szene setzte. Auch in der Galerie Cosar lohnt sich ein Blick durch den Vorhang, auch wenn dahinter ein zweiter Vorhang wartet.

WANN: Die Ausstellung läuft bis Samstag, den 19. Juni.
WO: Cosar HMT, Flurstraße 57, 40235 Düsseldorf.

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