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“Door 2 Door” im Frappant

5. März 2025 • Text von

Es riecht nach Wachs und Holz: Im Frappant laden Alexander von Holtum, Talia Kurman, Carolina Lehan und Fabio Prosdocimi zur Ortsbegehung ein. Ihre Ausstellung “Door 2 Door“ führt durch und in drei Räume, die sich in verschiedenen Stadien der Konstruktion befinden. An den frisch eingezogenen Wänden platzierte Werkzeuge aus Wachs verweisen auf vergangene, teils fiktive Prozesse. Was ist Werk, Raum und was Werkzeug?

Ausstellungsansicht, Door 2 Door, Frappant, Hamburg, 2025. Foto: Yoav Perry.

Hämmern, Bohren, Sägen, Schleifen: In den drei Räumen der Frappant Galerie, die die Ausstellungsfläche des Vereins bilden, wurde in der letzten Woche viel gebaut. Die gesamte Rauminstallation ist das Ergebnis einer kollaborativen Arbeit, die erst vor Ort entstanden ist. Fertig ist die Baustelle von Alexander von Holtum, Talia Kurman, Carolina Lehan und Fabio Prosdocimi allerdings noch nicht. Obwohl in jeder Baustelle auch das Versprechen einer Zukunft – oder zumindest die implizite Aussicht darauf liegt – beginnt die Ausstellung “Door 2 Door” mit einem Blick auf die Vergangenheit. Dafür gibt es viele Hinweise, wie gleich im ersten Raum, wo eine Gussform an die Wand gelehnt ist. Seitlich durch Holzplatten verstärkt, bilden die Aussparungen im sandigen Untergrund der Form die Umrisse einer Bohrmaschine ab.

Im Laufe der Ausstellung tauchen immer wieder Hinweise auf das Vergangene auf, die Konstruktions- und Produktionsprozesse auf verschiedene Weise sichtbar machen. Meist tragen sie jedoch eher symbolischen Charakter, als dass sie tatsächlich Teil des Aufbaus gewesen sind.

Ausstellungsansicht, Door 2 Door, Frappant, Hamburg, 2025. Foto: Yoav Perry.

An vielen Stellen der Konstruktion finden sich Nachbildungen von Werkzeugen, deren warnende rote Farbgebung an technische Zeichnungen oder Konstruktionsskizzen erinnert. Die aus Wachs gegossenen Hilfsmittel füllen kleine Lücken in der Konstruktion oder schmiegen sich an die rauen Kanten des Holzes. An einer Stelle scheint eine Schere durch eine Platte zu schneiden, woanders finden sich gegossene Abdrücke von Schlüsseln in kreisrunden Aussparungen.

Das Spielerische der Objekte wird durch die drastisch gesetzten Einschneidungen im Raum kontrastiert. So wird beispielsweise einer der Räume durch eine Konstruktion aus einem quer durchlaufenden Holzpaneel halbiert. Vereinzelte Aussparungen im Holz geben den Blick auf das dahinter frei: Hinter einer der Wände liegt ein Handbesen auf dem Boden. Er wirkt wie kurz abgestellt, der Feger steht unmittelbar auf der Kehrfläche. Seine sonst weichen Borsten wurden mit Stahlnägeln ausgetauscht.

Ausstellungsansicht, Door 2 Door, Frappant, Hamburg, 2025. Foto: Yoav Perry.

Ähnlich wie bei den Werkzeugen, deren Funktionalität durch Umkehrung der Materialeigenschaften verweigert wird, verweigert sich auch die Installation dem reinen Werkanspruch und wird stattdessen ein Teil der Raumarchitektur. Dies zeigt sich auch in der Lichtsetzung: Die bewegliche Decke mit ihren Scharnieren wirft Lichtkegel hinter die Konstruktion und entzieht der Szene damit eine klare Bühnenhaftigkeit. 

Der Ausstellungsraum wechselt somit ständig zwischen Installation, Material und Architektur: Wo kann von fertigen Skulpturen gesprochen werden, und wo wird der Prozess selbst sichtbar? Gibt es Werke erster und zweiter Ordnung? Während die Wachsnägel nur noch auf ihre scheinbare Funktionalität hinweisen, halten ihre originalen Gegenstücke die Konstruktion zusammen, oft sichtbar, manchmal aber auch unsichtbar, wie im letzten Raum, in dem mehrere Holzrahmen Wand an Wand stehen. Sie berühren sich nur an wenigen Punkten, sind aber dort miteinander verbunden.

Ausstellungsansicht, Door 2 Door, Frappant, Hamburg, 2025. Foto: Yoav Perry.

Bei der Auswahl der Elemente, Größen und Formen orientierte sich das für die Ausstellung zusammengeschlossene Kollektiv an genormten Bauformen und -dimensionen. So sind die kreisrunden Löcher zum Beispiel den Wandaussparungen nachempfunden, die für elektrische Installationen vorgesehen sind.

In “Door 2 Door” wird das Bauen als kollaborative Praxis hervorgehoben: Es ist ein Ort des Zusammenkommens, an dem mehrere Personen gemeinsam an einer Idee arbeiten. Zeitlichkeit spielt auf mehreren Ebenen eine Rolle. Das unmittelbare, meist gemeinsame und gleichzeitige Verlassen der Baustelle, bedingt durch bestehende Abhängigkeiten, das Präsentieren des unfertigen Zustands sowie das Feststellen des Baufortschritts sind zentrale Elemente. Dabei wird gleichzeitig die Klärung offener Fragen über Entscheidungen, die den weiteren Prozess bestimmen, betont. Ein Eingriff in den Ausstellungsraum, der ihm seine White-Cube-Fähigkeit raubt, indem er Vorschläge zur potentiellen Neuausrichtung macht, trägt ebenfalls einen widerständigen Charakter. Dennoch bleiben diese Vorschläge provisorisch: Holz – ein Material des Kulissenbaus, temporär und wandelbar; Wachs – eine fragile Substanz, die sich unter Druck oder Wärme verformt.

WANN: Die Ausstellung “Door 2 Door” läuft noch bis Sonntag, den 9. März.
WO: Frappant, Zeiseweg 9, 22765 Hamburg.

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