Unromantische Romantikausstellung
"<3: Elements of Style I": Dan Kwon im Husslehof

3. Oktober 2021 • Text von

Mit Dan Kwon eröffnet der Husslehof seine diesjährig letzte Einzelausstellung. Der Organisator des Raums Felix Große-Lohmann betreibt neben dem Husslehof auch das Lager „Material für Alle“. Dort gibt es gebrauchte Materialien, die sonst auf dem Müll landen würden – dank „Material für Alle“ bleiben sie Teil eines nachhaltigen Materialkreislaufes. Um eine Art Kreislauf, hinterlassene Spuren und die Beziehungen zwischen Objekten geht es auch in „<3: Elements of Style I“. 

Installationsansicht “<3: Elements of Style I”, Dan Kwon, 2021, Husslehof. Courtesy the artist.

Auf der gegenüberliegenden Seite des breiten Eingangstors stoßen die Besucher*innen auf großflächig auf dem Boden ausgebreitetes Aluminium, das von Fußabdrücken und Rollspuren überzogen ist. Vereinzelt hat der Künstler Muscheln und Steine auf der Fläche platziert. Die Arbeit ist eine fortlaufende kollaborative Arbeit, denn das Aluminium lag ungefähr ein Jahr auf dem Boden des Ateliers, das sich Dan Kwon mit anderen teilt. Alle, die den Raum betreten und darin gearbeitet haben, haben sich über die Fläche bewegt und so ihre Spuren hinterlassen. Dan Kwon, der auch als Übersetzer arbeitet, sieht den Prozess als eine erweiterte Bedeutung des „Übersetzens“. Geht es sonst um Sprache, werden in der Arbeit Schritte und Bewegungen über ein Jahr hinweg in eine Art Muster auf der Aluminiumfläche transkribiert – das hat etwas Romantisches, findet er. Die Muscheln und die Steine sammelte der Künstler ebenfalls über einen geraumen Zeitraum hinweg auf seinen Reisen und Ausflügen. Er bringt verschiedene Objekte und Elemente zusammen, die er dann miteinander in Beziehung setzt. Teilweise hat er die einzelnen Objekte auch schon in anderen Ausstellungen gezeigt und möchte einen Kreislauf bewahren – die Dinge am Leben erhalten.

Installationsansicht “<3: Elements of Style I”, Detail, Dan Kwon, 2021, Husslehof. Courtesy the artist.

Weitere Komponente der Ausstellung sind zahlreiche Fotoprints, die der Künstler auf grundierte Leinwände gedruckt hat. Sie changieren zwischen Malerei und Fotografie und wirken dabei fast märchenhaft. Die Abbildungen sind verschwommen, auf den ersten Blick ist kaum erkennbar, was zu sehen ist. Nach ein paar Blicken rätseln lassen sich die banalsten Alltagsgegenstände erkennen: Ein Geldautomat, Wassertropfen, Sonnenuntergänge. Dan Kwon spricht über die Betrachter*innen als Konsument*innen und die unzähligen Bilder, die an jede*m von uns täglich vorbeiziehen. Wir machen permanent von allem Fotos, aber das Sortieren dieser auf dem Smartphone grenzt an eine Sisyphus-Aufgabe. Ein Gespräch neulich über den Drang meiner Generation (oder zumindest meines erweiterten Bekanntenkreises) ihre Zimmer minimalistisch einzurichten ergab, dass es ein Trend ist möglichst wenig Objekte, Möbel, etc. in Zimmern haben zu wollen. Meine Theorie: Das Anhäufen des guten alten „Nippes“ oder „Krimskrams“ hat sich nicht aufgelöst, es hat sich viel eher in den digitalen Bereich verlagert. Ich sah neulich nach: 20.000 Aufnahmen in meiner Cloud. Dennoch sind diese Fotografien wichtig. Wir definieren uns über sie und die Art etwas zu fotografieren und vor allem was wir fotografieren – um den Bogen zu „<3: Elements of Style I“ zurückzufinden: die Aufnahmen stehen miteinander in Beziehung und vor allem in Beziehung zu der aufnehmenden Person und der Story. Es handelt sich wieder um eine erweiterte Definition etwas zu „übersetzen“. 

Installationsansicht “<3: Elements of Style I”, Detail “After Wojack After Augustine of Hippo”, Dan Kwon, 2021, Husslehof. Courtesy the artist.

Die Idee der Romantik besteht im Kern aus einem Rückbesinnen auf das eigene Subjekt im Einklang mit der Natur. Wir denken an Caspar David Friedrich und den „Wanderer über dem Nebelmeer“. Die Betonung von Gefühlen und die Weltflucht des Individuums kommen häufig vor. Das klingt nach einem starken Kontrast zu Dan Kwons Bildwelten und der Idee des ständigen Konsumierens und Verbunden-seins mit der Welt. Der unromantische Part seiner „unromantischen Romantikausstellung“ ist nachvollziehbar – warum aber Romantikausstellung? Der Künstler findet das trifft auf seine Art zu arbeiten zu: Er geht einen tiefen Dialog mit den Materialien und dem Zusammenspiel von Fotografie und Malerei ein. Das digitale Foto aufnehmen geht zwar schnell, aber der Prozess des Druckens und des Grundierens der Leinwand und sogar die Geschichte der Fotografie und der Malerei bedarf einer gewissen Zeit und Tiefe. Er kontrastiert seine Art zu arbeiten mit den eigentlichen Bildinhalten – eine unromantische Romantikausstellung eben oder wie Dan Kwon lachend sagte: „Un-romanticism“.

WANN: Die Ausstellung “<3: Elements of Style I” von Dan Kwon läuft noch bis Samstag, den 30. Oktober.
WO: Husslehof, Koblenzer Straße 12, 60327 Frankfurt am Main.

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