Best of DC Open Köln 2022
Diese Ausstellungen solltet ihr nicht verpassen

31. August 2022 • Text von

Wir sind zurück aus der Sommerpause und die Kunst ist es ebenfalls. Im Rahmen von DC Open eröffnen in Düsseldorfer und Kölner Galerien und Off-Spaces etliche Ausstellungen. Wir starten mit Köln und empfehlen ganz besonders einen Besuch bei Gold + Beton, Falko Alexander, Gaa Projects, Martinetz, Moltkerei Werkstatt, Drei und Mauer.

Links ein regal voll mit braunen Schleich-Tieren, rechts ein Gespensterteppich an der Wand.
Marie Meyer: pattern no. 1 (2022), Schleichtiere, Plexiglas, Spiegelfolie, Stahlkette. Foto: Sascha Hermann. // Nicholas Warburg: DIE PROTESTANTISCHE ETHIK UND DER GEIST DES KAPITALISMUS 2020 180 x 150 cm. Foto: Sascha Hermann.

Eigentlich ist es längst zu spät. Pandemie, Krieg, Rechtsruck – mit welcher Maßnahme bitte wäre all dem noch beizukommen? Eben, würden Marie Meyer und Nicholas Warburg vielleicht sagen. Mit ihrer Ausstellung “Wann stirbt die Menschheit endlich aus?” bei Gold + Beton antizipieren die beiden das ganz große Nichts, das auf die allerletzte Krise folgt. Meyer denkt in ihren Arbeiten schon gar keine Menschen mehr mit, Warburg skizziert solche, auf die man lieber verzichten würde, und doch schwebt über der gemeinsamen Ausstellung so etwas wie ein freudvoller Pessimismus. Um es mit den Worten der KünstlerInen zu sagen: “Es wird wyld.”

WANN: Die Ausstellung “Wann stirbt die Menschheit endlich aus?” von Marie Meyer und Nicholas Warburg läuft bis zum 9. Oktober.
WO: GOLD+BETON, Ebertplatz, Ebertplatzpassage Ladenlokal 3, Köln.

Computergenerierte Collage von Gebäudeversatzstücken in Grautönen, Teile sind durchflutet mit gelbem beziehungsweise rosafarbenem Licht.
Tim Berresheim: Untitled, 110 x 90 cm, Pigment auf Baryt, 2022.

Mithilfe des Computers bringt Tim Berresheim das Ungesehene in die Welt. Gelangweilt von den kreativen Beschränkungen menschlicher Wahrnehmung erschließt er seit über 20 Jahren neue Ausdrucksformen des Digitalen. Für seine Ausstellung “La Grotta della Fenice: Una Passione Inconfessabile” in der Galerie Falko Alexander hat Berresheim Räume geschaffen, die weder sind, noch sein können. Sie basieren auf Laserscans historischer Gebäude; der Künstler hat sie auseinandergeschnitten, ineinander verzahnt und ausgeleuchtet. Für Laien sind die technischen Kniffe seiner Arbeit nicht so einfach zu erkennen. Deswegen inszeniert Berresheim über ganz unterschiedliche Werkgruppen hinweg eine ästhetische Attraktion. Unter den Staunenden kann er diejenigen ausmachen, die auch verstehen wollen.

WANN: Die Einzelausstellung “La Grotta della Fenice” von Tim Berresheim läuft bis zum 20. November.
WO: Falko Alexander, Venloer Straße 24, 50672 Köln.

Keramikpokal von Dominika Bednarsky, Komplettansicht und Detail.

Spieglein, Spieglein an der Wand, wer hat das haarigste Muttermal im Land? Dominika Bednarsky vergibt Keramikpokale für Körperlichkeiten, die für gewöhnlich wenig Wertschätzung erfahren – jedenfalls hat sie schon mal die Trophäen angefertigt. Ihre Ausstellung “he wants to be the worst, cause he can’t be the best” bei Gaa Projects würdigt Polöcher, Ohrenschmalz und Pickel. Es ist eine liebevolle Anerkennung des Unangenehmen und vielleicht ein scherzhafter Seitenhieb auf inhaltslose Auszeichnungsrituale fürs Schneller, Besser, Weiter.

WANN: Die Ausstellung “he wants to be the worst, cause he can’t be the best” von Dominika Bednarsky läuft bis zum 5. Oktober.
WO: Gaa Projects Cologne, Antwerpener Str 4, 50672 Köln.

Installation aus Schläuchen und Daunenjacken von Emma Adler.
Emma Adler, SIMULATOR [SIC!]NESS (Qreatur2), 2021, Photo: Rafael Krötz, Courtesy: the artist and MARTINETZ, Cologne.

Eine globale Elite inszeniert eine Pandemie, um die Weltwirtschaft nach ihren Wünschen umzustrukturieren. So die Verschwörungstheorie zum “Great Reset”. Solch abenteuerliche Erzählungen von dem Wirken finsterer Mächte beschäftigen Emma Adler gegenwärtig. “Was ist überhaupt real?”, fragt sie. Sichtbeton? Virtual Reality? Die Ausstellung “7HE GREA7 RESE7” in der Galerie Martinetz fungiert als Treppe hinab in die Untiefen des Internets.

WANN: Die Ausstellung “7HE GREA7 RESE7” von Emma Adler läuft bis zum 15. Oktober.
WO: Galerie Martinetz, Moltkestr. 81, 50674 Köln.

Ein industrieller Lamellen-Vorhang hängt an einer Schiene von der Decke, darüber ein orangefarbenes Stück Stoff auf dem die Wörter "Bye, Bye, Bye" zu lesen sind.
Rike Droescher: Bye Bye, Above Us Only Sky, 2022, Foto: Bozica Babic. // Rike Droescher: Bye Bye, Above Us Only Sky (Detail), 2022, Foto: Bozica Babic.

Die Gegenwart ist instabil und da liegt der Gedanke nahe, sich einfach auch mal abzuschotten. Nicht mehr stattfinden unter Leuten kann jedenfalls temporär als Selbstschutzmaßnahme funktionieren. Doch der Mensch ist eben ein soziales Wesen – oder eins, das zur Arbeit muss – und so geht es dann doch zwangsläufig immer wieder aus dem privaten Raum hinaus, rein in den öffentlichen. Die Grenze dazwischen symbolisieren bei Rike Droescher Grenz- und Mauerkonstruktionen, auf denen die Künstlerin in der Ausstellung “The Big Murmur” Kleidungsstücke, gern Statement-Shirts drapiert. Diese Alltagsanalysen sind zu sehen in der Moltkerei Werkstatt.

WANN: Die Ausstellung “The Big Murmur” von Rike Droescher läuft bis zum 18. Oktober.
WO: Moltkerei Werkstatt, Moltkestaße 8, 50674 Köln.

Eine Frau schreit vor einem Spiegel der mit rotem Lippenstift beschrieben ist.
Mira Mann: mother may recall another, 2022, (video still).

Nach dem Tod ihrer Mutter wächst Shim Cheong mit ihrem Vater auf. Der Mann ist blind. Seine Tochter ist bereit, sich zu opfern, damit er sehen kann. In der 3-Kanal-Videoinsallation “mother may recall another” verbindet Mira Mann eine Pansori-Erzählung mit Erinnerungen an Erfahrungen mit der eigenen Mutter. Die Arbeit ist titelgebend für Manns erste Einezlausstellung bei in der Galerie Drei. Sie ist ein Einblick in Manns Auseinandersetzung transkulturellem Austausch sowie ein Hinterfragen von Autor*innenschaft und Aneignung.

WANN: Die Ausstellung “mother may recall another” läuft bis zum 29. Oktober.
WO: DREI, Jülicher Strasse 14, 50674 Köln.

Etwas Organ-Ähnliches und ein Kugelschreiber auf grauem Hintergrund.
Johannes Büttner & Tom Richardson: _Cryptobiosis_, animation still, 2022.

Ein an beiden Enden verglastes Metallrohr ragt durch schützendes Holz hinein in die Ruinen eines fast 2000 Jahre alten Brunnens. Darin eine Ein-Cent-Münze, die in der Fontana di Trevi vielleicht Glück in Aussicht gestellt hätte, im Kontext der Ausstellung “Die zwei Seiten der Medaille” jedoch als wenig zuversichtlichr Verweis auf das transformierende Potenzial von Produktionskreisläufen gedeutet werden kann. Rachel Fäth dockt mit ihren Arbeiten direkt an den Ausstellungsraum Mauer an. Sie verschraubt Metallhalterungen an gegenüberliegenden Wänden; Johannes Büttner und Tom Richardson nutzen das leere Metallgehäuse eines Computers für ein kurioses Experiment. Digital verfüttern sie Stifte aus Maisstärke an Gliederfüßler, recyclen deren Ausscheidungen, verfüttern das Recycelte. Kryptobiose beschreit extrem reduzierte Stoffwechselvorgänge in Extremsituationen – Büttners und Richardsons “_Cryptobiosis_” präsentiert als Produkt eines Zusammenspiels von Instinkt und Logik eine Erneuerung unter Zwang.

WANN: Die Ausstellung “Die zwei Seiten der Medaille” von Johannes Büttner & Tom Richardson und Rachel Fäth läuft bis zum 16. Oktober.
WO: mauer, Gereonswall 110, 50670 Köln.

Hier haben wir unsere Tipps für DC Open in Düsseldorf gesammelt. Das gesamte Programm zu DC Open gibt’s online.

Transparenzhinweis: Die Autorin hat den Ausstellungstext für die Ausstellung von Tim Berresheim in der Galerie Falko Alexander verfasst.

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