Berliner Kunstgriff
26.09. - 02.10.17

26. September 2017 • Text von

Heute steppt in Berlin nicht der Bär, sondern der Maulwurf – und zwar im HAU, wo ein Festival rund um Tier, Mensch und Theater eröffnet. Noch nicht satt?  Es warten der Preis der Nationalgalerie und Ed Atkins im Gropius-Bau.

Die Nacht der Maulwürfe von Philippe Quesne.

Der Maulwurf ist ein possierliches Tierchen – pelzig und pummelig, mit einem rosa Rüsselnäschen und zwei großen Grabpfoten. Heute Abend eröffnet im HAU das zweiwöchige Festival „Der Maulwurf macht weiter“, das den halbblinden Tunnelgräber in den Mittelpunkt des Geschehens rückt. Nicht seiner Drolligkeit wegen allerdings, sondern weil der Maulwurf viel mehr als nur Maulwurf ist: So stand der einzelgängerische Vierpfotler für zahlreiche literarische, politische und theoretische Metaphern Pate, symbolisierte beispielsweise Unterminierung (Marx) oder gar radikale Subjektivität (Kafka). In Anknüpfung an diese vielschichtige Deutungsgeschichte sowie grundsätzliche Fragen des Zusammenlebens zwischen Mensch und Tier, entwickelt das Festival die Bedeutungsvielfalt der animalischen Figur in der menschlichen Vorstellungswelt weiter: Was hat der Maulwurf vom Menschen, was der Mensch von ihm? Wie kann man sich von der Welt abkoppeln, wie sie „von unten“ verstehen? In zahlreichen Theater- und Tanzdarbietungen, Diskussionen und künstlerischen Interventionen werden Antworten auf diese und weitere Fragen gesucht.

WANN: Das Festival eröffnet am Dienstag, den 26. September, um 18 Uhr, mit einer Performance von Cord Riechelmann und dem Stück „Die Nacht der Maulwürfe“ von Philippe Quesne, um 19 Uhr. Infos findet ihr hier.
WO: HAU 1 und HAU 2, genaue Infos zu den Spielstätten im Programm.

Sol Calero, Casa de Cambio,2016 (Ausstellungsansicht Art Basel Statements Basel. Courtesy of
the artist and Laura Bartlett Gallery, London. Foto: Andrea Rossetti.

Weiter geht es dann am Donnerstag, wo im Hamburger Bahnhof die Ausstellung zum Preis der Nationalgalerie eröffnet. In diesem Jahr wurden vier Frauen für ihr außerordentliches Schaffen geehrt: Sol Calero aus Venezuela, Iman Issa aus Ägypten, Jumana Manna aus New Jersey und Agnieszka Polska aus Polen. Alle vier teilen ein Interesse, das weit über den künstlerischen Diskurs hinausgeht: So erkundet Jumana Manna in ihren Filmen und Skulpturen die Wechselwirkung von sozialen, politischen und zwischenmenschlichen Machtgefügen mit dem menschlichen Körper, während Iman Issas Skulpturen nach der Relevanz und Gegenwärtigkeit von geerbter Kultur fragen. Agnieszka Polskas bedient sich in ihren poetischen Animationsfilmen dem bildlichen Inventar unseres gegenwärtigen (digitalen) Zeitalters, um nach dem Zustand der Welt sowie unserer eigenen Verantwortung darin zu fragen. In Sol Caleros raumgreifenden Installationen hingegen trifft traditionelle Architektur auf explosive Tropenästhetik, wobei die Künstlerin sich auf diese Weise mit dem Thema „lateinamerikanischen Identität“ und der paradoxen „Selbst-Exotisierung“ auseinandersetzt. In der Ausstellung im Hamburger Bahnhof werden nun alle vier Positionen unter einem Dach präsentiert.

WANN: Die Eröffnung findet am Donnerstag, den 28. September, von 20 bis 23 Uhr, statt. Infos gibt’s hier.
WO: Hamburger Bahnhof, Invalidenstraße 50 – 51, 10557 Berlin.

Ed Atknis, Old Food © Ed Atkins, Production still for ‘Old Food’, 2017 Courtesy the artist, Galerie Isabella Bortolozzi, Berlin, Cabinet Gallery, London, Gavin Brown’s Enterprise, New York, Rome and dépendence, Brussels.

Ebenfalls am Donnerstag eröffnet dann auch im Martin-Gropius-Bau die Ausstellung „Old Food“ des britischen Künstlers Ed Atkins. Atkins setzt sich in seinem Oeuvre mit der Medienwelt auseinander. In seinen computergenerierten Filme irren vereinsamte Protagonist*innen durch hyperreale, vor Künstlichkeit nur so strotzende Bildräume und entwickeln dabei teils verstörende Anziehungskräfte. Für den Martin-Gropius-Bau und das Programm Immersion hat Ed Atkins nun ein Gesamtkunstwerk geschaffen, in dem seine Filme Objekten und Kostümen aus dem Fundus der Berliner Oper gegenübergestellt werden. Die Ausstellung geht vom allegorischen Potenzial des digitalen Filmemachers aus und untersucht Phänomene wie Begehren, Historizität, Melancholie und Dummheit. Fesselnd wird’s allemal, Furcht einflößend vielleicht auch.

WANN: Die Eröffnung findet am Donnerstag, den 28. September, ab 19 Uhr, statt. Infos gibt’s hier.
WO: Martin-Gropius-Bau, Niederkirchnerstraße 7, 10963 Berlin.

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