Berliner Kunstgriff
25.08. - 01.09.20

25. August 2020 • Text von

In der Vergangenheit kann man diese Woche bei SomoS und in der Galerie Noah Klinik schwelgen, während im Haus am Lützowplatz die politische Zukunft neu gedacht wird und Caroline Kryzecki bei Sexauer vorschlägt, Freiheit durch mehr Struktur zu erlangen. Außerdem: Performances bei feldfünf.

Gesicht vor Bild
Josefine Reisch (c) Galerie Noah Klinik

Bilderrahmen und Portraits laufen seit je her Hand in Hand wie Bonny und Clyde. Das weiß mindestens jedes Großfamilienkind mit liebender Oma. Um diese Liason öffentlich zu würdigen, zeigt Josefine Reisch in “Framing” ihre Untersuchung der Darstellung des Profils und unterstreicht diese durch die Zusammenführung mit ihrer Arbeit an lebensgroßen Bastelbögen. Zum Vorschein tritt dabei zweierlei: einmal natürlich das Profil als Seitenansicht eines Gesichts, aber auch gleichzeitig die gesellschaftliche Reputation der portraitierten Person.

WANN: Die Eröffnung ist Samstag, den 29. August, und die Ausstellung kann bis zum 10. Oktober besichtigt werden.
WO: Galerie Noah Klink, Kulmer Strasse 17, 10783 Berlin.

Worlds in Collision, Maguerite Harris, 2020 (c) SomoS Berlin

Wie hat man es nur mit der Vergangenheit? Soll man sie lieber annehmen, wertschätzen, sich an ihr erfreuen oder lieber gleich verdrängen? Die Künstler*innen Karon Nilzén, Carlos Herraiz und Marguerite Harris leiten im Zuge der Gruppenausstellung “REvisited” durch Erinnerung und Wiederentdeckung. Bei Bedarf auch durch Kampf und Wiederaneignung. Als Geleit dient hierbei ihre jüngste Arbeit: eine Installation, die Skulptur, Lichtinstallation, Video und Malerei verbindet.

WANN: Die Eröffnung ist Mittwoch, den 26. August, und Besichtigungen sind bis zum 29. August möglich.
WO: SomoS, Kottbusser Damm 95, 10967 Berlin.

Counting Silence, Bild des Hauses in Bethany / Connecticut, in dem die Künstlerin ihre Arbeiten entwickelt hat.

Manch einer denkt ja, Freiheit entstünde in der Anarchie, dem Aufbrauch von Strukturen, womöglich sogar dem Chaos – Caroline Kryzecki sieht das anders. Bekannt ist sie für ihre Kugelschreiberzeichnungen mit tausenden von Linien. Ihre selbst auferlegten Regeln, geben ihr hierbei die Freiheit, die sie sich wünscht. In ihrer Ausstellung “Counting Silence” zeigt sie das Durchspielen von Möglichkeiten von extrem reduzierten monochromen Arbeiten mit nur wenigen übereinander gelegten Rastern bis hin zu Zeichnungen, die auch gemalt sein könnten.

WANN: Die Eröffnung ist Freitag, den 28. August, und die Ausstellung läuft bis zum 31. Oktober.
WO: Sexauer, Streustraße 90, 13086 Berlin.

Wolke in grau
Ricardo Hoop, Irgendwo strahlendes Licht, 2018 (c) Haus am Lützowplatz

Die Farbe Grau steht für Weisheit, Mäuse, nichts Halbes und nichts Ganzes, Zwischenräume. Die Ausstellung “0+255_Studiogalerie” widmet sich der Frage, ob subtile Übergänge überhaupt noch möglich sind, in einer Welt voller Extreme. Die Antwort erschließt sich aus der Farbe Grau und diese dient plötzlich als Mediatorin, als sanfte Bewahrerin der Nuancen. Kann sie uns womöglich alle retten?

WANN: Die Eröffnung ist Freitag, den 28. August, um 19 Uhr und die Ausstellung kann bis zum 20. September besichtigt werden.
WO: Haus am Lützowplatz, Lützowplatz 9, 10785 Berlin.

Anna Ehrenstein und House of Tupamaras: “Technophallus Cyberwitch Deck”, 2020. Foto: Anna Ehrenstein.

Flanieren als Kampfansage. So kann man – zugegeben ein wenig überspitzt – zusammenfassen, was die Schriftstellerin Aminatta Forna über die unterschätzte Kulturpraxis schreibt. Sie sieht Flaneurinnen wir Virginia Woolf im Akt des Flanierens männliche Autorität unterschreiten. Eine fabelhafte Theorie! Das Ausstellungs- und Performance-Projekt „Flaneurin* oder Spaßverderberin*?“ ist angetreten, das Konzept noch ein bisschen breiter zu denken.

Kuratorin Marenka Krasomil und ihre Mitstreiter*innen untersuchen mit Schau und Begleitprogramm die Bewegungsfreiheit von als marginalisiert gelesenen Menschen (Frauen*, BIPoC – Black, Indigenous and People of Color oder LGBTIQA+ Menschen) im öffentlichen Raum. Am Samstag, den 29. August, gibt es Performances und eine Walking Tour von Lilly Pfalzer, Coven Berlin und House of Tupamaras. Von letzteren hat uns schon vor einer Weile Anna Ehrenstein überzeugt. Sie stellt ebenfalls im Rahmen der Show bei feldfünf aus. Gemeinsam mit House of Tupamaras ist sie verantwortlich für ganz besondere Spielkarten, das “Technophallus Cyberwitch Deck”. Noch ein Grund, sich das alles mal genauer anzuschauen.

WANN: Am Samstag, den 29. August, stehen drei Veranstaltungen auf dem Programm – um 16 Uhr eine Performance von Lilly Pfalzer, um 18 Uhr eine Walking Tour von Coven Berlin (RSVP) und um 20 Uhr eine Performance von House of Tupamaras. Die Ausstellung „Flaneurin* oder Spaßverderberin*?“ läuft noch bis Donnerstag, den 10. September.
WO: feldfünf, Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz 7-8, 10969 Berlin.

Der Tipp kommt von Anna Meinecke.

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