Berliner Kunstgriff 12.07. - 19.07.16
12. Juli 2016 • Text von Leonie Huber
Das ist Berlin, das ist nicht Berlin. Wir verkürzen die Diskussion und nehmen von allem ein bisschen was. Ausstellung und Party von einem Kunstmagazin, Vergangenheitsverarbeitung – einmal zeitgenössisch in Kreuzberg und einmal institutionalisiert in Mitte. Und für alle Weltenbummler gibt’s noch eine Fotoausstellung von einer einsamen Reise vom Nordpol zur Antarktis.
Der Berliner Kunstgriff erscheint immer am Dienstag. Unserer Leserschaft sagt das Folgendes. Erstens: Der Montag ist überstanden. Zweitens: Es ist noch eine lange Woche bis Freitag. Für alle, die heute schon Friday on their mind haben, beginnen wir mit einer Empfehlung, die bis in die frühen Morgenstunden dauert. Am Ende der Woche präsentiert das Kunstmagazin Sleek im Prince Charles unter dem Titel „Form Follows Function“ das Werke von vier deutschen Künstlern, die sich in dem weiten Feld von Fashion, freier und porträtierender Kunst einen Namen gemacht haben und dafür jetzt mit einer Edition belohnt werden. DJs im Anschluss. Die Verbindung zwischen dem Zitat des amerikanischen Architekten Louis Sullivan – dem Vater aller Wolkenkratzer und aller moderner Architektur – und den ausgestellten Künstlern Ayzit Bostan & Fabian Frinzel, Stephanie Pfaender, Claudia Klein und Stefan Dotter bleibt rätselhaft, die Party allerdings verspricht gut zu werden.
WANN: Am Freitag, den 15. Juli, ist die Ausstellung ab 20 Uhr geöffnet, die Musik wird ab 23 Uhr laut. Line-Up, Tickets und Details hier.
WO: Prince Charles, Prinzenstr. 85F, 10969 Berlin.
Weder Sommer-, noch Semesterferien haben in Berlin bereits begonenen. In erdrückender Schwüle dem Alltag nachgehen, während Touristen Eis essend oder Bier trinkend die lauen Nächte genießen – das ist der Juli bisher. Hinter das Image der Party-Hauptstadt, die „irgendwie ganz anders ist als der Rest von Deutschland“, tritt die historische Realität immer mehr zurück: Es ist noch keine zwanzig Jahre her, dass Berlin ganz anders war als der Rest, nämlich wie ganz Deutschland geteilt – aber immer noch eine Stadt. Diese Kunstwoche eröffnen gleich zwei Ausstellungen, die sich mit Kunst in der und über die DDR beschäftigen. Im Künstlerhaus Bethanien sind unter dem Titel „Das Ende vom Lied“ zeitgenössische Künstler zu sehen, die im ehemaligen Ostdeutschland gelebt haben oder heute darauf zurückblicken. Im Zentrum der Ausstellung steht die Frage, welche Bedeutung Kunst in einem System der Angst einnehmen kann, und welche Form sie annehmen kann und darf? Der Aufhänger der Ausstellung ist der 40. Jahrestag der Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biedermann. Dokumentationen von Konzerten vor dem Ereignis 1976 und nach dem Mauerfall 1989, sowie seine Reflektion über die Ereignisse der 70er Jahre erweitern die Präsentation der zeitgenössischen Kunst um seine Zeitzeugenschaft.
WANN: Am 14. Juli, zwischen 19–22 Uhr wird die Ausstellung eröffnet und auch die Ateliers sind geöffnet.
WO: Künstlerhaus Bethanien, Schauraum Kottbusser Straße 10, 10999 Berlin.
Das Projekt in Bethanien wurde parallel zu der Ausstellung „Gegenstimmen. Kunst in der DDR, 1976-1989“ konzipiert, die am Freitag, den 15.Juli, im Martin-Gropius Bau eröffnet. Hier geht es nicht um die Verarbeitung im Hier und Jetzt, sondern – wie die Webseite verrät – darum „die ‚andere‘ Kunst aus der DDR“ auszustellen. Das hochgesteckte Ziel der Kuratoren Eugen Blume und Christoph Tannert ist es das Gedächtnis nach all den nationalen Ost-West Vergleichen wieder frei für Geschichte zu machen. Vergangenheit statt Klischees.
Die Frage ist: Wer sind die eigentlichen Helden gewesen? Wessen Geist war frei?
40 Jahre nach der Ausbürgerung von Biermann liegt das kreative und kritische Potential in der Generation Y und Z, deren Großteil das geteilte Deutschland nur noch aus Geschichtsbüchern kennt und sich lediglich ein paar dran erinnern können als Kind im Schlafanzug in der Tagesschau eine Mauer fallen gesehen zu haben. Entweder kann man drüber lamentieren, dass Heranwachsende den Namen „Wolf Biermann“ heute erst mal googlen müssen, oder man erkennt darin das Potential eines für die Geschichte freien Gedächtnisses.
WANN: Die Ausstellung läuft vom 16. Juli bis zum 26. September, die Vernissage findet am Vorabend um 19 Uhr statt. Vorab könnt ihr euch hier informieren.
WO: Martin-Gropius-Bau Berlin, Niederkirchnerstraße 7, 10963 Berlin.
Ein Kunstwerk setzt sich ja grundsätzlich aus zwei Dingen zusammen: Dem, was dargestellt ist, und dem, wie es dargestellt ist. Manchmal bleibt auf der Suche nach der perfekten Form die Aussage auf der Strecke, manchmal findet sich nicht die angemessene Verpackung für einen großartigen Inhalt. Der dänische Fotograf Adam Jeppesen, dessen Ausstellung “Out of camp – Thinking about photography” das C/O Berlin am Freitag, den 15. Juli, eröffnet, hat dieses Problem gemeistert. Der Inhalt: Eine Reise vom Nordpol zur Antarktis in 487 Tagen. Die vollkommene Einsamkeit wird nur von der Fotokamera verringert – und dokumentiert. In vier verschiedenen Serien manipuliert er die entstandenen Bilder durch vielschichtige und poetische Verfahren, über die an dieser Stelle noch nicht allzu viel verraten werden soll. Die Negative an sich sind bereits eine Aufzeichnung der Reise, die sie mit dem Künstler bestritten haben, die manuelle Bearbeitung erweitert die Prozessualität der Kunstwerke und entledigt die Fotografie von ihrer Zweidimensionalität. Die Spuren und Abdrücke auf dem Bild werden zu einem materiellen Zeugnis von dessen Entstehung, sowie jedes Foto ein Abdruck des Lichtes in der Situation ist, in der es aufgenommen wurde.
WANN: Zwischen dem 16. Juli und dem 25. September ist die Ausstellung geöffnet, socializen mit dem Kunstpublikum könnt ihr am 15.Juli um 19 Uhr, nachlesen hier.
WO: C/O Berlin, im Amerika Haus in der Hardenbergstraße 22-24, 10623 Berlin.