Berliner Kunstgriff
04.04. - 11.04.17

4. April 2017 • Text von

Muss sich Dokumentarfotografie eigentlich immer zwischen nüchtern oder pathetisch entscheiden? Eine Wohnwagenbevölkerung in Irland und die Gestik Silvio Berlusconis zeigen uns eine Alternative zwischen Reflexion, Politik und Poetik. 

Birte Kaufmann, aus der Serie The Travellers, 2013, © Haus am Lützowplatz.

Birte Kaufmann, aus der Serie The Travellers, 2013, © Haus am Lützowplatz.

Im Haus am Lützowplatz gibt es ab Donnerstag, den 6. April, Dokumentarfotografie zu sehen. Genauer gesagt werden hier die entstandenen Arbeiten der vier Preisträger des Förderpreises der Wüstenrot Stiftung aus dem Jahr 2013 vorgestellt. Mit dem großzügig angesetzten Preisgeld konnten die Fotografen ihren Projekten nachgehen und dürfen nun ihr Ergebnis präsentieren. So konnte Birte Kaufmann ihr Studium nomadischer Minderheitsgruppen in Irland fortsetzen, deren Alltag sie mit poetischer Sensibilität porträtiert hat. Sara-Lena Maierhofer hat sich an die Fersen des italienischen Politikers und Bunga-Bunga-Königs Silvio Berlusconis gehängt, und konfrontiert uns jetzt mittels dynamischer Perspektiven und fragmentierter Bildausschnitte mit dem Thema Macht. Sie zeigt dabei, dass Fotografie kaum noch als wirklichkeitsgetreues, unpolitisches Medium gesehen werden kann.

WANN: Eröffnet wird am Donnerstag, den 6. April, ab 19 Uhr.
WO: Haus am Lützowplatz, Lützowplatz 9, 10785 Berlin.

Erik Steinbrecher, Harte Hose, 2011, © Zwinger Galerie.

Erik Steinbrecher, Harte Hose, 2011, © Zwinger Galerie.

Am Freitag, den 7. April, eröffnet in der Zwinger Galerie die Einzelausstellung des konzeptuell und multimedial arbeitenden Schweizers Erik Steinbrecher. Worum geht’s bei „Essig, Öl, Sepia und schwarze Tinte“? Ganz genau wird uns das nicht verraten und der Pressetext gestaltet sich kryptisch. Er besteht aus einem lockeren Dialog zwischen dem Künstler und dem Galeristen Werner Müller und geht in etwa so:

„E: Von der Hose am Bügel hatte ich auch erzählt. Der Boden ist hier lustig runtergeklappt und man schaut unweigerlich von Außen in die Hose rein.
W: Liegt das jetzt an meiner versauten Phantasie oder hört sich das arg schlüpfrig an? Das kenne ich bisher nicht von dir.
E: Du kriegst einfach die Rückseite von einem Hosenstall zu sehen. Das ist ungewohnt vielleicht.“

Ungewohnt ist das auch für uns. Und wir sind neugierig geworden!

WANN: Zur Vernissage wird am Freitag, den 7. April, zwischen 19 und 21 Uhr, geladen.
WO: Zwinger Galerie, Mansteinstraße 5, 10783 Berlin.

Öyvind Fahlström, Sitting…Blocks, 1965-1966, © 2017 Sharon Avery–Fahlström / VG Bild–Kunst, Berlin, Courtesy Aurel Scheibler, Berlin, Photo: Tony Coll.

Öyvind Fahlström, Sitting…Blocks, 1965-1966, © 2017 Sharon Avery–Fahlström / VG Bild–Kunst, Berlin, Courtesy Aurel Scheibler, Berlin, Photo: Tony Coll.

Öyvind Fahlström, zu eigensinnig und komplex für das konkrete Pop-Art-Label, wird in der Kunstgeschichtsschreibung leider zu oft übersehen. Doch zum Glück sorgen in Berlin Galeristen wie Johann König und Aurel Scheibler für die wohlverdiente Beachtung des feinfühligen Schweden, der sich in den Sechzigern und Siebzigern in New York rumtrieb, und dort intellektuell anspruchsvolle Werke, wie die „Sitting…“-Serie produzierte, die sich durch eine Vielfalt an Lesarten auszeichnet. Die Arbeit „Sitting… Blocks“ ist seine erste variable Skulptur, die nun zum ersten Mal seit der documenta IV 1968 in Deutschland bei Aurel Scheibler ausgestellt wird. Zehn Würfel sind mit abstrakten Comicformen bedruckt, die in ihrer flexiblen Anordnung auf diverse Arten verstanden werden können. Protagonist des Formenrepertoires ist Batman, der Rächer und Kämpfer gegen die Ungerechtigkeit, den man zu Zeiten des Kalten Krieges gebraucht hätte.

WANN: Die Eröffnung wird am Freitag, den 7. April, von 18 bis 21 Uhr, gehalten.
WO: Aurel Scheibler, Schöneberger Ufer 71, 10785 Berlin.

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