Berliner Kunstgriff
01.09. – 07.09.20

1. September 2020 • Text von

Der Kunstherbst ist in vollem Gange. Die Hauptstadt bietet diese Woche eine Vielfalt an spannenden Eröffnungen: JSC Berlin zeigt Jeremy Shaw, abstrakte Formen gibt es in der galerie buster, Sehnsucht nach Südsee bietet Grear Patterson bei DUVE Berlin, pilote contemporary bei SUB TEI, ein wilder Mix bei Kai Erdmann, ein Bot auf dem re:publica Campus, Performances im dem Park des Nordbahnhofs in Mitte und last but not least eröffnet die 11. Edition der berlin biennale für zeitgenössische Kunst.

Drei tanzenden Männer in Exktase

Jeremy Shaw, Liminals, 2017, 16mm film and HD video transferred to video, 31′25″, color, sound. Video still. Courtesy of the artist and König Galerie, Berlin.

Er ist einer der großen der zeitgenössischen Kunstszene. Die Werke des Kanadiers Jeremy Shaw, die von Video, Fotografie bis zur Skulptur reichen, sind in den namhaften Kunstsammlungen dieser Welt zu finden. Pünktlich zur Art Week zeigt die Julia Stoschek Collection mit “Quantification Trilogy” eine Trilogie von drei parafiktionalen Kurzfilmen, die von marginalisierten Gemeinschaften in einer Zukunft nach einer “Quantification” erzählen. Neben den Filmen werden Shaws in Prismengläser gefasste Fotografien aus der Serie “Towards Universal Pattern Recognition” (2016−2020) zu sehen sein, mit denen der Künstler die Sehnsucht nach Gegenwartsflucht, dem fortdauernden Widerspruch zwischen Rationalem und Irrationalem hinterfragt.

WANN: Die Ausstellung “Quantification Trilogy” eröffnet am Donnerstag, den 3. September, von 16 bis 21 Uhr.
WO: Julia Stoschek Collection, Leipziger Straße 60, 10117 Berlin.

Ansicht eines gelben Bildes vor weißer Wand.

Sébastien de Ganay XL FOLDED FLAT WHITE & YELLOW 2019 aluminium, varnish 178 x 206 x 6 cm photo: Simon Veres | courtesy the artist, galerie burster + max goelitz.

Seine farbenfrohen Faltskulpturen oder besser überdimensionalen Post-Its lassen an die Werke minimalistischer Künstler wie Donald Judd oder Fred Sandback denken. In seinen Werken, die zwischen Skulpturen, Bildern oder Reliefs oszillieren, hinterfragt der französische Künstler Sébastian de Ganay das Spiel von Licht und Schatten, Form und Möglichkeiten des Materials. In Kooperation mit der Münchner Galerie max goelitz zeigt die galerie burster ab Freitag, den 04. September, vier verschiedene gegenständliche wie abstrakte Werkgruppen des Franzosen.

WANN: Die Ausstellung “Gestures” eröffnet am Freitag, den 4. September, von 11 bis 21 Uhr. Zum Opening der Berlin Art Week wird der Künstler am Freitag, den 11. September, zwischen 11 bis 19 Uhr vor Ort sein.
WO: Galerie burster, HB55 Halle A + , Herzbergstraße 55, 10365 Berlin.

Sechs Palmen vor orangenem Hintergrund

Grear Patterson, *Hobbs*, 2020 © DUVE Berlin.

Strand, Sonne, Palmen − es sind nahezu allzu perfekte Landschaften, die der amerikanische Künstler Grear Patterson bei DUVE Berlin auf großen Leinwänden in poppiger Farbgebung präsentiert. Landschaften, welche die Sehnsucht nach Südsee und Glitzermeer einmal mehr verstärken. Es ist genauso die Sehnsucht des Künstlers nach einer idealen Welt, in der es an nichts fehlt, wo keine Not herrscht, die frei von Zerstörung, Katastrophen und der Pandemie ist. Patterson eröffnet utopische Realitäten und paradiesische Zustände, in die man sich gerade während diesen Zeiten der Unsicherheit einmal mehr hineinwünscht.

WANN: Die Ausstellung “Knife In The Water” eröffnet am Freitag, den 4. September, von 18 bis 21 Uhr.
WO: DUVE Berlin, Michaelkirchstraße 15, 10179 Berlin.

Weißfarbene dreieckige Skulptur vor einem großen Fenster

Attilio Tono: PG1, 2019, plaster powder, wood, forex, cm 450 x 200 x 100. Photo: Aurora Audiovisivi.

Unter den Linden, nur besser, weil in Neukölln: pilote contemporary, ein unabhängiger Zusammenschluss von Performance-, Installations- und Videokünstler*innen, Maler*innen, Fotograf*innen und Bildhauer*innen sind zu Gast bei SUB TEI. Zu sehen sind Arbeiten von Attilio Tono, Betty Böhm, Kathrin Ganser, Sarah Straßmann, Selket Chlupka, Carla Mercedes Hihn, Catherine Evans, Claire Laude, Dana Engfer und Stefan Klein – alles unabhängige Positionen, die ein kritisches und konzeptuelles Engagement verbindet. Sub Tei bedeutet auf Rumänisch übrigens “unter Linden”, daher der Ausstellungstitel “pilote : Unter Linden”.

WANN: Eröffnung ist am Freitag, den 4. September, von 18 bis 22 Uhr. Die Ausstellung läuft bis Freitag, den 11. September.
WO: SUB TEI, Stuttgarter Str. 56, 12059 Berlin.

Dieser Tipp stammt von Anna Meinecke.

Logo 11. Berlin biennale

© Berlin Biennale für zeitgenössische Kunst

Relevanter könnten die Sujets in diesen Zeiten kaum sein – die berlin biennale, die am kommenden Samstag, den 05. September, zum 11. Mal stattfindet, nimmt Themen wie Zerbrechlichkeit, Widerstand, aber auch Solidarität in den Fokus. “Der Riss beginnt im Inneren” mit diesem Leitsatz der ägyptischen Dichterin Iman Mersal haben sich die, von dem aus Südamerika stammenden Kurator*innen-Team, eingeladenen Künstler*innen in ihren diversen Praktiken mit eigenen Definitionen und spezifischen Kontexten auseinandergesetzt. Bis zum 1. November wird an verschiedenen Standorten in Berlin, wie dem KW Institute for Contemporary Art oder dem Gropius Bau, der Versuch gestartet, nachhaltige Beziehungen aufzubauen, sowie von der Stadt Berlin als auch von deren Bewohner*innen zu lernen.

WANN: Die 11. berlin biennale für zeitgenössische Kunst eröffnet am kommenden Samstag, den 5. September.
WO: Verschiedene Standorte. Hier zu finden.

Die Hand einer Holzpuppe vor orangenem Stoff

Lara Magdalena Tacke & Elena Scheicher, moratorium / “Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes”, 2020, set – ein Projekt von institutions extended.

Die von Marie-Therese Bruglacher und Marina Naprushkina kuratierte Performancereihe “set” versteht sich als Versuch, über aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen und mögliche neuartige Auftrittsmöglichkeiten in den aktuellen Beschränkungen durch die Corona-Pandemie nachzudenken. Der Titel, der sich auf die zwei Bedeutungen des englischen Wortes ‚set‘ “festgelegt” sowie “Bühnenbild” bezieht, thematisiert inwieweit durch die Einschränkungen in der Stadt neue Räume wie Parks, sowie öffentliche und private Räume zum „Bühnenbild“ werden können.

WANN: Die Performance von Cicada Concepts startet am Samstag, den 5. September, um 19 Uhr. Anschließend um 20 Uhr geht es mit einem Theaterstück der Regisseurin Lara Magdalena Tacker weiter.
WO: Park auf dem Nordbahnhof in Berlin-Mitte, 13355 Berlin.

Bild eines Mannes über das verschiendene Textschnipsel aus sozialen Netzwerken gelegt sind.
Marc Lee: “Corona TV Bot” (2020), copyright Marc Lee.

Wenn auf einmal alle nur noch sagen, was man selber denkt, stehen die Chancen gut, dass man in sozialen Netzwerken unterwegs ist. Das Ganze nennt sich Filterblase. Marc Lee schickt den “(Corona) TV Bot” ins Rennen, um besagte Filterblasen platzen zu lassen. Die Synthesis Gallery präsentiert die interaktive Arbeit im Rahmen von re:publica Campus. Es ist eine wilde Feed-Show bei der Nachrichteninhalte und Social-Media-Content wild durcheinander gemixt werden.

WANN: Die Ausstellung ist von Sonntag, den 6. September, bis Sonntag, den 4. Oktober, immer sonntags bis donnerstags von 16 bis 20 Uhr zu sehen. Bitte meldet euch vorher über re-publica.com an.
WO: re:publica Campus, Ziegrastraße 1, 112057 Berlin.

Dieser Tipp stammt von Anna Meinecke.

Zwei Malereien. Links: Anna Ley & Valerie von Könemann, zu sehen sind zwei Geister. Rechts: Lena Schramm, zu sehen sind Hasen mit roten Augen.
Anna Ley & Valerie von Könemann: “Geisterbahn”, Öl & Acryl auf Leinwand, 113 x 87 cm, 2020. // Lena Schramm: “Wiederkäuer”, Öl auf Leinwand, 112 x 82 cm, 2020.

Er ist wieder hier. Ja, ja, der Satz ist irgendwie anders konnotiert. In diesem Fall ist die Rede von Kai Erdmann. Vormalig Galerist in Berlin, mittlerweile einer unserer Lieblinge in Hamburg kehrt für ein paar Wochen in die Hauptstadt zurück. „White Snake“ heißt die Gruppenausstellung mit der Kai Erdmann ab Samstag, den 5. September, in Wilmersdorf residiert. Gezeigt werden unter anderem Arbeiten von Manfred Peckl, Anna Ley und Lena Schramm. Falls ihr euch fragt, was es mit dem Ausstellungstitel auf sich hat, ist hier der Ohrwurm, um den ihr nie gebeten habt: Whitesnake „Here I Go Again“.

Dieser Tipp stammt von Anna Meinecke.

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