Nachwuchskünstlerinnen im Spotlight Der Bayrische Kunstförderpreis der Bildenden Kunst 2024
27. Januar 2025 • Text von Julia Anna Wittmann
Julie Batteux, Johanna Gonschorek, Eunju Hong und Ayaka Terajima haben es geschafft – ihre Arbeiten wurden mit dem Bayerischen Kunstförderpreis 2024 in der Sparte “Bildende Kunst” ausgezeichnet. In der Galerie der Künstler*innen ist nun eine Gruppenausstellung zu sehen, die die individuellen Werkansätze deutlich macht: Über Installation, Skulptur, Video, Zeichnung und Malerei ist alles dabei.

Seit knapp 60 Jahren haben junge Künstler*innen aus Bayern die Möglichkeit den Bayerischen Kunstförderpreise in der Sparte “Bildenden Kunst” zu gewinnen. Die von einer Fachjury ausgewählten Künstler*innen zeigen anschließend ihre Arbeiten in einer Gruppenausstellung in der Galerie der Künstler*innen. Die diesjährigen Preisträgerinnen Julie Batteux, Johanna Gonschorek, Eunju Hong und Ayaka Terajima überzeugen mit einer jeweils individuellen Formensprache und unterschiedlichen Werkansätzen. Die Besucher*innen erwartet eine Recherche über die Arbeiterbewegung im Ruhrgebiet; eine theatralische Operation und einen melancholischen Dämonen; detailreiche, anthropomorphe Keramiken; und emanzipatorische Selfies auf Leinwänden.

Erinnerungen an den Schulsport sind für viele Frauen eng mit Gefühlen der Unsicherheit, Scham und Unwohlsein verbunden. Der pubertierende Körper findet sich in engen, stickigen Umkleiden wieder, gefangen zwischen Blicken und Kommentaren der Mitschüler*innen. Julie Batteux setzt diesen Erinnerungen intime Gemälde gegenüber, in denen sie sich nackt und ungeschönt mit einem Turnbock in Szene setzt.
“Bocksuche”, “Bock auf Bock” oder auch “Der Bock ist ein mieser Verräter” lauten Batteuxs selbstironische Titel. Allgegenwärtig ist das Smartphone, welches wie eine Erweiterung ihres Körpers in fast allen Gemälden zu finden ist. Die Leinwand ihrer Arbeit “Display #13” zitiert in ihrer Formgebung ebenfalls ein Handy. Das langgezogene Hochformat und die abgerundeten Ecken wirken vertraut und scheinen auf den Selbstoptimierungswahn in den Sozialen Medien zu verweisen.

Johanna Gonschorek arbeitet Recherche basiert. In ihrer Rauminstallation versammelt die Künstlerin zahlreiche, metallene Ständer, auf denen Fragmente verschiedener Archivmaterialien zu sehen sind. In der Galerie der Künstler*innen webt Gonschorek unterschiedliche Werkserien ineinander und macht damit neue Blickwinkel auf die Historie der Arbeiterbewegung des Ruhrgebietes und der familiären Geschichte des russischen Spions und des gesuchten Kriminellen Jan Marsalek zugänglich.
“Alle Fragen offen” zeigt Fotos von Jan Marsalek, wie er sich schon als Kind als Agent verkleidet. In Gonschoreks Arbeit “Phantombilder” sind wiederum Demonstrierende aus der damaligen DDR zu sehen, die 1968 gegen die politische Verfolgung sowjetischer Intellektueller im Exil auf die Straße gingen. Personen, wie sie Jan Marsalek in den letzten Jahrzehnten vermutlich für Russland ausspionierte.

Eunju Hongs künstlerische Praxis ist zwischen Performance, Videokunst und Installation angesiedelt. In der Videoarbeit “Suture-rewired” können die Besucher*innen die gleichnamige Performance der Künstlerin nacherleben. Die Performer*innen verwandelten dabei ein Versicherungsbüro in einen theatralen Operationssaal. Das im Ausstellungsraum zu sehende Glasobjekt “Sweat & Tears” findet sich in der Videoarbeit wieder, in der das Objekt Teil eines chirurgischen Rituals ist.
In der Zwei-Kanal-Videoarbeit “Somnium” beschäftigt sich Hong wiederum mit dem gleichnamigen Buch des deutschen Astronomen Johannes Kepler aus dem Jahr 1609. Darin beschreibt Kepler eine fiktive Fahrt zum Mond und verarbeitet den Verlust seiner Mutter. Hong übersetzt den Text in melancholische Bilder eines jungen Mannes, der gemeinsam mit einem gehörnten Dämonen in einem leeren Haus lebt.

Auf den ersten Blick wirken Ayaka Terajimas Keramiken wie archäologische Funde einer prähistorischen Zeit. Unglasiert und detailreich bäumen sich die anthropomorphen Figuren im Ausstellungsraum auf. Bei genauerer Betrachtung lässt sich jedoch feststellen, dass Terajimas kleinteilige Arbeiten aus verschiedensten Verpackungsmaterialien zusammengesetzt wurden.
Die Arbeiten “One boot wearing doki” oder auch “Twin heads doki-middle” bestehen aus abgeformten Pillen- und Lebensmittelverpackungen und werfen Fragen über den Umgang mit Ressourcen auf. Die “Dokis” sind von den stark dekorierten japanischen Keramiken “Dogū” der Jōmon-Kultur inspiriert. Die Scherben dieser Objekte wurden in prähistorischen Abfallhaufen entdeckt und dienen als Ausgangsidee für Terajimas Abformtechnik.

Die Auswahl der Jury macht die individuellen Praxen der zeitgenössischen Kunst deutlich. Die in Bayern lebenden Künstlerinnen Julie Batteux, Johanna Gonschorek, Eunju Hong und Ayaka Terajima können sich über einen finanziellen Boost zum Beginn ihrer Karriere freuen. Die andauernden staatlichen und städtischen Kürzungen im Kulturbereich und die steigenden Lebenshaltungskosten bringen viele Künstler*innen in existenzielle Nöte. Ausstellungen wie diese machen deutlich, wie essentiell und wichtig die Förderung von Künstler*innen in Deutschland ist, damit auch weiterhin eine künstlerische Vielfalt existieren kann.
WANN: Die Arbeiten der Preisträgerinnen des Bayerischen Kunstförderpreises sind noch bis zum 2. März zu sehen.
WO: Galerie der Künstler*innen, Maximilianstraße 42, 80538 München.