Verführung statt Belehrung Ashley Hans Scheirl und Jakob Lena Knebl in der Sammlung Falckenberg
25. Juli 2024 • Text von Gast
Das renommierte Wiener Künstlerduo Ashley Hans Scheirl und Jakob Lena Knebl präsentiert in Hamburg die Ausstellung „Passage“. Die Sammlung Falckenberg glänzt durch sie als schillernder Kunstort, der sich mit Körper, Identität und Transformation auseinandersetzt. (Text: Marie-Louise Schlutius)
„Wir sind ganz bestimmt keine Minimalistinnen“, betonen Ashley Hans Scheirl und Jakob Lena Knebl schmunzelnd während eines Gesprächs mit dem Publikum in der Sammlung Falckenberg in Hamburg-Harburg. Und damit sollen sie recht behalten. Die Ausstellung „Passage“ verwandelt die Räume der Sammlung Falckenberg in den alten Fabrikhallen der Phoenixwerke in eine lebendige und farbenfrohe Umgebung, die sich intensiv mit Körper, Identität und Transformation auseinandersetzt.
Der Titel „Passage“ ist eine Anspielung auf die ehemaligen österreichischen Kaufhäuser. Warenhäuser galten einst als fortschrittlich, vor allem was die Emanzipation der Frauen betrifft. „Frauen konnten sich hier frei in der Öffentlichkeit bewegen, es gab Lesesäle und sogar die Möglichkeit, Kleider zu tauschen“, erklärt Jakob Lena Knebl.
Das in Wien lebende Künstlerduo schafft auch über die “Passage” hinaus eine kaleidoskopartige Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Dabei greifen sie auch auf das Motiv des Doppelgängers zurück. Diese standen bereits in der Pariser Ausstellung namens “DOPPELGANGER! im Fokus, die im Palais de Tokyo bis Januar dieses Jahres zu sehen war.
„Ein Doppelgänger ist auch ein Grenzgänger. Wir beschäftigen uns mit Zombies als Symbol der Aristokratie und sehen Vampire als Vertreter der ‘working class'”, so Knebl. Durch den Einsatz von Spiegeln, die eine Illusion der Unendlichkeit erzeugen, und die thematische und visuelle Verdoppelung der Kunstwerke entsteht eine starke Verbindung zwischen den Ausstellungsorten Hamburg und Paris.
Der intermediale Ansatz von Scheirl und Knebl, der sowohl analoge als auch digitale Medien einbezieht, spiegelt sich in der Vielfalt der ausgestellten Werke wider. Diese reichen von Malerei und Skulptur bis hin zu geschlechtsneutralen Puppen und Installationen mit schweren Stoffen wie Cord. Jedes Material erzählt eine Geschichte. Dabei steht es stellvertretend für die vielen verschiedenen Erfahrungen und Identitäten der Menschen, die Besucher:innen einer „Passage“ sind.
„Wir bringen viel Altes ins Hier und Jetzt“, so Ashley Hans Scheirl. Zum Beispiel aktualisiert das Duo E.T.A. Hoffmanns Olympia aus der Erzählung “Der Sandmann” und zeigt sich selbst als tanzende Avatare auf einem Tablet. Ziel ist es, das Patriarchat und bestehende Normen herauszufordern“, ergänzt Jakob Lena Knebl. “Und wir ziehen die Verführung der Belehrung vor.”
Die beiden präsentieren herausragende Arbeiten wie die „Fettecke“ in Anlehnung an Joseph Beuys. Der nackte Körper von Jakob Lena Knebl ist großformatig auf Tapete gedruckt und geht einmal um die Ecke des Raumes. Die Ecke teilt so ihren Körper. Das Duo nutzt die Darstellung des Körpers, um gesellschaftliche Themen zu hinterfragen und zu reflektieren, wie vor allem weiblich gelesene Körper sexualisiert werden – und das mit einem humorvollen Unterton.
WANN: Die Ausstellung „Passage“ von Ashley Hans Scheirl und Jakob Lena Knebl ist noch bis zum 15. September zu sehen.
WO: Sammlung Falckenberg, Wilstorfer Straße 71, 21073 Hamburg.