Art Cologne: 9 Highlights der Kunstmesse Diese Galerien solltet ihr nicht verpassen
5. November 2024 • Text von Anna Marckwald
Pünktlich zum Start der weltweit ältesten Messe für zeitgenössische Kunst empfehlen wir unsere diesjährigen Highlights und damit die Stände, an denen ihr besser nicht vorbeilaufen solltet. Mit dabei: Molitor, Filiale, Drei, Silke Lindner, Dittrich & Schlechtriem, Anton Janizewski, Super Super Markt, Buchholz und And She Was Like: Bäm!.
Galerie Molitor, Berlin
Hinter einer Plexiglashaube ist ein zartes Stück Seide auf einen Träger fixiert, in seiner Bewegung konserviert wie ein kostbares Artefakt. Im Werk Beatrice Boninos stoßen weiche Materialien wie Seide oder Vinyl auf feste Stoffe, die sie teils ummanteln, fixieren oder unzulänglich machen. Der Moment des Stillstands und der Pause, den sie so evoziert, findet mitunter auch motivisch Eingang in ihr Werk. Den kleinformatigeren Wandarbeiten stellt sie häufig Betten-ähnliche Formen aus gelblich-transparenten Vinyl an die Seite, die in ihrer sterilen Materialität jedoch nur scheinbar zur Erholung einladen. Als Vorbilder dienen Bonino unter anderem aus kühlem Marmor geformte sakrale Grabplatten. Die Berliner Galerie Molitor präsentiert neben der italienischen Künstlerin auch Arbeiten des Turner-Preisträgers Jesse Darling und von Dora Budor.
Filiale, Frankfurt
Die bildhauerische Praxis von Hauck und Plümpe verhält sich wie ein Baukastensystem: 50 Module werden immer neu — mal immersiv und raumfüllend, mal reduziert — im Ausstellungs- oder Außenraum kombiniert. Viele der Objekte orientieren sich dabei in Posenensker Manier ganz eindeutig an architektonischen Formen wie Lüftungsschächten, Treppen oder Verkehrskegeln. Unmittelbar setzen sie sich in Bezug zum eigenen Körper, wollen erklommen oder betreten werden und reflektieren spielerisch Hierarchien und Ordnungssysteme, die öffentlichen oder industriellen Räumen inhärent sind. Neben dem 2018 gegründeten Duo, bestehend aus Alice Hauck und Amelie Plümpe, zeigt die Frankfurter Galerie Filiale Arbeiten von Julian Heuser, Martin Kähler, Rachel von Morgenstern, Manuel M. Romero und Sebastian Volz.
Drei, Köln
In der Verknüpfung verschiedener Textilien zu einer zarten Membran verweben sich im Werk von Anna Virnich auch persönliche Erinnerungen. Stoffe aus ihrem privaten, seit Kindheitstagen wachsenden Archiv werden dekonstruiert und durch Bleichen, Malerei oder Witterungsbedingungen verfremdet. Mit zusätzlichen Bedeutungs- und Zeitebenen angereichert, formieren sie sich bildnerisch zu einer Erzählung von psychoanalytischer Dimension: Fragile, transparente Materialen umspannen den Rahmen gleich einer Haut, lösen Grenzziehungen sukzessive auf und geben den Blick auf darunterliegende Schichten frei. Neben den Arbeiten Virnichs lohnt sich der Booth der Kölner Galerie Drei unbedingt auch für Mira Mann, Matthias Noggler, Markus Saile und Julia Scher.
Silke Lindner, New York
Seit 2022 betreibt Silke Lindner ihre junge Galerie in Tribeca und hat sich in kürzester Zeit einen festen Platz in der pulsierenden Kunstszene New Yorks gesichert. Bei der Art Cologne präsentiert sie die Arbeiten der U.S.-kanadischen Malerin Ang Ziqi Zhang. Zu fluoreszieren scheinende Neonfarben bilden geheimnisvolle organische Formen, die in ihrer Ästhetik zwischen spiritueller Symbolik und Sci-Fi changieren. Ihre Farbpalette ist dabei eine Hommage an die flackernden Strobolichter in Technoclubs.
Dittrich & Schlechtriem, Berlin
Wie kleine Marssonden muten die antennenähnlichen Gebilde an, die in der Installation „Kvertus Counter FPV Jamming Station“ von Zuzanna Czebatul aneinander gereiht auf Stativen stehen. Statt aus dem Weltraum stammen sie jedoch aus dem irdischen, nämlich militärischen Bereich: Es handelt sich um Geräte, die konzipiert wurden, die Frequenzen von Drohnen und anderen unbemannten Flugobjekten zu stören. Czebatul, die sich seit der russischen Invasion der Ukraine 2022 immer wieder auch aktivistisch durch das Sammeln von Spenden und Hilfsmitteln für die Ukraine einsetzt, erwarb das Drohnenabwehrsystem von einem dortigen Hersteller und präsentierte die Arbeit erstmals auf der diesjährigen Kyiv Perennial. Die Berliner Galerie Dittrich & Schlechtriem stellt ihr Arbeiten von Julian Charrière, Monty Richthofen, Marta Dyachenko und Lukas Städler an die Seite.
Anton Janizewski, Berlin
Feine Linien auf verschwommen, um sich greifenden Aquarellfarben skizzieren erst vorsichtig, dann immer bestimmter die Silhouette eines Krokodils. Was den Anschein einer Naturdarstellung erweckt, reflektiert die politische und persönliche Vergangenheit der Künstlerin Helena Uambembe und ihres Herkunftslandes Südafrika. Vorsichtig zeichnen ihre Arbeiten Verbindungen zwischen ihrer Familiengeschichte in den 1970er- und 1980er-Jahren, als ihre Verwandten am Okavango Fluss lebten, sowie die Geschichte der Region und damit eines gewaltvollen, ehemals auch deutschen Kolonialismus nach. In flirrenden, diffusen Strichen verweigern sie sich bildnerischen wie territorialen Konturen und Zuschreibungen. Neben Uambembe präsentiert die Galerie Anton Janizewski in Köln Arbeiten von Ferdinand Dölberg.
Super Super Markt, Berlin
Eine Position, die erstmals auf der Art Cologne vertreten ist, stellt die Berliner Galerie Super Super Markt vor: Neben der Malerin Cécile Lempert präsentiert sie Arbeiten des Ars-Viva-Preisträgers Oscar Enberg. In dadaistischen Assemblagen und Skulpturen kombiniert dieser wiederkehrende Objekte aus dem häuslichen Bereich, wie etwa Knöpfe, Tassen und collagierte Serifenlettern, denen ein konservatives Geschmäckle anhaftet und die so, ganz im Bourdieuschen Sinne, subtil Kategorien wie Klasse reflektieren. Auch eine Auseinandersetzung mit kunsthistorischen Strömungen und traditionellen Handwerkstechniken ist den Arbeiten inhärent.
Buchholz, Köln – Berlin – New York
Die Galerie Buchholz wartet mit Wolfgang Tillmanns, Anne Imhof, Mark Leckey und Lucy McKenzie mit großen Namen auf. Während erstere drei hier mit epischen, atmosphärisch aufgeladenen fotografischen und filmischen Werken daherkommen, übt sich McKenzies Malerei in historischer Rückschau. Durch ihre perfektionierte Trompe-l’œil-Technik lässt sie die verschiedensten kunsthistorischen Epochen wieder auferstehen, kommentiert und reflektiert sie subtil. Einen Fokus bilden wenig beachtete volkstümliche und gemeinschaftliche Praxen: Ihre Arbeit „Quodlibet LXXVII“ liest sich als Hommage an die Briefkastenmalerei des 18. Jahrhunderts.
And She Was Like: Bäm!, Köln
Der gemeinnützigen queer-feministischen Initiative And She Was Like: Bäm! gelingt auf der diesjährigen Art Cologne ein Coup, der die gewohnten Dynamiken einer Kunstmesse gekonnt unterwandert – begonnen mit der Tatsache, dass ausschließlich weibliche und queere Positionen präsentiert werden. Aber damit nicht genug, auch Wert- und Preispolitiken hinterfragt der Stand mit simplen strukturellen Mitteln: Obgleich die allgemeine Artist-List vorliegt, werden die präsentierten Arbeiten von über 60 Künstler*innen verschiedener Generationen mit keiner individuellen namentlichen Kennzeichnung versehen und können für einen vereinheitlichten Preis von je 400 Euro erworben werden.
WANN: Die Kunstmesse Art Cologne eröffnet am Donnerstag, den 7. November. Sie läuft bis Sonntag, den 10. November.
WO: Köln Messe, Messeplatz 1, 50679 Köln.