Hybride Prothesen Anna Lena Keller im Kunstpavillon
21. April 2025 • Text von Quirin Brunnmeier
In ihrer aktuellen Ausstellung im Kunstpavillon zeigt Anna Lena Keller unter dem Titel “Konturfedern” eine verdichtete Auswahl skulpturaler Objekte. Die Künstlerin kombiniert Leder, Papier, Metalle, unterschiedliche Kunststoffe und Plastik und schafft so eine vitale Materialität.

Das glatte Metall scheint die fragile Materie fast in einem starken Griff zu erdrücken. Eng umarmt das Band die feine Struktur und man weiß nicht, ob zum Schutz oder um es aggressiv zurückzuhalten. Die den Ausstellungsraum dominierende, großformatige Arbeit “Tension Tissue” hat im Kern eine raue Textur und fragile Oberflächen aus Papier. Die Furchen und Muster sind der Negativabdruck einer Pappel, die Abformung ihrer äußersten Schutzschicht, der Rinde. Rillen geben der Innenseite dieser invertierten, halbrunden Fläche eine zarte Struktur. Die sie einhausende metallische Konstruktion klemmt diese Kopie einer organischen Form ein, gibt ihr aber gleichzeitig auch Halt. Natürlich und anorganisch, Schutz und Einengung, Körpererweiterung oder Prothese – das sind die zentralen Themen der aktuellen Präsentation im Kunstpavillon.

In ihrer Einzelausstellung “Konturfedern” zeigt Anna Lena Keller eine Gruppe von Wandarbeiten und Objekten, die in ihrer Skulpturalität wie fragile Hybrid-Körper wirken. Die Künstlerin inszeniert den lichtdurchfluteten Ausstellungsraum, sie gibt den einzelnen Arbeiten ausreichend Platz, ihre Wirkung zu entfalten. Keller kombiniert dabei unterschiedliche Materialien und Formen zu Objekten, die sich im Spannungsfeld zwischen organischen Elementen und technischen Oberflächen bewegen. Die Künstlerin spielt mit materiellen Gegensätzen, nutzt glattes Leder, Papier, Metalle und unterschiedliche Kunststoffe und Plastik. Im Zusammenspiel dieser oft gegensätzlichen Materialitäten entsteht eine produktive Reibung.

Die Arbeiten wirken auf ihre eigene Art futuristisch, sind jedoch weder utopisch noch dystopisch. Die Skulpturen haben eine eigentümliche Ästhetik, in ihrer bildhauerischen Formensprache spielt Keller mit Erweiterung und Reduktion von Objekt und Material. Die Objekte deuten dabei eine gewisse Funktionalität an, bleiben aber im Ungefähren. Mache der Wandarbeiten wirken wie abstrakte Reliefe, in denen unterschiedliche Objekte und Oberflächen gemeinsam eine vertikale Landschaft bilden. Andere Wandobjekte erinnern an Insekten oder Salamander, die wie eingefroren an einer Wand verharren.

In ihrer künstlerischen Praxis verhandelt Keller unterschiedliche Spannungsfelder und nutz verschiedene Materialien um diese auszuloten. Ihre Objekte changieren zwischen hart und weich, organisch und technisch, bildlich und räumlich. Die Ausstellung im Kunstpavillion bietet einen kondensierten Einblick in die aktuelle Arbeit der Künstlerin, die sich der Skalierung und Permutation von skulpturalen Körpern widmet.
WANN: Die Ausstellung “Konturfedern” ist bis 11. Mai zu sehen.
WO: Kunstpavillon, Alter Botanischer Garten, Sophienstraße 7, 80333 München.