African Perspectives
Lars Bode über Kunst, Klischees, Kommunikation

18. Dezember 2019 • Text von

Untitled Art FairVor drei Jahren hat Lars Kristian Bode seine Galerie in der Neustadt eröffnet. Seitdem zeigt er aufstrebende Künstler aus Subsahara-Afrika, der afrikanischen Diaspora und der Karibik. Lars Bodes Ziel: Er will authentische Einblicke in die zeitgenössische Kunst verschiedener Kulturen schaffen. Dazu arbeitet er eng mit den Künstlern zusammen und zieht regionale Kuratoren hinzu. Wir sprachen mit ihm über Kunst und Kunstmarkt, Klischees und Kommunikation.

Stacey Gillian Abe: Seat of honor 5, Performance still, 50 x 50 cm, 2017

Stacey Gillian Abe: Seat of honor 5, Performance still, 50 x 50 cm, 2017

gallerytalk.net: Du legst einen Fokus auf Kunst aus Subsahara-Afrika, der afrikanischen Diaspora und der Karibik. Wie bist du dazu gekommen?
Lars Kristian Bode: Mein erster Kontakt ist durch eine Reise nach Kuba entstanden. Ich bin vor Ort mit verschiedenen Künstlern ins Gespräch gekommen, da ich die dortige Kunstszene sehr spannend finde und es sehr viel zu entdecken gibt. Aus den Gesprächen entstand die Erkenntnis, dass es in Deutschland trotz diverser toller Initiativen zu wenig Plattformen für Kunst aus „nicht-westlichem“ Blickwinkel gibt. Angeregt durch die Auseinandersetzung mit der kubanischen Kunstszene habe ich dann auch in andere Länder geschaut und mich detaillierter mit der Kunst- und Kulturszene beschäftigt. Und da ich einen Bezug nach Afrika aus meinem vorherigen beruflichen Leben habe und es auch diverse Verknüpfungen zwischen Afrika und der Karibik gibt, ist mein Blickwinkel dann auch recht schnell in diese Richtung gewandert.

Gideon Appah: Untitled, Mixed Media on Canvas, 103 x 187 cm, 2017

Gideon Appah: Untitled, Mixed Media on Canvas, 103 x 187 cm, 2017

International wächst das Interesse an Künstlern gerade mit afrikanischen Wurzeln. Wie verhält sich das in Deutschland?
Grundsätzlich ist das steigende Interesse auch hier zu spüren, allerdings deutlich zögerlicher als in Ländern wie z.B. den USA, England und Frankreich. Allerdings tragen Eröffnungen von neuen Museen wie z.B. dem Zeitz MOCAA in Kapstadt dazu bei, dass auch in Deutschland die Wahrnehmung zunimmt. Daneben gibt es tolle Orte in Deutschland wie SAVVY Contemporary in Berlin oder M.Bassy in Hamburg, die spannende Positionen zeigen. Contemporary And als multimediale Plattform ermöglicht einen guten und schnellen Überblick. Insgesamt gesehen ist der Anteil von Künstlern mit afrikanischen Wurzeln, auch monetär gesehen, immer noch ein Bruchteil des klassischen „westlichen“ Kunstmarktes. Aber das Interesse ist nachhaltig und wir werden als Galerie immer häufiger gezielt von Interessierten und Sammlern angesprochen.

Was macht die Kunst, die du zeigst, so spannend?
Das sind natürlich zum einen die von den Künstlern thematisierten Inhalte, aber auch ein sehr spannender Umgang mit den unterschiedlichen Materialien und Medien. Viele Künstler haben  einen sehr internationalen Hintergrund. Daraus entsteht ein interessanter Umgang mit der eigenen Vergangenheit. Nicht zuletzt werden hochaktuelle Themen unserer Zeit behandelt, wie z.B. Migration. Und hier macht es auch für uns sehr viel Sinn, genau hinzuschauen, dass wir uns damit auseinandersetzen und zugleich schauen, was wir davon lernen können.

LKB/G in der Wexstraße

LKB/G in der Wexstraße

Welche Herausforderungen begegnen dir bei deinem Spagat zwischen den Kontinenten?
Ich denke überall, wo Menschen mit Menschen zu tun haben, ist es notwendig, sich auf die verschiedenen Arbeitsweisen und Charaktere einzulassen und gemeinsam zu versuchen, Projekte erfolgreich umzusetzen. Praktisch herausfordernd ist natürlich das Thema Kommunikation. Mitunter fehlt der Zugang zu für uns selbstverständlich erscheinenden Dingen wie dem Internet. Außerdem wird deutlich unverbindlicher kommuniziert. Soziale Medien sind viel eher Mittel der Wahl als eine E-Mail. Daneben stellen uns natürlich praktische Themen wie der Transport von Kunstwerken und Zollbestimmungen immer wieder vor neue Herausforderungen.

Es gibt in vielen afrikanischen Ländern eine aufstrebende und gut vernetzte Kunstszene. Wie sind die Perspektiven junger Künstler vor Ort? Wie funktioniert dort der Kunstmarkt?
Der afrikanische Kunstmarkt ist immer noch sehr fragmentiert. Dies hängt sehr stark auch mit der unterschiedlichen Präsenz von kommerziellen Galerien in den einzelnen Ländern, aber auch von gewachsenen staatlich geförderten Strukturen wie Museen zusammen. Jungen Künstlern fällt es dadurch vor Ort zum Teil recht schwer, im internationalen Kunstmarkt Fuß zu fassen. Wie so häufig ist dies deutlich leichter in wirtschaftlich starken Ländern. Hier sind vor allem Südafrika und Nigeria zu nennen. Es gibt aber eine Reihe von unheimlich engagierten und produktiven Projekten und Institutionen in Ländern wie z.B. Kenia, Senegal oder Simbabwe, die sehr viel Energie und Zeit in junge Künstler investieren und sie auf den Schritten in den Kunstmarkt unterstützen. Daneben gibt es auch in Afrika spannende und auch international Aufsehen erregende Kunstmessen wie die Cape Town Art Fair in Südafrika, die Art X Lagos in Nigeria oder die 1:54 in Marrakesch.

Armand Boua: Les Badès (Les amis), Acrylic & Collage on Canvas, 160 x 219 cm, 2017

Armand Boua: Les Badès (Les amis), Acrylic & Collage on Canvas, 160 x 219 cm, 2017

Du hast vor einigen Monaten „La Puente – Seat of Honor“ in der Galerie gezeigt. Darin thematisiert die ugandische Künstlerin Stacey Gillian Abe die Rolle der afrikanischen Frau und die damit verbundenen Stereotypen. Siehst du eine Gefahr, dass auch der momentane Trend zur „afrikanischen Kunst“ stereotype Sichtweisen mit sich bringt?
Das ist definitiv ein Thema, welches genau beobachtet werden muss. Dabei ist es hilfreich, den eigenen Umgang damit immer wieder zu hinterfragen. Natürlich besteht die Gefahr, zu stark aus der eigenen Perspektive auf künstlerische Positionen zu schauen und, wenn auch unbeabsichtigt, stereotype Sichtweisen zu anzunehmen. Es ist meiner Meinung nach daher sehr wichtig, sich zum einen intensiv mit dem jeweiligen Künstler auseinanderzusetzen. Die daraus resultierenden intensiven Diskussionen und der Austausch stellen häufig sicher, dass die unterschiedlichen Thematiken im richtigen Kontext wiedergegeben werden. Zum anderen ist es auch notwendig, sich tiefgehend mit der entsprechende Kunst- und Kulturszene zu beschäftigen. Hier kann beispielsweise die Zusammenarbeit mit einem lokalen Kurator ganz neue Blickwinkel öffnen und einen Dialog auf Augenhöhe ermöglichen. Dann gelingt auch der ausgeglichene Umgang mit unterschiedlichen Themen.

Was sind deine Pläne für die Zukunft?
Wir möchten unser Programm gerne weiter ausbauen und auch größere Gruppenausstellungen im internationalen Kontext zeigen. Als nächstes steht die Untitled Art Fair in San Francisco an, bei der wir eine Solopräsentation von Alteronce Gumby zeigen, und im Februar dann die Cape Town Art Fair. Ich würde mich freuen, wenn unsere Aktivitäten auch dazu führen, dass Menschen, die sich bisher noch nicht mit der Kunst- und Kulturszene außerhalb Europas beschäftigt hat, Lust darauf bekommen, Neues zu entdecken.

WANN: Nach der Untitled Art Fair in San Francisco und der Cape Town Art Fair stehen 2020 auch wieder Ausstellungsprojekte in Hamburg an.
WO: Lars Kristian Bode, Wexstraße 28, 20355 Hamburg. 

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