"Räume mit Charakter nutzen"
Not Another White Cube startet

5. Juni 2016 • Text von

München teilt sich seit Freitag die Kunstplattform Not Another White Cube mit Wien und Berlin. Die Gründerinnen Manuela Hillmann und Alva Angeli versuchen sich durch konzeptuelle Andersartigkeit von gewohnten Ausstellungsformen abzusetzen und legen mit dem Münchner Künstler Marc Thalberg und einem kleinen Kunstfestival in Giesing los. Wir haben mit beiden über ihr Projekt gesprochen.

Marcs Punktebilder ©  anna schnauss

© Anna Schnauss

gallerytalk.net: Ihr habt beide Erfahrung in der Ausstellungspraxis gesammelt. Wie kam die Idee auf das Eigene zu machen?
Alva Angeli und Manuela Hillmann: Die konkrete Idee eine eigene Ausstellungsplatform zu gründen, ist eigentlich mit der Organisation der ersten Ausstellung entstanden. Wir, Manuela Hillmann und Alva Angeli,  haben uns überlegt, wie wir als Organisatoren in Zusammenhang mit dem ausgestellten Künstler, Marc Thalberg, auftreten. So besprachen wir die Option, eine Platform zu gründen, die sich zum Ziel setzt, Ausstellungen junger Künstler auf die Beine zu stellen. Sobald der Gedanke ausgesprochen war, war eigentlich klar, dass das genau das Richtige ist und für uns beide  perspektivisch ein Projekt, dass wir weiterführen wollen.

Mit dem Namen „Not Another White Cube“ sprecht ihr einen Überschuss eines sich immer noch bewährenden und dominanten Ausstellungskonzepts an? Wie grenzt ihr Euch ab?
Die White Cubes beschreiben ja die in der Kunstwelt häufig zu sehenden Austellungsräume, die clean und steril quasi einen Nicht-Raum darstellen, eine absolut reine Ausstellungsfläche. In den Ausstellungen, die Not Another White Cube organisiert, möchten wir Räume mit Charakter nutzen, Flächen, die der Besucher vielleicht vorher noch nie gesehen hat und uns das zu Nutze machen, was vorhanden ist. Die jetzige Ausstellung in der Watzmannstraße in München mit Marc Thalberg zum Beispiel bespielt Marcs Wohnung und Atelier, die in einem wunderschönen alten Werkstatthinterhof in Giesing liegen. Eine, in der Ausstellung integrierte Installation, zeigt Marcs Schlafzimmer mit seinen Habseligkeiten, seinem Plattenspieler, seinen Büchern. Diese persönliche Komponente ist in einem tatsächlich persönlichen Raum einfach schlüssig und berührend, in einem „White Cube“ wäre die Wirkung eine ganz andere.

Marcs Punktebilder ©  anna schnauss

© Anna Schnauss

Euer Konzept ist ein lokal Flexibles, wenn man so will. Ihr verteilt Euch auf Berlin, Wien und München. Wie wird das konkret aussehen?
Manuela woht in Wien, Alva in Berlin, wir beide kommen aus München. Wo die jeweiligen Ausstellungen stattfinden wird stark damit zusammenhängen, wo der/die Künstler/in wohnt und außerdem, wo wir geeignete Räume finden.

Gab es Vorbilder?
Es gab keine konkreten Vorbilder in der praktischen Ausführung, an denen wir das Konzept von Not Another White Cube angelehnt haben. Auf der kunsttheoretischen Ebene haben wir Inspiration bei Harald Szeemann „Museum der Obsessionen” und Brian O’Doherty´s „Inside the White Cube“ gefunden.

Ihr setzt auf ein Konzept ohne festen Ausstellungsort. Auch die Räume immer andere sein. Worin seht ihr die Vorteile?
Wechselnde Ausstellungsräume ermöglichen uns sehr viel Flexibilität in der Kuration der Ausstellungen. Dem Charakter und Ursprungs des Raumes wird sich die Ausstellung dementsprechend anpassen. Auch der Wechsel von der einen Stadt in die andere ist dadurch möglich. Das Konzept der Nutzung von Off-Locations ist ja ein Etabliertes und für den Besucher immer wieder spannend, weil es ihn an unbekannte Orte führt. Für uns ist es die einzige schlüssige Idee, da genau die Nutzung von temporären Räumen Teil unseres Konzeptes ist und uns außerdem zum jetzigen Zeitpunkt für einen festen Ausstellungort die finanziellen Mittel fehlen.

42a5cb_a1cc56c3f2df4a59b68cbe9fe2fe255f

© Anna Schnauss

Trotz des wechselnden Ausstellungsortes zeigt ihr in den jeweiligen Städten lokale Künstler. Wie seht ihr die aktuelle Situation für lokale Kunst / Künstler in den jeweiligen Städten?
Marc Thalberg, der in der derzeitigen Ausstellung von Not Another White Cube in München seine Werke präsentiert, ist geborener Münchner, ob es dabei bleiben wird, dass wir lokale Künstler präsentieren, wird sich zeigen. Wenn wir einen tollen Raum in beispielsweise Berlin finden, der gut zu den Arbeiten eines Wiener Künstlers passt, würde das auch kein Problem darstellen. In Berlin ist es im Vergleich zu Wien und München eine größere Herausforderung, Reichweite mit einem jungen Kunstprojekt zu bekommen. Paradoxerweise führt die Masse an Jungveranstaltungen, jungen Künstlern, Start-Ups, etc., für die Berlin ja bekannt ist, dazu, dass es als Künstler sehr schwierig ist, hervorzustechen und Aufmerksamkeit zu generieren. Wien ist eine tolle Stadt für Kunst, es gibt sehr gute Kunsthochschulen, interessiertes Publikum und auch mehr Fördermöglichkeiten für Veranstaltungen solcher Art als in Berlin oder München. In München wiederum liegt genau gegensätzlich zu Berlin der Vorteil darin, dass es hier noch viel ungenutztes Potenzial gibt. Es gibt Interesse und Bedarf an kulturellen Events, für die eigentlich nur eine Basis geschaffen werden muss. Konkrete Förderprojekte für junge Künstler gibt es in allen drei Städten Wenige. Auch daraus entstand der Ansatz von Not Another White Cube.

Marcs Punktebilder ©  anna schnauss

Marc Thalberg´s Punktebilder entstehen © Anna Schnauss

Was verbindet bzw. unterscheidet die drei Städte in Hinblick auf die Ausstellungspraxis?
In Berlin ist der Zwang größer, mit einer Ausstellung hervorzustechen. In Berlin sitzen einige der größten und einflussreichsten Galerien Deutschlands, genauso ist das Publikum dort aber auch an die großen Unirundgänge und vielen Künstlerpräsentationen in kleineren Rahmen gewöhnt. Wien ist sicher die klassischste Stadt von den Dreien, aber auch hier wächst die Szene für junge Kunst stark. In München ist sicher die Raumsuche am schwierigsten, hat man jedoch einen Ausstellungsraum gefunden, kann es etwas ganz besonderes sein.

Gibt es ein Medium, das Euch besonders begeistert?
Nein, es geht uns nicht um einzelne Medien oder Kunstformen, sondern wirklich um die Präsentation des Oeuvres eines Künstlers. Dabei nehmen die klassischen Kunstformen wie Malerei, Skultpur und Zeichnung den gleichen Stellenwert ein wie Installationen oder Multimediales.

Welche Ziele habt ihr?
Für das kommende Jahr haben wir zwei weitere Ausstellungen geplant. Wir möchten in diesen Projekten weiterhin jungen Künsterln eine Ausstellungsplatform bieten, Reichweiten vergrößern und neue Zugänge zu Kunst schaffen.

Wo findet das nächste Projekt statt?
Die nächste Ausstellung findet in Wien statt und wird Werke von Philipp Peßerl zeigen.

WANN: Die Ausstellung “ERZÄHLT” mit Werken von Marc Thalberg ist noch bis zum 19.06.2016 zu sehen. Öffnungszeiten sind Do.: 18-21 Uhr, Sa. und So. : 12 – 18 Uhr
WO: Watzmannstraße 4, 81541 München

 

Weitere Artikel aus München