Wanderlust
24 Stops mit Tobias Rehberger

15. Juni 2016 • Text von

Zwischen Kunst und Funktionalität. Zwischen Stadt und Land. Zwischen zwei Staaten, zwei Gemeinden und zwei hochkarätigen Institutionen. Am Wochenende wurde der grenzüberschreitende Rehberger-Weg eröffnet, der über 24 Kunst-Wegmarker die Fondation Beyeler im schweizerischen Riehen mit dem Vitra-Campus in Weil am Rhein verbindet.

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Tobias Rehberger, Hochsitz, aus: 24 Stops, 2015/16, Foto: Mark Niederman, © Tobias Rehberger.

Der Himmel war zwar grau an diesem wechselhaften Sonntag im Juni, aber das Wetter hielt. Kein Regen störte den fast fünf Kilometer langen Spaziergang zwischen Feldern, Flüssen, Weinbergen und Obstwiesen. Man hatte sich in der Fondation Beyeler getroffen, um das Projekt zu präsentieren und dann gemeinsam mit den geladenen Gästen bis zur Staatsgrenze zu wandern. Sam Keller, Direktor der Fondation Beyeler, Vitra-Emeritus-Chair Rolf Fehlbaum, Carlo Giordanetti, Kreativ-Direktor vom Partner Swatch, und nicht zuletzt der verantwortliche Künstler Tobias Rehberger sprachen über langwierige Planungen über Staats- und Gemeindegrenzen hinweg, über Werke in der Natur und die allgemein verbindende Wirkung von Kunst. Der von Tobias Rehberger konzipierte Weg vom Museumsbau der Fondation Beyeler bis auf den Campus des Design-Unternehmens Vitra ist gesäumt von „24 Stops“, 24 Kunst-Stationen, die sich teilweise in die Landschaft einfügen, teilweise entdeckt und erwandert werden wollen.

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Tobias Rehberger, Bienenhäuser, aus: 24 Stops, 2015/16, Foto: Mark Niederman, © Tobias Rehberger.

Skulpturen in der Natur und an Gebäuden, Plattformen und malerische Arbeiten, versteckte Türen und Funktionen. Rehberger ist viel durch diese Landschaft im Herzen Europas spaziert, um passende Orte für seine Interventionen zu finden und eine Verbindung zwischen Vitra und Beyeler, Kunst und Design, Natur und Kultur zu erschaffen. Und tatsächlich sind seine Objekte nicht nur skulptural. Von alltäglichen Gegenständen inspiriert, dekonstruiert und farblich expressiv gestaltet sind sie Kunst, können aber durchaus auch eine Funktion haben: abstrakte Vogelhäuschen, elliptische Bienenhäuser, kryptische Barometer, elegante Straßenlaternen, Ferngläser auf Aussichtsplattformen, comichafte Hochsitze, Wetterhäuschen, auch kubistische Mülleimer und ein Unterstand. Eine bunt-expressive Wandmalerei ist auf der Rückseite einer privaten Garage installiert, Farbflächen dominieren Kreuzungen und Straßen in einem Wohngebiet. Am jeweiligen Ende des Wanderwegs eine Glocke aus Messing, an der man mit einem satten Läuten seine Ankunft verkünden kann. Bereits im September 2015 wurden die ersten 12 Wegmarken installiert. Seit diesem Wochenende sind die „24 Stops“ nun mit allen 24 Markern zwischen den Institutionen Vitra und Beyeler zu erleben. Und eine weitere schweizerische Institution unterstützt das Projekt: Swatch ermöglichte als Presenting Partner die Produktion der den Weg kennzeichnenden Objekte und Installationen.

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Tobias Rehberger, 24 Stops, 2015/16, © SWATCH.

Tobias Rehberger kombiniert in seiner künstlerischen Praxis unterschiedliche Disziplinen, Medien und Genres. Er vereint medienübergreifend in seiner Arbeit Malerei, Skulptur und Design. So auch beim “24 Stops” Projekt. Zur Überraschung der Mitwandernden wurde am Sonntag dann auch noch ein temporärer 25. Stop eingeweiht. Auf dem schmalen Platz zwischen dem deutschen und schweizerischen Zollhäuschen, praktisch im Niemandsland, enthüllten Tobias Rehberger und Carlo Giordanetti von Swatch ein abstrakt-farbiges Kuckucksnest und präsentierten die „Cuckoolus“-Edition, eine an Kuckucksuhren angelehnte Uhr, die Rehberger speziell für diesen Anlass entworfen hat.

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Tobias Rehberger, Bienenhaus, aus: 24 Stops, 2015/16, Foto: Mark Niederman, © Tobias Rehberger.

Weiter entlang des Weges fügen sich die farbenfrohen Stops erstaunlich gut in die satt-grüne Landschaft ein, wecken den Entdeckergeist beim Spaziergänger, lassen einen über das Unerwartete schmunzeln, den nächsten Marker suchen. Eine ausgeklügelte Smartphone-App kann dabei zu Hilfe gezogen werden, sie gibt Orientierung und Kontext: In Video, Text und Ton kann man Informationen zu Geschichte und Landschaft abrufen. Grelles Gelb, fast giftiges Grün, knalliges Rot, Orange und Pink. Die intensive farbliche Gestaltung der Skulpturen in der freien Natur führt zu interessanten Kontrasten, dabei wirken sie nie verloren oder beliebig gesetzt. Spannend auch, wie diese Objekte über einen längeren Zeitraum mit der sie umgebenden und wachsenden Pflanzenwelt interagieren werden. Zwischen den Ländern, zwischen Weinreben und Obstwiesen.

WANN: Seit Juni sind die „24 Stops“ mit allen 24 Wegmarken zu erleben.
WO: Der Rehberger-Weg verläuft zwischen dem Vitra Campus in Weil am Rhein und der Fondation Beyeler im schweizerischen Riehen.