Vorsicht, es könnte rutschig sein

3. Dezember 2015 • Text von

Die Künstlerin Laure Prouvost bespielt für die Serie von Auftragsarbeiten DER ÖFFENTLICHKEIT- von den Freunden Haus der Kunst als Vierte in der Reihe die Mittelhalle des Haus der Kunst mit einer Installation. „We Would Be Floating Away from the Dirty Past“ wird bis zum Ende des nächsten Jahres zu sehen sein. Die Bürde der Vergangenheit des Hauses macht es nicht leicht, sich adäquat damit auseinanderzusetzen. Laure Prouvost führt uns auf humorvolle und intelligente Weise vor Augen, wie es geht – und das auch durchaus spielerisch. Man will es gerne öfter so sehen.

Laure Prouvost, We would be floating away from the dirty past, Installationsansicht Haus der Kunst, 2015

Laure Prouvost, We would be floating away from the dirty past, Installationsansicht Haus der Kunst, 2015, Photo: Wilfried Petzi

Willkommen! – Wir haben dich kommen hören! – Wir warten schon so lange darauf, dass du kommst.“ Eine der acht Stahlfiguren mit Monitorkopf fängt den eintretenden Besucher mit diesen Worten ein. Sie hält einen Wischmob, der in der Wasserlache Dreck zusammengetragen hat. Dahinter bäumt sich der rote Marmorboden wie eine Welle auf. Eine bewusste Raumwahrnehmung wird eingeleitet und hoffentlich auch das Bewusstsein für den historisch so beladenen Raum.

Wie der Titel verrät, mag ein großer Anspruch der Installation die unumgehbare Auseinandersetzung mit der Bürde der Vergangenheit sein und eine mögliche Karthasis dessen. Wie aber schnell klar wird, ist eine solche Reinigung keineswegs mit dem Akt des Wischens getan, denn wie der Monitorkopf warnt „Vorsicht, es könnte rutschig sein“, bleibt so eine ungemütliche Konsequenz zurück. Längst sollten wir wissen, dass das Vergangene sich immer wieder zeigt und mehr nach einer Einbettung verlangt, die Laure Prouvost für den Besucher im Laufe des Ausstellungsbesuch herstellt. Sie legt alles offen, es muss nur entdeckt werden.

Von der gegenüberliegenden Seite öffnet sich das architektonische Gebilde zu einer zugänglichen Höhle, die dem Besucher ermöglicht unter der Marmoroberfläche einzutauchen. Der Boden hier, ein Teppich bedruckt mit Bildern aus vergangenen Ausstellungen, bringt die alte Last zu Tage. Hier sammelt sich der „Fleck der Geschichte“. Zudem macht die am Eingang stehende Stahlfigur deutlich: „Nichts ist verloren“. Man denkt an das Sprichwort „etwas unter den Teppich kehren“ und versteht: Das ist hier keine Option. Die Videoarbeit „If it was“, die man als Mittelpunkt der Installation betrachten kann, bringt die Zeitdiskrepanz zwischen Damals, Jetzt und Später erneut in den Fokus. Bilder des Eisbachs und des direkt Umliegenden werden verinnerlicht und als potenzieller Einfluss ausgemacht. „Das Museum gibt dir seine Wesenheit“, so die Botschaft. Mit Metaphern des Lebens, wie die milchgebende Brust,aber auch mit sprießenden Pflanzen wird dies zelebriert und beschworen.

Eine utopisch humoristische Zukunftsvision, die als subjektive Hypothese formuliert wird, schöpft aus dem Gewesenen und Gegebenen und hinterfragt die Rolle des Museums und der Kunstwerke. Fiktive Elemente finden sich als reale Gegenstände im Ausstellungsraum ein. Das Spiel zwischen Fiktion und Realität wird stets erkennbar und macht die Arbeiten der Künstlerin so reizvoll. Werden die Visionen von Laure Prouvost wahr, können wir uns auf reichlich dargereichte Himbeeren, übermalte Bilder und einen frisch geküssten Boden, der immer wieder vom Eisbach überschwemmt wird, freuen – aber auch dafür werden sich sicher Lösungen finden.

WANN: Zu sehen bis zum 18. Septemeber 2016.
WO:  Haus der Kunst, Prinzregentenstraße 1, 80538 München.

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