Von Wörtern und Bildern
René Magritte in der Schirn

13. Februar 2017 • Text von

Was ist Realität, wie können Bilder lügen und warum ist das keine Pfeife? Die Schirn Kunsthalle widmet dem belgischen Surrealisten René Magritte die erste große Einzelausstellung in Deutschland seit 20 Jahren. Und die Bilder dieses populären wie auch einflussreichen Künstlers des 20. Jahrhunderts sind aktueller denn je.

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MAGRITTE. DER VERRAT DER BILDER, Ausstellungsansicht © Schirn Kunsthalle Frankfurt, 2017, Foto: Norbert Miguletz.

Ebenen verschieben sich, Perspektiven verkeilen sich, Körper lösen sich auf. Immer wieder tauchen Motive auf, Pfeifen, Äpfel, Hüte. Vorhänge, Flammen und Fragmente. Viele dieser Elemente kommen bekannt vor, René Magritte, ein Hauptprotagonist der Surrealisten, ist Teil des Mainstream, sein Stil im kollektiven Bildgedächtnis tief verankert und oft zitiert. Die Schirn Kunsthalle in Frankfurt vereint unter dem Titel „Der Verrat der Bilder“ nun rund 70 Arbeiten, darunter zahlreiche Meisterwerke aus bedeutenden internationalen Museen, und zeigt gekonnt die Aktualität des Gedankengebäudes dieses zeitlosen Künstlers.

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René Magritte: Les Mémoires d’un saint, 1960, Öl auf Leinwand, The Menil Collection, Houston © VG Bild-Kunst, Bonn 2017.

Magritte, der im Brotberuf auch als Grafiker arbeitete, sah sich nicht lediglich als Maler. Vielmehr war er ein denkender Mensch, der philosophische Konzepte in die Form von Bildern goss. Zu seiner Zeit aktuelle Philosophie und die Ansätze antiker Denker wie Platon und Aristoteles fanden so Platz in seinen Bildern, welche die Konzepte von Gegenstand und Abbildung selbst in Frage stellten. Er verfremdet die Welt, kombiniert gekonnt unterschiedliche Sinnzusammenhänge und dekonstruiert so einen als gegeben wahrgenommenen Blick. Der Zweifel an der Abbildbarkeit der Realität selbst steht im Zentrum, die Beziehungen zwischen Sprache, Wahrnehmung und Bild.

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René Magritte: La colère des dieux, 1960, Öl auf Leinwand, Privatsammlung © VG Bild-Kunst, Bonn 2017.

Magritte hat diese komplexen, konzeptuellen Gedankengängen jedoch in Bilder übersetzt, die durch  ihre herausragende Ästhetik beeindrucken. Sein Werk ist ein semiotischer Diskurs, der mit Poesie, Humor und Melancholie weitergeführt wird. Frauenkörper die sich auflösen, groteske Gesichter, mal rätselhaft, mal pointiert. Wiederkehrende Bildelemente befassen sich mit antiken Legenden und Mythen der Erfindung und Definition von Malerei. Die Ausstellung in der Schirn zeigt einen Künstler, dessen Werk weit über die popkulturelle Rezeption, Regenschirme und Melonen, hinausgeht. Die Menge der gezeigtem Bilder erlaubt den Blick auf ein Werk, das sowohl ästhetisch als auch konzeptuell wegbereitend war. 

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MAGRITTE. DER VERRAT DER BILDER, Ausstellungsansicht © Schirn Kunsthalle Frankfurt, 2017, Foto: Norbert Miguletz.

Die Bilder vermitteln einen Argwohn gegenüber gar zu einfachen Antworten und konterkarieren einen simplen Realismus. Magrittes unverwechselbare Bildsprache basiert auf einer dialektischen Methode, die zwischen Kunst und Philosophie changiert und beides zu vereinen versucht. In einer Zeit der permanenten Auseinandersetzung mit einer zunehmenden digitalen Bilderflut, ist es kein Nachteil, sich an Magrittes zweifelnder Haltung zu orientieren und sich nicht von Bildern verraten zu lassen.

WANN: Die Ausstellung ist noch bis zum 5. Juni zu sehen.
WO: Schirn Kunsthalle Frankfurt, Römerberg, 60311 Frankfurt.