The Feuerle Collection
Désiré Feuerle über Berlins neustes Privatmuseum

9. Juni 2016 • Text von

Anlässlich der 9. Berlin Biennale wird der Ein odere Andere schon einen ersten Blick in Berlins neustes Privatmuseum erhascht haben. Ein Gespräch mit Désiré Feuerle über die Philosophie des Sammelns, sein Faible für asiatische Kunst und das Erhitzen vietnamesischer Dufthölzer in einem Bunker.

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Désiré Feuerle. Fotograf: Mark G. Peters, Stylistin: Patricia Ketelsen. Courtesy: Mark G. Peters.

gallerytalk.net: Als Allererstes, Herr Feuerle – würden Sie sich eher als strategischen oder als intuitiven Sammler bezeichnen?
Désiré Feuerle: Ich bin ein intuitiver Sammler. Es kommt immer auf die individuelle Anziehungskraft eines Stücks an, es muss ein bestimmtes Gefühl in mir hervorrufen.

Warum sollte man Kunst kaufen anstatt sie nur anzusehen? Was verändert sich, wenn man eine Arbeit besitzt und sie nicht nur mental verinnerlicht?
Glücklicherweise machen unzählige öffentliche und private Institutionen Kunst für jedermann erlebbar. Ich befinde mich in der privilegierten Situation, Kunst tagtäglich um mich zu haben, was ich als große, persönliche Bereicherung empfinde. Es entsteht dadurch eine besondere Beziehung zu den Werken, welche sich im Laufe der Zeit ebenso verändern, wie man selbst.

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Hallesches-Ufer Current Site. Courtesy: Gilbert McCarragher.

Muss man ein Kunstwerk begreifen, um es zu kaufen?
Wie ein Kunstwerk „begriffen“ wird, hängt von einer Vielzahl von Faktoren innerhalb und außerhalb des jeweiligen Betrachters ab. Für mich zählen Intuition, Erfahrung und Wissen zu den wichtigsten Voraussetzungen beim Kauf eines Werkes.

Lassen Sie uns über ihr neueröffnetes Privatmuseum sprechen. In der Feuerle Collection werden nicht nur Gegenwartskunst, sondern auch antikes, chinesischen Mobiliar und südostasiatische Skulpturen präsentiert. Wie passt das zusammen?
Ich habe mich schon immer für Gegenüberstellungen interessiert. Es fasziniert mich, wie Kunstwerke, die in ihrer Entstehung tausende Jahre trennen, im Betrachter dennoch dieselben starken Gefühle hervorrufen können. Und oft verstärken sie sich gegenseitig in ihrer Wirkung noch.

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The Feuerle Collection, Foto: Nic Tenwiggenhorn / VG Bild-Kunst, Bonn. Courtesy: The Feuerle Collection.

 

Woher rührt ihr Interesse für asiatische Kunst?
Meine Faszination für Asien und asiatische Kunst begann, als ich noch ein kleiner Junge war und mit meinen Eltern auf Reisen ging. Die besondere Sensibilität der asiatischen Kultur hat mich von Anfang an berührt und begeistert.

Zu der einzigartigen Kollektion kommt dann auch noch der außergewöhnliche Ausstellungsort. Was hat Sie an dem Bunker besonders gereizt?
Der Bunker bildet in seiner Monumentalität und Rauheit einen wunderbaren Kontrast zu den Stücken meiner Sammlung, die sehr fein und sensibel sind. Die besondere Atmosphäre des Bunkers, die an ein Kloster erinnert, trägt maßgeblich zur Gesamterfahrung der Kunst bei und lässt sie in anderem „Licht“ erscheinen. Ich hoffe, dass die Besucher das genauso empfinden werden.

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Cristina Iglesias, Detail of Pozo V (Version 3), 2013. Installation view Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía. Foto: Attilio Maranzano.

Sammeln ist die eine Sache, die Kollektion dann auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen eine andere. Was möchten Sie den Besuchern der Feuerle Collection mit auf den Weg geben?
Ich wünsche mir, dass die Feuerle Collection hier in Berlin einen Dialog zwischen verschiedenen Zeitaltern und Kulturen anregt, indem sie eine alternative Wahrnehmung der alten Kunst anbietet und zugleich eine neue Perspektive auf die Kunstwerke schafft.

Gibt es ein Werk in der Sammlung, an dem ihr Herz besonders hängt? Und wenn ja – fällt es nicht doch schwer, ein solches Lieblingsstück fremden Augen zu offenbaren?
Alle Stücke meiner Sammlung liegen mir am Herzen! Aber ich freue mich beispielsweise sehr, eine ganz besondere Plattform aus der Han Dynastie, die als Sitz diente, zeigen zu können. Sie zählt zu den frühesten Möbelstücken überhaupt und markiert den Beginn der chinesischen Kultur. Oder der kleine Khmer Kopf, am Eingang zum Untergeschoss, der in seiner Präsenz stark genug ist, den gesamten Raum zu tragen. Die Freude, diese Stücke mit der Öffentlichkeit zu teilen, überwiegt etwaige Bedenken.

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The Feuerle Collection. Foto: Nic Tenwiggenhorn / VG Bild-Kunst, Bonn. Courtesy: The Feuerle Collection.

Anlässlich der diesjährigen Berlin Biennale wird die Feuerle Collection in einen temporären Ausstellungsort transformiert. Was erwartet die Besucher?
Die Kollaboration mit der Berlin Biennale ist Zeichen für die Offenheit der Feuerle Collection gegenüber dem zeitgenössischen Kunstdiskurs. Die vier Kuratoren von DIS haben uns gefragt, ob wir die Feuerle Collection als einen der vier Hauptausstellungsorte der Biennale zur Verfügung stellen würden und wir freuen uns, ein so wichtiges und international anerkanntes Kunstereignis in Deutschland unterstützen und daran teilnehmen zu können.

Man munkelt, Sie hätten in ihrer Sammlung einen Raum extra zum Erhitzen vietnamesischer Dufthölzer einrichten lassen. Das klingt nach einer Kunst für sich. Verraten Sie uns, was es damit auf sich hat?
Ich selbst wurde in China und Taiwan dazu eingeladen an sogenannten Incense Zeremonien teilzunehmen und war davon so beeindruckt, dass ich seither versucht habe, einen Weg zu finden, diese spezielle Erfahrung, die einst Kaisern vorbehalten war, auch Menschen im Westen zugänglich zu machen. Die Incense Zeremonie ist eine der ältesten Traditionen Chinas und reicht über 2000 Jahre in die Han Dynastiezurück. Es handelt sich um eine spirituelle Disziplin, bei welcher man durch das Aufnehmen der Energie aus den edlen Düften, in Beobachtung von Körper und Geist tritt. Gemeinsam mit John Pawson ist es mir gelungen, in der Feuerle Collection für diese besondere Erfahrung den richtigen Raum zu schaffen, und einen speziell dafür entwickelten und nach alter Chinesischer Tradition gebauten Incense-Tisch zu entwickeln. Allein die Bauzeit für den Tisch betrug eineinhalb Jahre.

WANN: Derzeit wird die Feuerle Collection als einer der fünf Ausstellungsorte der 9. Berlin Biennale bespielt. Weitere Infos sowie Tickets, um die Sammlung regulär zu besichtigen, gibt’s hier.
WO: The Feuerle Collection, Hallesches Ufer 70, 10963 Berlin.

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