Schwebende Ambivalenz
Die Debutanten 2016 des BBK

15. September 2016 • Text von

Architektonische Modelle, Performances, Videos und zarte Installationen. Wie jedes Jahr unterstützt der Berufsverband Bildender Künstler München drei junge Positionen mit einer Gruppenausstellung in der Galerie der Künstler.

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Ben Goossens: Anlage 003, 2015, hinterleuchtete Fotografie.

Die Ausstellung „Debutanten 2016“ soll eine Plattform für die Präsentation neuer Arbeiten bilden und den jungen Kunstschaffenden die Möglichkeit bieten, Sichtbarkeit für ihre künstlerische Praxis zu generieren. Neben der Ausstellung entstehen auch Debutantenkataloge, Druckwerke als künstlerische Ausdrucksmittel. Dieses Jahr hat der BBK Sarah Lehnerer, Ben Goossens und Markus Lutter ausgewählt, gemeinsam die imposanten Räume an der Maximilianstraße mit aktuellen Arbeiten zu bespielen.

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Markus Lutter: Große Gedanken auf kleinem Papier, 2016, Dokumentation.

Der Tropfen fällt zunächst unbemerkt in den Innenraum eines kleinen architektonischen Modells, das auf einem Tisch im Ausstellungsraum positioniert ist. Der satte Klang des Aufpralls lässt den Besucher jedoch aufhorchen und der Blick geht an die hohe Decke. In seiner Installation „Der Versuch sich selbst zu übertreffen“ präsentiert Markus Lutters ein Modell des Ausstellungsraums, in das Wasser von einer an der Decke installierten Leitung in kleinen Tropfen auf ein verstecktes Mikrofon fällt. Das Tropfgeräusch wird verstärkt auf Audioboxen übertragen und schallt laut durch den Raum. Eine Spiegelung, eine Verstärkung. Markus Lutters künstlerischer Ansatz ist ein prozessorientiertes Ausloten von Möglichkeiten, Räumen und Situationen. Ein Ablauf wird ausgelöst, eine Versuchsreihe gestartet. Die Produkte dieser Untersuchungen können Skulpturen sein, Zeichnungen, Installationen und Performances. Doch statt ein konkretes Fazit zu artikulieren bleiben die Arbeiten offen, ambivalent. In der Schwebe, wie ein Tropfen im freien Fall.

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Sarah Lehnerer: Installationsansicht BBK München.

Auch Sarah Lehnerer, die den mittleren Teil der Ausstellung bespielt, arbeitet in Zyklen und Kapiteln, innerhalb eines persönlichen Referenzsystems. In ihrer Praxis verwebt sie theoretische Reflexion mit ästhetischen Überlegungen. So schafft sie ein System aus Bezugsräumen und Verweisen. Ihre Arbeiten sind dabei jedoch keineswegs didaktisch. Die gezeigten Skulpturen, Installationen, Bilder und Videos offenbaren einen überlegten Umgang mit Material, Farbe und Form. Doppelungen, das Spiel mit Medien und dem Raum bestimmen ihre Auseinandersetzung mit bestehenden Strukturen. Reduziert, abstrakt und elegant erlauben sie einen sinnlichen und intuitiven Zugang. Ihre Videoarbeit „How many suns do you see?“, eine Reflexion architektonischer Formen, verlässt man mit einem hartnäckigen Ohrwurm.

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Ben Goossens: geradeaus, 2014, hinterleuchtete Fotografie.

Eine andere Form, sich mit Architektur auseinanderzusetzen präsentiert Ben Goossens im letzten, abgedunkelten, Raum. In großen Leuchtkästen montiert, zeigt der Künstler Fotografien von Innenräumen. Es ist nicht klar, ob es sich bei den Motiven dieser bis ins Detail inszenierten Bildern um Modelle oder tatsächliche Architekturen handelt. Verlassene Fabrikhallen, post-apokalyptische Szenen und intensive Lichtsituationen. Die Bilder evozieren unterschiedliche Assoziationen und vermitteln ein Gefühl der Bedrohlichkeit. Konzentriert lenkt Goossens die Aufmerksamkeit des Betrachters, die zugespitzte Theatralik der Bilder bannt den Blick. Die diesjährige Ausstellung der Debutanten vereint drei sehr unterschiedliche künstlerische Positionen, die mehr nebeneinander als miteinander funktionieren. Was die drei gezeigten Künstler verbindet ist ihr überlegter Umgang mit Formen und Architektur. Bestehendes wird analysiert und dekonstruiert, Neues kompiliert. Alles im Fluss.

WANN: Die Gruppenausstellung ist noch bis zum 2. Oktober zu sehen.
WO: Galerie der Künstler, BBK, Maximilianstraße 42, 80538 München.

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