Schuldgefühle in Gold
Monica Bonvicini in der König Galerie

23. März 2018 • Text von

Groß, golden und glänzend – keine Adjektive mit denen man Schuld normalerweise beschreiben würde und doch ist man nach einem Besuch der König Galerie überzeugt, dass sie wohl genauso aussehen müsste.

Monica Bonvicini: 62 Tons of Guilt, 2018, Courtesy of the artist and KÖNIG GALERIE.

Adam und Eva sind mal wieder die Sündenböcke. Der biblische Sündenfall markiert den Beginn. Den Beginn der Schuld. Zumindest aus der Sicht des Christentums ist jeder Mensch von Geburt an schuldig und wird diese Erbkrankheit auch nicht los – im Gegenteil, sie wird im Laufe des Lebens nur schlimmer. Einen passenderen Ausstellungsort für die Vergegenständlichung des abstrakten Begriffes “Schuld” hätte sich Monica Bonvicini deswegen wohl nicht aussuchen können. In der König Galerie, die sich in dem Gebäude der ehemaligen Kirche St. Agnes in Kreuzberg befindet, können die Besucher nun eine physische, zeitgenössische Darstellung der Schuld erfahren. Man fühlt sich gleich ein bisschen schwerer, ein bisschen schuldiger, beim Begutachten des überdimensionalen, vergoldeten Anhängers. Das Wort “GUILT” liegt zu den Füßen der Betrachtenden – befestigt an zwei dicken Stahlketten, die in der Decke verschwinden. Die fünf Großbuchstaben schieben sich eng zusammen und türmen sich in unterschiedlichen Höhen zu einer typographischen, skulpturalen Komposition zusammen.

Monica Bonvicini: 62 Tons of Guilt, 2018, Courtesy of the artist and KÖNIG GALERIE.

Erst beim genauen Hinsehen erkennt man den Schriftzug. Wer sich schon einmal gefragt hat, wie schwer Schuld sein kann, dem gibt die Künstlerin eine Antwort. “62 Tons of Guilt” heißt das massive Accessoire der etwas anderen Art, welches in dem ehemaligen Sakralbau zu sehen ist. Ob das Kunstwerk wirklich 62 Tonnen schwer ist, ist zu bezweifeln aber einen massiven Eindruck hinterlassen die dicken Glieder der Kette und die golden glänzenden Oberflächen allemal. Es erinnert auf den ersten Blick an die zu groß geratene Goldkette eines Rappers, der damit seinen Reichtum und sozialen Status zur Schau stellen wollte. Es ist typisch für Bonvicini mit Aspekten der Popkultur auf ironische Art und Weise zu spielen und diese zu brechen.

Monica Bonvicini: Guilt, 2018, Courtesy of the artist and KÖNIG GALERIE.

Doch wer genau ist Schuld – und wofür? Die kapitalistische Gesellschaft, die mitlaufende Masse, das narzisstische Individuum, die anklagende Religion, du – die Assoziationskette ist lang, auch wenn die Bildsprache zunächst eindeutig scheint. Zum Ausstellungskonzept zählen auch Baseballcaps, die stark an “Make America great again” Kappen eines vergangenen Wahlkampfes erinnern und geschmacklich fragwürdige Ketten, die beide ebenfalls das Branding „Guilt“ tragen. Man kann dem Club der Schuld so einfach beitreten. Beides kann man für eine überteuerte Summe in der Galerie erwerben, die Konsumkritik gibt es gratis dazu.

WANN: Noch zu sehen bis 15. April.
WO: KÖNIG GALERIE, Alexandrinenstrasse 118-121, 10969 Berlin.

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