Poetische Gesten
"Mund zu Mund" in der Barbara Gross Galerie

21. März 2017 • Text von

Zeichnungen, Collagen und Wortbilder. Die Galerie Barbara Gross zeigt in der aktuellen Ausstellung neue Arbeiten von Silvia Bächli und präsentiert ein Buch, das die Künstlerin zusammen mit dem Schriftsteller Florian Seidel konzipiert hat.

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Silvia Bächli O.T., 2016, Gouache auf Papier.

Kunst ist immer Kommunikation. Mal sehr direkt, mal klausuliert. Mal in großen Gesten, mal in sparsamen Wispern. Über unterschiedliche Kanäle oder gleich „Mund zu Mund“. Unter diesem mehrdeutigen Titel zeigt Silivia Bächli aktuell in München neue Arbeiten. Die Schweizerin zählt zu den bedeutendsten Künstlerinnen ihrer Heimat, seit den 1970er Jahren widmet sie sich der Auseinandersetzung mit dem Medium der Zeichnung. Feine Nuancen in Farbe und Intensität kennzeichnen ihre Arbeiten, zarte Linien und ausdrucksstarke Formen. Mit dem Pinsel auf weißem Papier gezogen, schafft sie eine breite formelle Vielfalt an Mustern und geradezu rhythmischen Elementen. Unterschiedliche Verdünnungsgrade der Gouache ermöglichen farbliche Zwischentöne, die Bächli gekonnt setzt.

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Silvia Bächli: Mund zu Mund, 2017, Installlation view, Barbara Gross Galerie, 2017, Photo: Wilfried Petzi.

Manche Linien wirken rau, andere zart und sanft. Geometrisch anmutende Muster dominieren einzelne Bilder, andere zeichnen sich durch eine ihnen spezielle Gestik aus. Bächli beherrscht die Klaviatur zwischen schwer anmutenden, in sich geschlossenen Formen und leichten, fast schwebenden Abstraktionen. „Zeichnen heißt Weglassen“ hat sie einmal in einem Interview gesagt und man erkennt in ihren Bildern diesen reduzierenden und kondensierenden Prozess. Aber eine andere Arbeit dominiert eine Ecke in den Ausstellungsräumen. Eine Reihe kleinformatiger Fotomontagen sind nebeneinander installiert, ergeben eine eigene Konstellation. Erstmals zeigt die Galerie Barbara Gross Collagen von Silvia Bächli, die für ein Künstlerbuch mit Gedichten von Florian Seidel entstanden sind.

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Silvia Bächli: Mund zu Mund, 2017, Installlation view, Barbara Gross Galerie, 2017, Photo: Wilfried Petzi.

Fragmente bereits vorhandener Bilder, zusammengefügt zu etwas Neuem. In ihrer Horizontalität wird eine Erzählung nur angedeutet, bleibt offen. Das visuelle Ausgangsmaterial stammt aus Tages- oder Wochenzeitungen und deren beiliegenden Magazinen. Bächli arrangiert es neu, de- und rekontexutalisert es. Eigentlich Zusammenhangloses wird so zueinander in Beziehung gesetzt, Erkennbares neben Fremdartiges positioniert. Dem eigentlichen Informationsgehalt der Zeitungen wird der Boden entzogen, aber eine neue Ebene der Bedeutung hinzugefügt.

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Silvia Bächli: Mund zu Mund, 2017, Installlation view, Barbara Gross Galerie, 2017, Photo: Wilfried Petzi.

Im Künstlerbuch, das den gleichen Titel wie die Ausstellung trägt, sind diese Collagen Gedichten von Florian Seidel gegenübergestellt. Die Wortbilder Seidels ergänzen die visuelle Poesie Bächlis treffend und zusammen ergeben sie ein schlüssiges, wenn auch enigmatisches Ganzes. Seidels lyrische Aphorismen öffnen Assoziationsräume, nie konkret und doch treffend und komplementieren so Bächlis Andeutungen. „Ich begleitete die Zeichen ein Stück./ Mir lag jedes Wort/ wie ein Fisch auf der Zunge./ Während das hungrige Mädchen/ den Wind rief, als könne es/ in Wasser schreiben.“ heißt es im Text „Von einem ins andere“.

WANN: Die Ausstellung ist bis zum 29. April zu sehen.
WO: Barbara Gross Galerie, Theresienstrasse 56, Hof 1, 80333 München.

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