Maler und Landstreicher
David Roth im Gespräch

27. Oktober 2016 • Text von

David Roth gibt uns mit seinen Arbeiten einen ganz persönlichen Einblick in sein Malereiverständnis. „Malen“ heißt bei ihm Spuren zu hinterlassen. Dabei kann es auch vorkommen, dass die Autorschaft dieser Spuren von der Natur und dem Wetter getragen wird.

A history of painting 2008-2012, Installationsansicht Kunstpavillon Innsbruck © David Roth

© David Roth, A history of painting 2008-2012, Installationsansicht Kunstpavillon Innsbruck.

gallerytalk.net: Du verwendest für deine Werke ganz verschiedene Materialien, wie Geschirrtücher, T-Shirts, Handtücher, Stofffetzen, die mit Farbspritzern oder –tupfen versehen sind. Was hat es damit auf sich?

Dafür muss ich ein bisschen ausholen. Ab 2008 habe ich begonnen, meine Pinseltücher zu sammeln. Spuren die nebenbei ohne kompositorisches Ziel entstehen, können oftmals kraftvoller und malerischer wirken, als Malerei die gewollt und geplant ist. Ich habe für mich verstanden, dass vermeintliche Nebenprodukte beim Malen eigenständige Teile meiner Malerei sind. Erstmals ausgestellt habe ich diese Pinseltücher 2012 im Kunstpavillon Innsbruck unter dem Titel „A history of painting“. Die Pinselfetzen, die ich zu vier großformatigen Fahnen zusammengenäht habe, stellen die Dokumentation aller von mir benutzten Ölfarben in dem Zeitraum von 2008-2012 dar. Diese Arbeit ist der Ausgangspunkt für meine derzeitige künstlerische Praxis. Ich arbeite hauptsächlich auf ausgemusterten Stoffen wie alter Bettwäsche, Handtüchern, Geschirrtüchern oder T-Shirts. Zum einen nehmen oft gewaschene Stoffe die Farben ganz anders auf als Neue, zum anderen finde ich es spannend, wenn die Stoffe bereits benutzt wurden und mit Geschichte aufgeladen sind bevor ich sie verwende.

Inwiefern spielt Zufall in deinen Arbeiten eine Rolle?

Zufall ist für mich und meine Arbeiten ein ganz wichtiger Faktor, während der Produktion und auf dem Weg zur fertigen Arbeit. Meine Herangehensweise ist ein Arbeiten ohne tatsächliches Ziel. Nur mit einem Gefühl. Auf der Suche. Ohne Erwartungen. Immer im Wechsel zwischen Beobachten und Bewegen. Wach sein, mit der Bereitschaft zu sehen, zu stoppen, zu zerstören und wieder von Neuem zu beginnen. Wenn der Punkt erreicht ist, wo ich spüre, dass eine Arbeit fertig ist, nehme ich sie aus der Produktion heraus und lasse sie ein paar Tage ruhen. Ich beobachte und entscheide erst dann, ob beziehungsweise was noch mit ihr passiert.

(c) David Roth, Landschaftsmalerei, Gaisberg 2010. Foto: David Eisl

© David Roth, Landschaftsmalerei, Gaisberg, 2010. Foto: David Eisl

Was ist dein Konzept?
Kunst machen ist für mich so nah am Leben wie das Leben selbst. Schicht für Schicht kommen neue Informationen und Spuren hinzu und verdecken oberflächig Vergangenes. Alles baut auf der Vergangenheit und ihrer Geschichte auf. Manchmal lösen sich Schichten wieder ab und lassen einen Einblick auf bereits Entstandenes zu. Jeder Layer kann gleichzeitig Zerstörung als auch Erneuerung bringen. Es ist für mich eine Suche nach Leichtigkeit und Einfachheit, die nur ohne Angst zu finden sind.

Auf deiner Homepage finden wir auch Videos, in denen du eine aufgespannte Leinwand durch einen Wald hinter dir herziehst und es mit „Landschaftsmalerei“ betitelst. Wie kam es zu dieser Idee und was steckt dahinter?

„Landschaftsmalerei“ ist eine Werkserie, bei der ich weiß grundierte, unbearbeitete Leinwände durch die Natur ziehe. In gewisser Form eine Frottage der Landschaft und von dem Weg, den ich und die Leinwand zurücklegen. Ich würde sagen es ist die direkteste Form von Landschaftsmalerei, da ich nur den Weg vorgebe, die Landschaft selbst hinterlässt Spuren auf der Leinwand. Beim Landschaftsmalereiprojekt „The Road to Neulengbach“ bin ich von meiner Wohnung zwei Tage, und 65 Kilometer durch den Wienerwald direkt zu der Ausstellungshalle der Graf+Zyx Foundation in Neulengbach gegangen. Ich habe den Veranstaltern damals gesagt, ich kümmere mich selbst um den Transport meiner Arbeit und mich vergewissert, dass zum Zeitpunkt meiner Ankunft jemand vor Ort ist. Dann bin ich losgegangen. In der Nacht im Wienerwald habe ich die Leinwand als Zeltdach verwendet und darunter geschlafen.

© David Roth, Landschaftsmalerei, Road to Neulengbach, 2012. Foto: David Eisl

© David Roth, Landschaftsmalerei, Road to Neulengbach, 2012. Foto: David Eisl

Wo arbeitest du lieber: im Atelier oder draußen im Grünen?

Arbeiten heißt für mich einerseits machen, machen, machen, ohne viel zu denken und andererseits schauen, denken und auswählen. Das sind zeitlich zwei verschieden und unabhängige Abläufe. Inspiration hole ich mir außerhalb meiner Produktionsplätze. Ob ich im Freien oder im Atelier arbeite hängt von der Arbeit ab, aber ich liebe beides. Ein Vorteil im Freien ist, dass ich die Möglichkeit habe das Wetter und die Natur als zusätzliche Hilfsmittel für meinen Malprozess verwenden zu können. Mein Atelier hat einen kleinen Hof beziehungsweise Garten und dort lasse ich oft Tage und Wochen Arbeiten im Freien liegen. Regen, Sonne und Wind arbeiten dann ohne mein Beisein weiter an der Bildkomposition.

Wie reagieren die Leute auf deine Arbeiten? 

Die Reaktionen sind unterschiedlich. Von Kopfschütteln vor Begeisterung bis zu Kopfschütteln aus Unverständnis.

Wie schwierig ist für einen jungen Künstler sich durchzusetzen?

Es spielen viele Faktoren mit beim kommerziellen Erfolg. Das wichtigste ist, glaube ich, so viel wie möglich präsent zu sein und die richtigen Leute zu kennen. Was leicht gesagt, aber ein mühsames Unterfangen ist, und mit Kunst wenig zu tun hat. Ich würde das Karl Valentin Zitat: „Kunst ist schön. Aber sie macht viel Arbeit“, erweitern und sagen „Kunst machen ist schön. Aber die Arbeit beginnt erst nach dem Machen.“

© David-Roth, Ohne Titel (When there was eden), 2015.

© David-Roth, Ohne Titel (When there was Eden), 2015.

Wie betrachtest du die Wiener Kunstlandschaft im Gegensatz zu anderen Städten, in denen du bereits ausgestellt hast?

Ich komme immer wieder nach Reisen in andere Städte darauf, dass Wien ein sehr hohes Niveau bei zeitgenössischen Ausstellungen hat und locker mit den großen Metropolen mithalten kann. Wien ist ein großartiger Nährboden für Künstler und Künstlerinnen und eine tolle Stadt um hier zu leben. Ein großes Manko ist aber, dass es zu wenig junge Galeristen gibt. Die Wiener Galerien, die internationales Ansehen genießen, haben alle mindestens 20 Künstler in ihrem Programm, da macht es wenig Sinn als 21ster auf der Ersatzbank zu sitzen. Es bräuchte zehn, besser 15 neue Galerien, die von Leuten geführt werden, die aus der gleichen Generation wie die ausgestellten Künstler stammen.

Hast du schon Pläne für Projekte und Ausstellungen im nächsten Jahr?

Eine Handvoll Projekte und Ausstellungen sind in Planung, aber noch ohne exaktes Datum. Die Produktionsmaschinerie im Atelier ist im Gange.

Mehr zu Davids Projekten und Videos findet ihr unter http://www.david-roth.net und auf Instagram.

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