Laura Bergers Utopie:
Egalitär und all-inclusive

30. August 2016 • Text von

Laura Bergers wendige, meist nackte Figuren scheinen stetig auf der Suche – nach Neuem, Anderem, Ausgelassenem. Zugleich haben sie schon eine Menge gefunden und laden den Betrachter in ihre bunte, erstrebenswerte Welt. Besonnen und humorvoll konstruiert die Chicagoer Künstlerin einen egalitären, fast schon hippiesken Kosmos, den ihre Protagonisten wie einen Flickenteppich selbst knüpfen. 

Laura Berger: Our Waves

Laura Berger: Our Waves

gallerytalk.net: In deinen Arbeiten stehen Figuren im Zentrum, die man intuitiv zunächst weiblich konnotieren würde, auch wenn sie von dir nicht explizit mit weiblichen Attributen ausgestattet werden. Sind das denn nun überhaupt Frauen, die du in den Fokus stellst?
Laura Berger: Der ursprüngliche Ausgangspunkt war tatsächlich stärker ein genderneutraler. Aber da ich meine Figuren eher kurvig und sanft male, glauben die meisten Menschen sie hätten es mit Frauen zu tun. Mit der Zeit habe ich diese Vorstellung miteingeschlossen. Ich denke, mittlerweile sind es vielleicht sogar Frauen geworden. Eigentlich dachte ich wenig über Gender nach, das kam erst nach und nach. Ich male diese Welten, die eine Art Utopie in meiner Vorstellung sind. Für mich ist das ein Ort, an dem alles all-inclusive ist, an dem jeder sein Äußerliches gehen lassen und einfach vollkommen entspannt mit den anderen abhängen kann.

gallerytalk.net: Daher das stets wiederkehrende Motiv der Nacktheit?
Laura Berger: Genau, wie gesagt, war das nicht meine ursprüngliche Intention. Ich malte meine Figuren ohne Kleider, zunächst mit dem Gedanken ausführliche Details zu minimieren, um den Fokus auf Form und Farbe zu lenken. Aber ich denke das Konzept der Nacktheit ist verknüpft mit den meisten Themen, mit denen ich arbeite. Es wurde eine Art Symbol für ganzheitlichen Komfort und Freiheit für mich. Zudem wollte ich die Idee hervorheben die Figuren stärker mit einem ursprünglich, natürlichen Umfeld zu verbinden.

gallerytalk.net: In verschiedenen Arbeiten arrangierst du deine Protagonisten zu großen Mustern, geometrischen Kompositionen und Ornamenten. Auf den zweiten Blick erkennt man die Individuen, als erstes sind sie jedoch alle Stücke eines großen Puzzles. Wie kommt das?
Laura Berger: Ich denke diese Beschreibung trifft es ganz gut. Sie alle finden ihre eigene Form innerhalb eines großen Ganzen und wirken zusammen, damit dieses große Ganze erst entsteht. Ich mag sowohl den visuellen Effekt, der entsteht als auch den Prozess der hinter der Entstehung eines solchen Bildes liegt.

Laura Berger: togetherness

Laura Berger: togetherness

gallerytalk.net: Neben der Malerei arbeitest du häufig mit GIFs. Welche Möglichkeiten bietet dir dieses kurze Bewegtbildformat im Vergleich zu anderen Medien?
Laura Berger: Ich hatte gemalt und gezeichnet und mir überlegt, wie sich meine Figuren wohl bewegen würden und wie die Fortführung der eben gemalten Szene wohl aussähe. Also wollte ich ausprobieren, ob ich sie in Bewegung bringen könnte. Es ist auf eine bestimmte Art und Weise belohnend, als würde man in 3D arbeiten. Es lässt die Dinge spannend bleiben, das macht mir Spaß daran.

gallerytalk.net: Deine GIFs sind eine Art Stimmungsbilder, die man perfekt auf den Pinnwänden und Newsfeeds der Sozialen Netzwerke teilen kann. Deine Kunst wird dadurch Teil eines Phänomens des steten und kostenlosen Teilens von Kunstwerken in den „neuen“ Medien. Wie stehst du dazu?
Laura Berger: Ich denke es ist sowohl großartig als auch frustrierend. Großartig, weil es uns erlaubt unsere Arbeiten mit so viele Menschen zu teilen und ein so unglaublich großes Publikum zu erreichen, was zuvor niemals möglich war. Ich habe dadurch wundervolle Bekanntschaften gemacht, sowohl beruflich wie privat. Gleichzeitig ist es wirklich frustrierend, wenn Leute deine Arbeit teilen ohne auf die Autorschaft hinzuweisen. Zudem denke ich, wir sind alle so übersaturiert von Bildern, Ideen und Dingen, die tagtäglich auf uns einprasseln, dass das Bild an sich eine kürzere Lebensdauer hat. Das kann einem als Künstler das Gefühl geben, dass man konstant neues Material produzieren muss.

gallerytalk.net: Du arbeitest in verschiedensten Disziplinen und befindest dich in einem Stadium zwischen Künstlerin und Designerin. Denkst du heutzutage ist es für Künstler notwendig, sich so breit wie möglich aufzustellen, um erfolgreich zu sein?
Laura Berger: Ich denke, das hat viel mit meiner generellen Philosophie zu tun. Offen und flexibel zu sein, halte ich für notwendig, um eine erfülltes Leben zu führen. Auf der professionellen Ebene finde ich es sehr spannend die Optionen zu haben, verschiedene Wege und Möglichkeiten zu nutzen. Ich langweile mich, wenn ich zum Beispiel nur male. Ich beginne Arbeiten zu animieren und merke, dass es wieder Spaß macht, ich erhole mich von dem Vakuum, in dem ich mich zuvor befinde. Und im besten Fall erfrischen und inspirieren die Animationen erneut meine Malereien, wenn ich zu ihnen zurückkehre.

Laura Berger: personal mountains

Laura Berger: personal mountains

gallerytalk.net: Deine Motive sind auf der einen Seite sehr nah an unserer Lebenswelt, auf der anderen Seite stellen sie stets einen exotischen Drang, ein gewisses Fernweh dar. Ist das ein Thema, das dich in deinen Arbeiten beschäftigt?
Laura Berger: Absolut. Ich persönlich empfinde ständig ein inniges Fernweh und liebe es zu reisen. Zudem fokussiere ich mich auf die Idee einer Verbindung, die nicht an Raum, Zeit, Gender, etc. gebunden ist. Ich stelle mir vor, wie es wäre, alle sozialen Konstrukte und erbauten Fassaden fallen zu lassen.

Laura Bergers GIFs sowie die anderen Arbeiten findet ihr auf ihrer Website,  Instagram und Facebook