Japan ist ein greller Ort
Hubertus Hess, Thomas May und Ludwig Hanisch in der KREIS Galerie

30. Januar 2018 • Text von

Comic-Buddhas, Graskugeln und Powerblocks: Drei fränkische Künstler loten in ihrer aktuellen Ausstellung ihr ganz persönliches Verhältnis zur fernöstlichen Pop-Kultur aus.

Hubertus Hess – Großer Fächer, 2018 und o. T., 2009 © the artist, Foto: Thomas May

Tokyo ist eine postmoderne Stadt. Das ist eine der grundlegenden Erkenntnisse, wenn man als vermeintlicher Japan-Kenner durch eine Laune des Schicksals irgendwann zum Japan-Touristen wird und von dem pulsierenden, collagenhaft zersplitterten Stadtgefüge förmlich verschluckt wird. Japan ist ein ästhetisches Wunderland, das die teilweise übermenschliche Perfektion der traditionellen Kultur und die feinen Zwischentöne einer vollendeten Schönheit mit den neonfarbenen Frisuren und den blinkenden Robotern des 21. Jahrhunderts verschmilzt; zwei Welten prallen still aufeinander um fortan friedlich zu koexistieren. Die KREIS Galerie hat sich dieser kulturellen Reibungspunkte mit drei eigenständigen, künstlerischen Positionen angenommen.

Hubertus Hess – Im Dialog mit Hokusai, 2010 © the artist

Sensible Bildcollagen bilden die Grundlage der Arbeiten von Hubertus Hess. Versatzstücke aus japanischen Comics werden auf subtile Art in die traditionellen Holzschnitte von Hokusai eingefügt, resultierend in großformatigen Bildern als auch in einem bedruckten Fächer. Gerade das Fehlen eines offensichtlichen ästhetischen Bruchs innerhalb der Collage macht die Objekte so stark: der Betrachter wird nicht durch einen wechselnden Stil von den schelmischen Szenerien abgelenkt, die durch die Abwandlung der klassischen Erzählungen passieren. Wenn die grinsende Mangakatze nun plötzlich den Platz der Shinto-Gottheit als Schreinfigur einnimmt, kann der Besucher die Exotik eines komplexen, spirituellen Rituals spüren, das hier fast unmerklich ins Absurde kippt.

Thomas May – Natur-Intervention Glowing Stick, 2018 © the artist

Von hoher Feinfühligkeit präsentieren sich daneben die Naturinstallationen von Thomas May: dämmerige Waldwege und üppige, unbewirtschaftete Lichtungen sind das genuine Betätigungsfeld des Installationskünstlers. Hier gebiert er eine zweite Natur, schwebende Grasballen und neonfarbene Details werden in die Szenerie eingehegt, die Natur wird transformiert und der Realität enthoben, ein urtümliches Gegenüber von Natur und Artefakt, von Mensch und Gewächs wird spürbar. Die Interventionen, wunderschön einerseits, von archaischer Brutalität andererseits, sind als Fotografien und auch als in-situ Installation in der Ausstellung erlebbar.

Thomas May – Paravent zum MOss Grass Ball, 2018 und Moss Grass Ball © the artist

Fernweh und Flüchtigkeit, das sind zwei der künstlerischen Themen von Ludwig Hanisch, dem die malerische Position der Ausstellung zufällt. Die Bilder sind analoge Versatzstücke digitaler Bilder. Reminiszenzen an eine Zeit, in der Nintendo gerade seine Videospiele auf den Markt brachte.

Ludwig Hanisch – Floyd (Tanuki), 2016 und Wanderlust, 2018 © the artist, Foto: Thomas May

Spiele wie Super Mario, ein kleiner italienischer Klempner, der mit seinem Bruder die Mission antritt, Prinzessinnen von bösartigen Schildkröten zu retten. Diese Kindheitserinnerungen einer ganzen Generation schwingen in den Bildkonstruktionen wie ein vertrauter Generalbass mit, nur ein flüchtiges Gefühl und doch ein wärmender Hauch.

Ludwig Hanisch – SuperBlock © the artist, Foto: Thomas May

Die drei Positionen fügen sich spielerisch zusammen zu einer präzisen Reflexion über das zeitgenössische Japan, ein grelles, widersprüchliches Konglomerat verschiedenster Welten, ein Nebeneinander von Natur, Comic, Videospiel und buddhistischem Tempel, ein Ort mit allen Brüchen und Widersprüchen dieses so weit entfernten Landes.

WANN: Die Ausstellung „JAPAN“ läuft noch bis zum Sonntag, den 25. Februar. Am 18. Februar findet ab 15 Uhr eine Grünteeverkostung statt.
WO: In der KREIS Galerie, Kartäusergasse 14, gegenüber vom Germanischen Nationalmuseum.

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