I miss my pre-internet brain
Postdigital 1 und 2

16. November 2016 • Text von

Seit mehr als 40 Jahren widmet sich die Zeitschrift Kunstforum International den Strömungen und Entwicklungen der zeitgenössischen Kunst. In neuem graphischen Gewand widmen sich aktuell zwei Bände dem Einfluss des Digitalen auf die Kunst und die Gesellschaft.

Witte de With Art Centre, Rotterdam, The Netherlands. September 2015

Douglas Coupland: The Living Internet, 2015; Slogans for the Twenty-First Century, 2011-ongoing, Bild: Cassander Eeftinck-Schattenkerk, Witte de With Center for Contemporary Art, 2015.

„I miss my pre-internet brain“ ist eine Arbeit des Künstler und Autors Douglas Coupland benannt, die gerade in der Villa Stuck in München zu sehen ist. Und dieser wohl nur halb-ironische Aphorismus bringt eine gewisse unbehagliche Haltung gegenüber dem Digitalen auf den Punkt. Die digitale Technik, deren Inhalte, Kanäle und Geräte, sind allgegenwärtig und nicht mehr negierbar. Sie haben einen direkten und nicht zu unterschätzenden Einfluss auf uns als Individuen, auf die Gesellschaft, die Wirtschaft und natürlich auch auf die Kunst.

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Oliver Laric: Lincoln 3D Scans, The Prodigal Son, Venus Chiding Cupid, Medieval Font, seit 2012.

Die Zeitschrift Kunstforum International wendet sich nun unter dem Titel „Postdigital“ diesem Phänomen und dessen möglichen Auswirkungen zu. Kritik und Analyse, Vermittlung und Kommentar. Seit über 40 Jahren behandelt die Zeitschrift Kunstforum International Themen der aktuellen Kunst. Dabei will sie anspruchsvoll und nachhaltig sein und sich auf eine Dokumentation des zeitgenössischen Geschehens spezialisieren. Kunstforum International ist in der Form ein Hybrid: es ist nicht ganz Magazin und nicht ganz Buch. Einen thematischen Schwerpunkt bilden tiefe Analyse zu aktuellen Themen, Medien oder Regionen. Kunst wird dabei durch ein thematisches Prisma betrachtet und in unterschiedliche Kontexte, Gesellschaft, Literatur, Wissenschaft oder Technik, gebettet.

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Katja Novitskova: Post Internet Survival Guide, 2010.

Der neu gestaltete Doppelband widmet sich nun ausführlich dem Thema des Digitalen und dessen Auswirkungen für die Kunst. In Editorials, Analysen, Interviews und Kommentaren wird versucht, Begriffe näher zu bestimmen, Abgrenzungen zu schaffen und Kontexte zu erkennen. Post-Internet, Postdigital, Post-Media und Neue Medien, das vermeintlich binäre Denken zwischen Digital und Analog. Die Technik ist allgegenwärtig und gerade deshalb ist eine klare Eingrenzung schwierig. Das Digitale ist in Bewegung, in einer Reihung sich stetig wandelnder Phänomene. Aber die digitalen Technologien sind der zeitgenössischen Kunst inhärent. Auf inhaltlicher, formaler und materieller Ebene haben sie direkte und indirekte Auswirkungen auf die Produktion, Distribution und Rezeption der Kunst. Der Band 1 widmet sich der gleichzeitigen Allgegenwart und Unsichtbarkeit dieses Phänomens, Band 2 wiederum rückt konkrete Erscheinungsformen und die Ausbreitung des Postdigitalen in den Fokus. Ist der vermeintliche Gegensatz zwischen der traditionellen bildenden Kunst und den „Neuen Medien“ in einer Zeit der zunehmenden Durchlässigkeit und Beschleunigung überhaupt noch tragbar?

Die beiden Kunstforum International Bände zum Thema „Postdigital“ versuchen es, unterschiedliche Ansätze und Sichtweisen zu vereinen und leuchten so einen Themenkomplex aus, der schon mit klaren Begriffsbestimmungen hadert. „Postdigital 1 und 2“ bieten eine breite und ausführliche Lektüre zu einem Thema, das den Diskurs wohl noch lange beeinflussen wird.

WANN: Die neu gestalteten Bände Postdigital 1 und 2 sind aktuell erhältlich.
WO: Beim Zeitschriftenhändler ihrer Wahl oder auf www.kunstforum.de.