Geschmack und ganz viel Herzblut
Das Taste Fest der Künste

22. August 2016 • Text von

Das Taste Fest der Künste geht in die zweite Runde. Im Altonaer Kolbenhof stellen Sandra Fröde und ihre Kollegin Nadine Ende August wieder ein besonderes Kunstfest abseits enger Messeboxen und White-Cube-Zwänge auf die Beine. 

Sandra und Nadine sind die Köpfe hinter dem Taste Fest der Künste 2016.

Sandra und Nadine sind die Köpfe hinter dem Taste Fest der Künste 2016.

Künstler aller Genres, Musiker und Foodstände sollen künstlerisches Schaffen ganz nah an den Besucher heranbringen. Wir haben Sandra auf einen Kaffee getroffen und mit ihr über das Taste 2016 gesprochen.

gallerytalk.net: Erzähl uns doch zu Beginn einmal, wie das Konzept von Taste entstanden ist, und wie ihr euch von anderen Hamburger Gruppenausstellungen und Messen abhebt.
Sandra: Wir haben damals, als wir uns gegründet haben, erst einmal überlegt, was macht uns Spaß? Bei mir ist es vor allem das Gastgeben. Ich mag es gerne, viele Leute zusammenzubringen, am liebsten kreative Menschen aus verschiedenen Bereichen. Was mir gefehlt hat, war etwas Genreübergreifendes: keine reine Musikveranstaltung, keine klassische Ausstellung. Ich habe hier mit einer Redaktion und mit Start-ups zusammengearbeitet und mir ist aufgefallen, wie viele junge, kreative Menschen in Hamburg mit so viel Liebe das tun, was sie tun. Dem allen könnte man doch eine Fläche bieten, wo alle zusammen etwas schaffen. Das war damals unser Grundgedanke und dann haben wir gedacht, Wie nennen wir das? Wir haben lange über unsere Auffassung von Kunst diskutiert und sind zu der Einsicht gekommen, dass es letztendlich Geschmackssache ist und wir unterschiedliche Meinungen dazu haben. Also haben wir das Ganze Taste genannt – und ein Fest, weil es eben ein Fest werden sollte. Wir hatten nicht vor, damit in Konkurrenz zu irgendjemanden zu treten oder uns bewusst abzuheben.

gallerytalk.net: Ihr verkauft aber schon? Handelt es sich bei Taste um ein Messekonzept oder nur um eine nichtkommerzielle Ausstellungsfläche?
Sandra: Ich finde, wenn man Messe sagt, klingt das ein bisschen klinisch und steril. Sehr distanziert auch zu den Besuchern. Ich würde es daher eher als Ausstellung deklarieren. Unsere Künstler dürfen ihre Arbeiten aber verkaufen und wir freuen uns auch, wenn sie das tun. Ich würde es also eher als Kunstspielplatz slash Ausstellung bezeichnen.

Eindrücke vom Taste Fest der Künste 2015.

Eindrücke vom Taste Fest der Künste 2015.

gallerytalk.net: Gibt es beim diesjährigen Taste Unterschiede dazu, wie ihr das Festival letztes Jahr umgesetzt habt? Inwiefern könnt ihr auf die Erfahrungen der ersten Ausgabe zurückgreifen?
Sandra: Das ist schon einmal etwas ganz anderes. Man muss das Projekt in den Köpfen der Leute nicht mehr erzeugen, indem man ganz viel beschreibt und sagt “Stell dir das vor”, sondern wir können auf Fakten zurückgreifen, auf Bilder und viele Materialien. Inhaltlich sind wir unserem Konzept treu geblieben und verändern uns nicht groß. Wir werden jedoch mehr Künstler dabei haben und haben auch mehr Bands, die spielen werden.

gallerytalk.net: Der Kolbenhof war ja bereits im vergangenen Jahr euer Veranstaltungsort. Wie seid ihr darauf gekommen?
Sandra: Wir haben ganz naiv angefangen, in Hamburg nach Flächen zu gucken. Wir haben gleich an Fabrikgelände gedacht, weil es nicht zu unserem Konzept passen würde, einen sterilen großen weißen Raum zu mieten. Erst haben wir uns die Halle 4 im Oberhafengelände angeschaut, hatten dort aber Schwierigkeiten, weil es keinen Strom gab und die Lage für uns etwas schwierig war. Auf den Kolbenhof sind wir eher zufällig gestoßen, auch weil wir beide auch in Altona arbeiten. Der Kolbenhof hat den Vorteil, dass es sich zwar um ein Fabrikgelände handelt, aber nicht um einen leeren, riesigen Raum. Es ist trotzdem unterteilt, sodass man Wege nicht unbedingt selbst schaffen muss, sondern sie bereits gegeben sind. Der Kolbenhof strahlt durch seine Backsteinwände außerdem bereits viel Wärme aus. Diese Wände lassen wir tatsächlich so. Das ist schwierig, aber wir wollen auch mit dem Raum spielen und möchten, dass die Künstler Ideen einbringen, wie sie mit dem Raum umgehen können. Wir finden es auch schön, dass viel Charakter aus dem Raum mitreinkommt, das gehört bei uns irgendwie mit dazu.

Eingangsbereich vom Taste Fest der Künste 2015.

Eingangsbereich vom Taste Fest der Künste 2015.

gallerytalk.net: Schaffen die Künstler ihre Arbeiten für das Taste denn schon mit dem Raum im Hinterkopf? Oder bringen sie bereits bestehende Arbeiten mit, weil sie denken: “Das sind meine besten Werke und die will ich jetzt hier präsentieren”?
Sandra: Das ist eine gute Frage. Viele Künstler stellen ihre bereits bestehenden Arbeiten aus. Andere haben vor, eine spezielle Reihe oder eine spezielle Produktion fürs Taste anzufertigen. Was viele Künstler auch machen, ist im Kolbenhof live zu arbeiten. Wir haben zum Beispiel eine Schmuckkünstlerin, die vor Ort Schmuck anfertigen wird. Stefan Kuhnigk von den Coffeemonsters wird das größte Coffeemonster, das bisher existierte, erschaffen. Außerdem machen wir eine Installation-Performance mit der Hamburger Band The Mars King Tapes, die von uns einen Installationsraum bekommt, für den sie ein eigenes Konzept entwickelt haben. Darin wollen sie eine eigene kleine Welt schaffen – aber da will ich noch nicht zu viel verraten. Viele Künstler müssen auch gucken, wie sie mit den Räumen des Kolbenhofs umgehen, weil viele Arbeiten dort auch gar nicht funktionieren. Bei der Künstlerbegehung, als wir uns die Räume zusammen angeschaut haben, hat man aber in den Köpfen vieler Künstler gesehen: “Ah, ja, dann könnte ich auch noch das machen!”

gallerytalk.net: Und zum Abschluss wollen wir es genau wissen. Hast du aus eurem Line-up noch ein paar Geheimtipps oder besondere Favoriten für uns?
Sandra: Was ich sehr schön finde ist Fla&Zsa, die fertigen Leggings an. Sie arbeiten als ein Duo aus Näherin und Fotografin – und dann werden ihre Street Art Arbeiten auf diese Leggings gedruckt. Das bringt die Kunst direkt an den Körper. Außerden freue ich mich sehr auf den Installationsraum mit The Mars King Tapes, gerade weil wir das wenig kommuniziert haben und das eine größere Überraschung wird. Ich bin selbst auch gespannt, wie das umgesetzt wird, Ich freue mich auch sehr auf die tollen Bands, die wir dabei haben – von Singer-Songwritern über die Balkan-Richtung bis zu schwedischen und dänischen Musikern. Und ich freue mich, dass wir mit Menschen und Künstlern zusammenarbeiten, mit denen wir uns auch gut verstehen. Ich bin natürlich auch gespannt, was auf den Flächen passiert, was gestaltet und kreiert wird – aber worauf ich mich als Veranstalterin am meisten freue: Wenn man am Samstagabend zusammensitzt, alle trinken Bier – und in meiner Vorstellung verknüpfen sich die Leute dann. Wir wollen ja auch eine Plattform bieten, dass die Künstler sich untereinander vernetzen und möglicherweise neue Projekte zusammen starten. Das war im letzten Jahr das schönste Gefühl und hat mich am meisten berührt. Denn so etwas kannst du nicht forcieren. Du kannst die Leute nicht an die Hand nehmen und sagen “So, ihr habt euch jetzt lieb.” Aber im letzten Jahr wollten die Leute einfach nicht gehen. Die waren zehn Stunden da und haben gearbeitet und dann wollten sie nicht gehen, sondern haben noch geschnackt und Bier getrunken. Das war für mich sehr rührend und ein sehr schöner Moment.

WANN: Das Taste Fest der Künste 2016 findet am Wochenende des 27. und 28. August statt. Tagestickets bekommt ihr für 6 Euro, ermäßigte sogar für 5 Euro.
WO: Das Ganze geht im Kolbenhof an der Friedensallle 128 über die Bühne, am besten dorthin kommt ihr von der S-Bahnstation Bahrenfeld.

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