Fragil und intim
Die paper positions munich

18. Oktober 2018 • Text von

Papier ist geduldig, sagt man. Papier ist aber auch ein feiner, delikater und vielseitiger Bildträger. Die paper positions munich widmet sich exklusiv dem Medium. Der Direktor der Messe Heinrich Carstens gibt einen Einblick in das Konzept.

Hildegard Elma: o.T. (9.2.16), Aquarell auf Papier 200 x 150 cm, (c)Foto Ben Hermanni, Courtesy Galerie Judith Andreae.

Nach Berlin und Basel ist nun auch München zum zweiten Mal Standort für die paper positions. Im Sinne des Konzepts, das auf klassische Stände verzichtet, wird den Galerien und ihren Künstlern eine Präsentationsmöglichkeit geboten, die dem Medium Papier mit all seinen Besonderheiten, seiner Zerbrechlichkeit und seiner enormen Vielseitigkeit gerecht wird.

gallerytalk.net: Nach Berlin und Basel findet jetzt schon zum zweiten Mal die Paper Positions in München statt. Ist die Messe gut in München angekommen?
Heinrich Carstens: Die Paper Positions ist super in München angekommen. Wir haben 2016 in Berlin angefangen, zunächst mit einer Gruppenausstellung, wollten aber schnell internationaler werden. 2016 waren es zunächst nur Galerien aus Berlin, aus deren Lagerbeständen wir Papierarbeiten zusammengesucht haben. Aber es gab von Anfang an die Idee, ein Messeformat daraus zu entwickeln. Wir wollten unser Projekt breit aufstellen, nicht nur Zeichnungen, sondern auch Installationen und Objekte mit Papierbezug präsentieren. Wir haben dann 2017 mit dem Messeformat in Berlin angefangen und dort war die Erfahrung, dass viele der Käufer aus München kamen. Das hat uns dann auf die Idee gebracht, auch hier in der Stadt präsent zu sein. Dann sparen sich die Besucher die Reisekosten und können sich für das Geld lieber Kunst kaufen. Zumal es in München auch eine Interessante Galerieszene gibt, es gibt viel Geld, gute Sammlungen und gute Institutionen, ein gutes Umfeld. Und es gibt keine vergleichbare Messe in München.

Antje Zeiher, 2017-2018, Acryl auf Kork, 50 x 40 cm, Galerie Francoise Heitsch.

Sie haben also eine Lücke gefunden und besetzt?
Wir haben erst nicht verstanden, warum es nichts in dieser Richtung gibt. Es wurde wohl öfter ausprobiert aber es ist immer gescheitert. Wir dachten auch erst, hoffentlich machen wir nicht etwas Falsches, vielleicht lauern Probleme, von denen wir nichts wissen. Aber im letzten Jahr ist es wirklich wunderbar gelaufen. Wir hatten großartige Besucherzahlen, tolle Verkäufe und die allermeisten Aussteller waren sehr zufrieden. Solange wir es schaffen, Geld auf die Messe zu bringen, sind wir zufrieden. Wie sich das Geld auf der Messe verteilt kann man leider nur begrenzt beeinflussen.

paper positions Direktor Heinrich Carstens.

Das Konzept basiert auf der Idee einer Ausstellung. Ist diese Idee noch Teil der DNS der Messe?
Das war eine der Erfahrungen, die wir aus der ersten Ausstellung mitgenommen haben. Wir haben gemerkt, dass die Besucher und Sammler es sehr schätzen, dass man sich auf der Messe wie durch eine Ausstellung bewegt. Das gibt uns auch die Möglichkeit, kuratorisch einzugreifen und es so für die Besucher interessant zu machen. Wir können unterschiedliche Positionen nebeneinander und gegenüber voneinander präsentieren. Es werden ja auch nicht nur zeitgenössische Arbeiten präsentiert, es gibt eine größere zeitliche Bandbreite. Bei allen Ausgaben gab es Kunst aus unterschiedlichen Epochen, beginnend mit Werken aus dem 17. und 18. Jahrhundert, über die klassische Moderne bis hin zu ganz aktuellen Arbeiten. Wir sind organisatorisch natürlich ganz klar eine Messe aber es fühlt sich für die Besucher nicht unbedingt so an. Es gibt nicht diese Schwellenangst beim Betreten einer Messekoje, man kommt leichter ins Gespräch. Das kommt auch dem Medium Papier entgegen. Bei kleineren Formaten muss man nahe herantreten, das Material ist fragil, eine intime Situation.

Wie suchen Sie die Aussteller für die Messe aus?
Wie bei jeder klassischen Messe für Galerien kann man sich bei uns bewerben. Wir haben in der Regel mehr Bewerber als Platz. Wir suchen dann aber kaum nach den Namen der Galerien aus, sondern balancieren inhaltlich, auch um ein ausgewogenes Programm zu haben. Nicht nur Kollagen oder nur Zeichnungen. Das gibt uns die Möglichkeit, das komplette Spektrum des Mediums Papier, sowohl materiell als auch zeitlich, abzubilden. Manchmal ist es auch so, dass sich eine Galerie mit Arbeiten bewirbt, die wir nicht so spannend finden, aber im Programm der Galerie finden wir Künstler oder deren Nachlässe, die wir sehr interessant finden. Das schlagen wir dann den Galerien vor. Eine der Säulen, auf die wir uns stützen, sind Karrieren von Künstlern, die zwischen den 1960er und den 1970er Jahren stattgefunden haben und dann durch das grobe Raster des Kunstmarkts gefallen sind. Warum auch immer. Man kennt sie heute kaum noch, obwohl sie eine unglaubliche Ausstellungs-Vita haben.

 

Arno Beck: Delete History, Schreibmaschinenzeichnung auf Japanpapier, Courtesy Galerie Falko Alexander

Haben Sie für dieses Jahr einen persönlichen Favoriten?
Das ist immer ganz schwer. Ich habe schon zwei, drei Favoriten. Da freut man sich natürlich drauf. Aber eigentlich haben alle Galerien mindesten eine Position dabei, die spannend ist. Die Galerie Falko Alexander aus Köln zum Beispiel bringt einen jungen Künstler mit, Arno Beck. Er macht Schreibmaschinen-Bilder, das ist wirklich ungewöhnlich und besonders. Die Galerie Marek Kralewski aus Freiburg zeigt Arbeiten aus den 1980er Jahren von René Acht. Das ist ein Künstler, der an der documenta teilgenommen hat, und den man heute kaum mehr kennt. Solche Positionen gibt es viele.

Marianne Schliwinski: Frauen Objekt, 2018_Papiermaché, farbe, lack, collage 88 x 78 x 47cm Courtesy Galerie Spektrum.

Die Paper Positions ist ja die „kleine Schwester“ der Postions Messe in Berlin. Gibt es Pläne für eine Positions München?
Wir sind flexibel und neugierig. Natürlich würde uns München als Standort für eine Messe für zeitgenössische Kunst sehr, sehr interessieren. Das hängt natürlich davon ab, ob man eine spannende Location findet. Wir hatten dabei eigentlich bis jetzt ein gutes Händchen, ungewöhnliche Orte zu finden. Aber das Problem, nicht nur von München, auch von Berlin und anderen Großstädten, ist natürlich, dass man im Stadtzentrum kaum noch Räume findet, die groß genug für eine solche Veranstaltung sind. Aber München ist nicht ausgeschlossen.

WANN: Die Messe ist bis Sonntag, den 21. Oktober geöffnet.
WO: paper positions munich, Alte Bayerische Staatsbank, Kardinal-Faulhaber-Straße 180333 München

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