Upgrade für die Landschaftsmalerei
Hell Gette in der Galerie Karl Pfefferle

15. Februar 2019 • Text von

Landschaftsmalerei klingt erst einmal nicht besonders aufregend. Es ist ein Genre, mit dem wir Alte Meister und vergangene Epochen verbinden – nicht unbedingt die Werke einer jungen, zeitgenössischen Künstlerin. Doch Hell Gette schafft es, das verstaubte Sujet wieder topaktuell werden zu lassen. Wie? Ganz einfach. Mit Emojis und Photoshop. Die Künstlerin bedient sich der digitalen Formensprache des 21. Jahrhunderts und kreiert damit Werke zum schmunzeln.

Installationsansicht © Hell Gette und Galerie Karl Pfefferle, Fotocopyright: Peter Langenhahn

Ihr tiefrotes Haar weht im Wind, ihr Fischschwanz biegt sich leicht nach rechts und mit einem Lächeln schwebt sie über einer weißen Muschel. Wer sie ist? Wir alle kennen sie. Normalerweise ist sie zwischen einem Vampir und einer schwangeren Frau in unserem Iphone zu finden – neben den anderen Emojis. Nun ist die Meerjungfrau der Mittelpunkt in Hell Gettes Gemälde “#venus3.0” und ist bis zum 9. März in ihrer Einzelausstellung “#Landschaft 3.0” in der Karl-Pfefferle Galerie zu sehen. Zusammen mit dieser Hommage an die Renaissance sind weitere Gemälde, Aquarelle und Keramiken der jungen Münchner Künstlerin zu entdecken.

Hell Gette, #Venus3.0, mirage-print and oil on canvas, 150 x 120, 2k18 © Hell Gette

In Gettes Bildern tummeln sich unterschiedlichste Emojis, die wir sonst nur aus unseren Chatnachrichten kennen. Ebenfalls merkwürdig vertraut scheint uns die Landschaft. Mit knalligen Farben, leicht versetzten Schatten und scheinbar schlecht ausgeschnittenen Rändern wirkt die Bildkomposition wie eine am Computer arrangierte Collage aus den 90ern. In den meisten Bildern sind sogar die gestrichelten Linien eines Ausschneide-Tools zu erkennen. Gette bedient sich bewusst dieser Photoshop-Ästhetik, die  während ihres Arbeitsprozesses entsteht. Hierbei kombiniert die Künstlerin digitale Funde, Zeichnungen, experimentelle Drucke oder grafische Gestaltungen zu einer Komposition und überträgt sie in ihre traditionellen Ölgemälden.

Ebenso sind Gettes Keramiken zu verstehen. Sie behandeln dieselben Bildthemen wie die Malerei und finden sich im Ausstellungsraum jeweils vor dem zu ihnen passenden Gemälden. Humorvoll spielt die Künstlerin mit dem Gegensatz von analog und digital. Pastos heben sich die Emojis von der ansonsten flachen, farbintensiven Landschaft ab. Die kleinen Zeichen wirken durch die dick aufgetragenen Farbschichten fast schon greifbar auf die Betrachtenden. In einigen Fällen sind die Figuren angeschnitten, befinden sich nur teilweise auf der Leinwand und scheinen uns entgegen zu laufen. Spielerisch treffen die zweidimensionalen Inhalte auf traditionelle Medien des Kunsthandwerkes: Malerei und Skulptur. Noch deutlicher wird diese Transformation der digitalen Bildsprache in ein analoges Medium in Gettes Keramiken sichtbar. Hier werden die Emojis wortwörtlich fassbar.

Installationsansicht © Hell Gette und Galerie Karl Pfefferle, Fotocopyright: Peter Langenhahn

“Landscape 3.0” ist eine neue Version der Landschaft, eine Kombination aus der klassischen Natur, mit Bergen und Tälern, und den digitalen, unendlichen Weiten des Internets. In ihren Bildern ist stets beides zu finden. Die besonders aufmerksamen Betrachtenden werden zudem feststellen, dass Gette in ihren Gemälden eine fortlaufende Geschichte erzählt. Angelehnt an die Welt der Videospiele, ist in jedem ihrer Bilder ein Motiv des vorherigen zu finden. Während die kleine Meerjungfrau noch der Bildmittelpunkt in “#venus3.0” ist, spitzelt sie in der Leinwand rechts daneben bereits nur noch hinter einem Berg hervor. Wie auf einer rasanten Fahrt in Mario Kart bewegen sich die Motive beim Durchfahren der Landschaft vom Vorder- in den Hintergrund und werden dabei kleiner – bis sie verschwinden. Ein weiterer, eher unauffälliger Unterschied von Gettes Gemälden zu der klassischen Landschaftsmalerei ist das Format. Traditionelle Landschaftsgemälde sind typischerweise im Querformat, wohingegen sich die Landschaft 3.0 im Hochformat präsentiert. So weist die Leinwand große Ähnlichkeit mit den Bildschirmen unserer alltäglichen Begleitern – den Handys – auf und wird durch unsere Schnappschüsse erneut digitalisiert.

WANN: Die Ausstellung ist noch bis zum 9. März zu sehen.
WO: Galerie Karl Pfefferle, Reichenbachstraße 47-49, Rückgebäude, 80469 München.

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