Die Welt zwischen den Dingen
Hakimi, Hojenski und Liedel im zumikon

11. Mai 2017 • Text von

Flucht aus Raum und Zeit: in der Doppelausstellung von Michael Hakimi einerseits und Alexandra Hojenski und Julia Liedel andererseits werden gemeinsam die Begriffe Raum, Vernetzung und Wahrnehmung untersucht.

Blick ins studio des zumikon von Michael Hakimi © Michael Hakimi

Blick ins studio des zumikon von Michael Hakimi © Michael Hakimi

„THEY WANT YOU OR THEY DON’T, SAY YES“ heißt die kleine Werkschau von Michael Hakimi. In einem rechteckigen, langgezogenen Raum im zumikon wurden alle Wände gelb gestrichen und kleinformatige, gerahmte Bleistiftzeichnungen aufgehängt. An einer Stelle ist die Reihe unterbrochen von dem Abzug eines farbigen, abstrakten Stillleben. Drei Zeichnungen beginnen ganz rechts, dann folgt das Stillleben, wieder sieben Zeichnungen; man dreht nach links in die Ecke, drei Zeichnungen, dreht sich erneut, sieht mehrere bodenhohe Fenster, nochmal drei Zeichnungen, dann die Tür. Es sind einerseits städtische und andererseits intime, zwischenmenschliche Szenerien dargestellt, die in einem scharfen, reduzierten Umriss erfasst sind, manchmal sind sie auch im Detail fein ausgearbeitet. Verschiedene Protagonisten begegnen sich in mitunter klaustrophobischen Situationen.

Exponat im studio des zumikon von Michael Hakimi © Michael Hakimi

Exponat im studio des zumikon von Michael Hakimi © Michael Hakimi

Die Wände des Raums sind so intensiv gelb, dass sie nahezu die Bilder überstrahlen, die sanften dünnen Bleistiftstriche wirken verletzlich, der Rhythmus der Objekte und das Raumerlebnis geben den Takt vor. Und da passiert es, man rutscht ab von diesem teflonartigen Begriff „Zeichnungsausstellung“ in eine Zwischenwelt, die keinen Namen hat, die einem Begriffe wie Licht, Farbe, Dominanz, Stille, Vernetzung und Raum entgegenruft, die gewohnte Aufteilung von Hintergrund und Ausstelungsstück verwischt sich.

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Oberste Ebene der lounge im zumikon © Alexandra Hojenski und Julia Liedel

Wandern wir nun in die lounge des zumikon, wo die zweite Ausstellung „GIVE A LEG“ von Alexandra Hojenski und Julia Liedel präsentiert wird. Auf zwei Geschossen Treppenhaus mit Zwischenpodest, also auf drei Ebenen wurde eine vielschichtige Rauminstallation verwirklicht. Oben liegt eine mit Sand bestreute Matratze, in deren Oberfläche archaische Linien eingemalt sind. Eine Luke mit Knotenseil nach unten leitet in die anderen Geschosse über; in der Mitte finden sich hängende Objekte, Sand, Farbe und Holz. Unten betritt man eine dunkle Höhle mit Lampen und Stahlobjekten, und einer Geräuschkulisse mit Schreien und Geklimper und Brummen. Sandhaufen, Farbschlieren, ein Seil im dunklen Schacht vor dem Fenster. Zur Eröffnung wurde eine Performance aufgeführt, was nichts Ungewöhnliches ist bei solchen künstlerischen Grenzgängen. Yoko Ono schrie schließlich auch mal eine halbe Stunde lang in ihr Mikro, als sie ihre Ausstellung im MoMA eröffnete. Die Vernetzung der Ebenen ist spannend und die Substanz des Raums ist wirklich körperlich greifbar, es wurde ein Ort mit starker Atmosphäre geschaffen. Wie Relikte einer vergangenen Handlung liegen die verschiedenen Teile vor dem Besucher. Und genau das ist es, was an dem Ort so eindrucksvoll ist: der noch spürbare, vollzogene Ritus, die Vorstellbarkeit der vergangenen Handlung, die Spuren der Menschen, die nun fort sind.

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Unterste Ebene der lounge im zumikon © Alexandra Hojenski und Julia Liedel

Beiden Orte stehen in einer subtilen räumlichen Beziehung, den die Ausstellungen in studio und lounge teilen ein gemeinsames Anliegen. Atmosphärischen Analogien sind offensichtlich: Die starke Vernetzung von Material, Farbe, Geräusch, Zeichnung, Licht, Raum, Oberfläche und Konzept verbindet die beiden Werkgruppen neben einer übergeordneten inhaltlichen Ebene, die gerade auch in den Zeichnungen Begriffe wie das Ausbrechen, die Flucht oder die Verweigerung einer Entscheidung thematisieren. Insgesamt sind die beiden Orte von großer emotionaler Dichte, was den Besuch auf alle Fälle lohnenswert macht.

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Unterste Ebene der lounge im zumikon © Alexandra Hojenski und Julia Liedel

WANN: Die Ausstellung läuft bis zum 28. Mai 2017, der Eintritt ist frei.
WO: Im studio und der lounge des zumikon, Großweidenmühlstraße 21, 90419 Nürnberg.

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