Akademiestudenten sagen JA!
Und laden ein zur Jahresausstellung 2017

21. Juli 2017 • Text von

Kann man im Rahmen eines jährlich und unter absolut gleichen Voraussetzungen stattfindenden Events noch irgendetwas komplett anderes und Neues machen, auffallen und die bekannten Regeln brechen? Wir waren neugierig, wie die Klassen der Akademie in Nürnberg dieses Mal mit der immer gleichen Herausforderung, die Jahresausstellung zu gestalten, umgegangen sind.

Ausstellungsansicht, Klasse Stevenson, Foto: Johannes Kersting

Jedes Jahr versuchen die Studierenden in denselben Klassenpavillons ihre Arbeiten auszustellen und immer noch etwas Neues dabei zu lernen und weiterführende Erfahrungen zu sammeln. Eine gar nicht so leichte Aufgabe. Gerade weil eben solche Hochschulausstellungen in institutionellem Rahmen stattfinden und sich dadurch sehr leicht immer gleiche Dynamiken festfahren können. Man will versuchen die Erwartungen der Besucher zu erfüllen und gleichzeitig zu brechen. Oder will man sich überhaupt von der Erwartung der Besucher beeinflussen lassen?

Einen gelungenen Ansatz etwas Neues zu machen sehen wir in den Pavillons der Klasse Stevenson. Die Klasse entschied sich in den Vorbereitungen zur Jahresausstellung eine externe Stimme hinzuzuholen und lud Joel Mu, Direktor von M.I/mi1glissé in Berlin, ein mit den Studenten zusammen ein Konzept zu erarbeiten: Die Ausrichtung des Pavillons wurde umgekehrt, aus Hinten wurde Vorne gemacht. Die Konzentration und Energie der Arbeiten soll sich aus der Akademie heraus richten. Das zeigt sich direkt in der sehr dramatischen Geste eines Mauerdurchbruchs im Hof hinein in eine wilde Grünfläche, die zur Bingstraße zeigt. Es findet eine Art Eroberung neuen Raumes statt, die als Schritt in die Zukunft gedeutet werden könnte oder als sehr bildhaftes Ausbrechen aus dem institutionellen Rahmen.

Pavillon der Klasse Hakimi, Foto: Johanes Kersting

Aus wahrscheinlich ähnlicher Motivation heraus, dann aber vielleicht sogar noch konsequenter, arbeitet die Klasse Hakimi. Die Studierenden nutzen den eigenen Pavillon gar nicht als Ausstellungsfläche, sondern räumen ihren gesamten Pavillon leer und funktionieren die Grünfläche zwischen ihren Klassenräumen und der Aula als Lagerraum um. Dort finden wir alles an Tischen, Schränken, Arbeiten und Equipment, was während des Jahres in der Klasse genutzt wird, verhüllt unter einer großen Plane. Dieser große Lagerhaufen beeindruckt durch seine abstrakte Gestalt und ist uns ein Zeichen des alltäglichen Arbeitens der Studierenden, dessen Spuren traditionsgemäß zur Jahresausstellung versteckt werden. Ihre aktuellen Werke zeigt die Klasse natürlich auch, aber eben nicht in ihren eigenen Räumlichkeiten, sondern direkt gegenüber in der Aula der Akademie. Dort schaffen sie eine verbindende Struktur in Form von bunten, geometrisch geformten Bodenplatten, auf denen die Arbeiten platziert sind und die den Besucher durch die Aula leiten.

Klasse Kühn, Arbeit von Leonora Prugger, Preisträgerin eines Akademiepreises, Foto: Johannes Kersting

In Form einer gemeinsamen Plattform zeigen die Studierenden der Klasse Kühn ihre Malereien. Alle Arbeiten sind auf einheitlichen Holzwänden präsentiert, die rollbar im Raum zu verschieben sind. Ein Hinweis lädt die Besucher dazu ein, die Wände nach eigenen Vorstellungen zu verschieben und so nicht nur Teil der Ausstellung zu werden, sondern diese sogar selbst zu gestalten. Die Anweisung enthält vier Handlungsstufen: push it, look at, talk to, get lost. Nachdem man eine für sich stimmige Komposition gefunden hat, sollen in Betrachtung und im Gespräch mit anderen alle Pläne über Bord geworfen und ein neuer Weg gefunden werden. Jeder im Pavillon darf sich als Kurator verstehen. Eine wunderbar, einladende Idee, die hoffentlich nicht nur als Spielplatz genutzt wird und den Arbeiten genug Aufmerksamkeit lässt.

Ausstellungsansicht Klasse Jan St. Werner, Foto: Johannes Kersting

Ein Gruppenprojekt, das sowohl organisatorisch klassenübergreifend als auch konkret campusverbindend funktioniert, ist das Projekt der Klasse Interaktive Medien des Gastprofessors Jan St. Werner. Bevor man sich dem Pavillon überhaupt nähert, wird man draußen bereits die Konstruktion von Kabelleitungen entdeckt haben, die sich über das gesamte Gelände erstreckt wie provisorische Strommasten. Die Kabel leiten allerdings keinen Strom, sondern transportieren Tonaufnahmen. An allen Enden der Leitungen hängen Mikrofone, die die Geräusche aus allen Ecken der Akademie aufnehmen. Über einen dicken Kabelbund aller dort zusammenlaufender Leitungen läuft der Ton ins Innere des Pavillons. In zwei Räumen werden diese Campusgeräusche nun unterschiedlich verarbeitet. Einmal hören wir ein ungefiltertes Gemisch aller Geräusche über viele verschiedene Lautsprecher, im anderen Raum kann über ein großes Mischpult Einfluss auf das zu Hörende genommen werden. Auch über Radio soll das Ergebnis zu hören sein, nach dem richtigen Sender muss man allerdings selbst suchen. Eine vielschichtige Installation, die durch ihre funktionale Analogheit und Schlichtheit der Präsentation besticht.

WANN: Seid spontan: Die Jahresaustellung läuft noch bis Sonntag, den 23. Juli, und am Samstag ab 19 Uhr findet das legendäre Sommerfest statt. Juhu, kommt!
WO: Die Akademie liegt in der Bingstraße 60, erreichbar über die Tram zum Tiergarten oder den Bus nach Zabo.

Weitere Artikel aus Nürnberg