Big Sister is watching you
Noa Gurs "Feld" in der Nir Altman Galerie

31. Juli 2018 • Text von

Neben öffentlichen Plätzen und dem Internet kann man sich nun auch in der Nir Altman Galerie observieren lassen. Noa Gur beschäftigt sich in ihrer raumgreifenden Installation “Feld” mit verschiedenen Perspektiven des Körpers im kontrollierten, überwachten Raum.

Noa Gur: Feld, 2018, Nir Altman Galerie.

Ein großer, grüner Teppich fließt die Wand hinab und breitet sich über den Boden der Nir Altman Galerie aus. Durch kleinformatige Acrylbilder an der Wand und mehrere, mit Objekten bestückte, weiße Podeste wirkt die Installation “Feld” (2018) von Noa Gur wie der Nachbau eines musealen Ausstellungsraumes – eines schrägen Ausstellungsraumes. Beim Betrachten der ausgestellten Werke kann man schon einmal aus dem Gleichgewicht kommen. Im selben Grad geneigt, hängen und stehen die Bilder und Podeste schief auf dem monochromen Farbfeld. Die unterschiedlichen, kulturell kodierten Objekte sind typischen Museumsstücken nachempfunden. Eine Büste, ein Hammer, zwei Knochen, ein Stück Seife – die Ausstellungsstücke wecken Erinnerungen an den Besuch in einem Naturkundemuseum. Doch spätestens beim Betreten des grünen Teppichs wird klar, dass hierbei nicht die ausgestellten Objekte im Mittelpunkt des Kunstwerkes stehen. Um „Feld“ zu aktivieren, muss man selbst aktiv werden und den grünen Teppich betreten.

Noa Gur: Feld, 2018, Nir Altman Galerie.

Die Betrachtenden finden sich selbst inmitten des „Naturkundemuseums“ wieder, projiziert auf die gegenüberliegenden Wand. Das grüne Farbfeld erinnert nicht nur auf den ersten Blick an die Green-Screens der Filmwelt, es wird zu einem realen Green-Screen. Das an die Wand geworfene Bild zeigt die BesucherInnen in Schräglage und spiegelverkehrt, während die Ausstellungsstücke wiederum korrekt im 90 Grad Winkel zu sehen sind. Durch diese Umkehrung des realen Raumes wirkt das gefilmte Bild falsch und unbehaglich. Die Kamera verfolgt die Gesichter der Besucher, die zwischen den Podesten umherwandern und gibt ihnen das Gefühl beobachtet zu werden. Noa Gur möchte die Betrachtenden in eine ungemütliche Situation bringen. Es steht ein Spannungsfeld zwischen realem Körper und digitalisiertem Raum. Die Überwachung und Wahrnehmung des kontrollierten, als fremd empfundenen Körpers in einem ebenso fremden Raum, ist ein wichtiges Thema in Gurs Arbeit.

Noa Gur: Feld, 2018, Nir Altman Galerie.

Videokameras an öffentlichen Plätzen, durch Cookies gesteuerte Werbung im Internet, staatliche Vorratsdatenspeicherung – permanente Beobachtung und Data-Sharing sind in unserem Alltag fest verankert und gesellschaftlich relevante Themen. Vor allem in Bayern ist die Diskussion bezüglich der Beobachtung und Speicherung privater Daten, sowie Videoüberwachung oder Gesichtserkennung durch bestimmte staatliche Organe gerade sehr aktuell. Die Installation beschäftigt sich mit dieser Thematik und wirft dabei Fragen auf. Wo hört freiwillige Überwachung auf? Neben den staatlichen und behördlichen Überwachungen setzten wir uns täglich den Sozialen Medien aus. Es wird fröhlich gepostet, geshared und geliked. Alltägliche Überwachungspraktiken sind allgegenwärtig. Beobachten und Beobachtet werden.

WANN: Noch zu sehen bis zum 04. August 2018
WO: Nir Altman Galerie, Ringseisstraße 4 Rgb, 80337 München.

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