Berliner Kunstgriff
16.02. - 23.02.2016

16. Februar 2016 • Text von

Alternativprogramm zur Berlinale: Klar, das bewegte Bild hat diese Woche seinen großen Auftritt. Aber manchmal will man doch auch, dass alles mal ganz kurz stehen bleibt, will eintauchen in paradoxe Welten einer Künstlerfigur, in japanische Philosophielandschaften, in schwarz-weiße Schwerkraft …Aber auch für die, die es einfach nicht sein lassen können, haben wir Großes: Kurzfilme des Regisseurs Benjamin Heisenberg.

Beginnen wir mal mit einer Finissage. In der Galerie Patrick Ebensperger nimmt am Donnerstag, den 18. Februar, Benjamin Heisenbergs Ausstellung „Ausradiert“ sein Ende, und die will man nicht verpasst haben! Der preisgekrönte deutsche Regisseur von Filmdramen wie „Schläfer“ oder „Der Räuber“ beweist sich in seinen ausgestellten Bild- und Toncollagen als bildender Künstler. Ausradiert wird beispielsweise das Flugzeug, von dem Cary Grant in Alfred Hitchcocks „Der unsichtbare Dritte“ beschossen wird. Übrig bleibt der Ausschnitt eines hektischen Fluchtaktes, dessen Anreiz verschwunden ist, und der dadurch bis ins Komische verzerrt wird. So entfremdet Heisenberg alte Produktionen und entblößt spielerisch die Täuschungsmechanismen des großen Kinos. Einen kleinen Vorgeschmack dazu bekommt ihr hier. Als Grande Finale wird am Donnerstag anlässlich der Berlinale zusätzlich eine Auswahl Heisenbergs älterer Kurzfilme gescreent, zwei Fliegen mit einer Klappe also!

WANN: Finissage und Video Retrospektive finden am 18. Februar 2016 ab 19:30 statt.
WO: Galerie Patrick Ebensperger, Plantagenstraße 30, 13347 Berlin. Auf dem Facebook Event findet ihr die nötigen Infos.

Benjamin Heisenberg, Der unsichtbare Dritte, 2015, Courtesy Galerie Patrick Ebensperger.

Benjamin Heisenberg, Der unsichtbare Dritte, 2015, Courtesy Galerie Patrick Ebensperger.

Eine gleichermaßen spannende Alternative für Donnerstag bietet die Galerie Barbara Thumm, in der seit Ende Januar Anna Oppermanns Ensemble „Paradoxe Intentionen (Das Blaue vom Himmel herunterlügen)“ zu sehen ist. Oppermanns berühmte, überbordende Raumcollagen machen aus Hunderten von Stücken ein Gesamtwerk (oder umgekehrt) und bilden somit bereits eine eigene, innere Form der Ausstellung. Doch fehlt deren Endgültigkeit, denn das Ensemble scheint als stetig wachsender Mikrokosmos unendlich zu sein. Diese Prozesshaftigkeit wird in der Galerie Barbara Thumm dadurch betont, dass sie den Besucher von der Rückseite aus zu dem Werk hinführt, sodass zunächst nackte Leinwandrücken zu sehen sind, bevor man in die Fantasie der Künstlerin eintaucht. Die Herausforderungen solch wandelsamer Kunstformate wird am Donnerstag, den 18. Februar, aus kunsthistorischer, kuratorischer und konservativer Sicht diskutiert. Die allem vorangestellte Frage lautet: „Die Teile des Ensembles sind Vergangenheit, die Zusammenstellung, wie wir sie sehen, ist Gegenwart, wie sieht die Zukunft aus?“

WANN: am 18. Februar 2016 um 18:30.
WO: Galerie Barbara Thumm, Markgrafenstraße 68, 10969 Berlin.
!: Der Eintritt ist frei, bitte aber schnellstmöglich unter slyke@bthumm.de anmelden.

Anna Oppermann, Paradoxe Intentionen, Ausstellungsansicht, Courtesy Galerie Barbara Thumm.

Anna Oppermann, Paradoxe Intentionen, Ausstellungsansicht, Courtesy Galerie Barbara Thumm.

Schwere Kost gibt es am Freitag, den 19. Februar, in der Galerie Thomas Fischer zu sehen. Dort werden Seiichi Furuyas Fotografien der letzten vier Jahrzehnte unter dem Titel „Gravitation“ ausgestellt. Die düsteren Schwarz-Weiß-Fotografien haben tatsächlich schwerkraftähnliche Wirkung, sie ziehen einen fast demütig zu Boden und machen tiefgründig nachdenklich. Sie folgen dabei keinem narrativen Strang wie in früheren Ausstellungen, die Geschichten von Ost- und Westdeutschland erzählten, sondern stehen einzeln für sich und können so ihre ganze Wirkkraft entfalten. Die Stärke und Macht von Fotografie kann hier in purer Reinheit erfahren werden.

WANN: am 19. Februar 2016, von 18 bis 21 Uhr. Hier könnt ihr weiterlesen.
WO:
Galerie Thomas Fischer, Potsdamer Straße 77-87, Haus H, 10785 Berlin.

Seiichi Furuya, Vienna 1983, Courtesy Galerie Thomas Fischer.

Seiichi Furuya, Vienna 1983, Courtesy Galerie Thomas Fischer.

Ab Freitag könnt ihr außerdem Leiko Ikemuras erste große Einzelausstellung in Berlin im Haus am Waldsee bestaunen. Gewissermaßen eine Rückschau auf ihr künstlerisches Schaffen der letzten 10 Jahre, markiert die Ausstellung „…und plötzlich dreht der Wind“, wie der Name schon so malerisch ausdrückt, einen Kehrpunkt der Menschheit wie auch der schöpferischen Persönlichkeit Ikemuras. Dramatische Ereignisse wie die Nuklearkatastrophe von Fukushima können solche Umbrüche in Gang setzen, ebenso wie der Tod einer geliebten Person dies auf persönlicher Ebene tut. Aus dieser Auseinandersetzung mit persönlichem Unglück und innerer Zerrissenheit stammt die melancholische Note der ausgestellten Malerei, Fotografie und Plastik, die zeitweilig auf philosophisches Niveau gehoben wird. Dabei vereinen sich in Ikemuras Schaffen westliche und japanische Tradition, Ästhetik und Denkstrukturen auf einzigartige Art und Weise. Den Ausflug raus nach Zehlendorf ist die Ausstellung daher in jedem Fall wert!

WANN: ab Freitag, den 19. Februar bis 17. April 2016.
WO: Haus am Waldsee, Argentinische Allee 30, 14163 Berlin. Hier gelangt ihr zu Infos und Veranstaltungen.

Leiko Ikemura, Genesis, 2014, Courtesy Leiko Ikemura and VG Bild-Kunst, Bonn, 2016.

Leiko Ikemura, Genesis, 2014, Courtesy Leiko Ikemura and VG Bild-Kunst, Bonn, 2016.

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