Berliner Kunstgriff
28.02. - 06.03.17

28. Februar 2017 • Text von

Interdisziplinär heißt: Lingustische Untersuchungen, filmische Verunsicherungen, sowie Kritik von Stipendiaten und chemische Unmöglichkeiten, alles unter dem Deckmantel der Kunst. Alles in einer Woche, alles in diesem Kunstgriff.

100 cm x 90 cm Öl, Acryl und papier auf Leinwand 1997

Cihangir Gümüştürkmen: Fatma Souad, 1997. Mischtechnik, Öl und Papier auf Leinwand, 100 x 90 cm. Courtesy of Ulaş und Koray Yılmaz-Günay.

Ebenso wie Menschen, die ihre Heimat verlassen, um an einen anderen Ort zu leben, in ihren Koffern Besitztümer mitbringen, begleitet sie auch ihre Muttersprache in ihr neues Zuhause. Die künstlerische Verarbeitung von linguistischen Verschiebungen dümpelt oftmals in Kabaretts und Kolumnen vor sich hin; die Verbindung der deutschen und der türkischen Sprache begegnet uns auf der Straße und im Hip-Hop, bis jetzt aber noch selten im Kunst Kontext. Am 2. März eröffnet das Schwule Museum* die erste Ausstellung von Arbeiten, die den transkulturellen Austausch von LSBTIQ*-Menschen zwischen Türkei und Deutschland unter dem Titel „ğ – queere Formen migrieren“, vereint. Die Kuratoren Emre Busse und Aykan Safoğlu wollen mit dieser Gruppenausstellung die künstlerische Migration zwischen Istanbul und Berlin und deren Effekt auf einen queer-migrantischen Gemütszustand in Letzterer examinieren. Aufhänger ist das „weiche g“, welches ein Überbleibsel des arabischen Lautes „Ghain“ im römischen Alphabet und der am häufigsten falsch ausgesprochenen Buchstabe in Deutschland ist.

WANN: Die Eröffnung findet am Donnerstag, den 2. März, um 19 Uhr, statt und läuft bis zum 29. Mai.
WO: Schwules Museum*, Lützowstraße 73, 10785 Berlin. Mehr Infos hier.

nbk_HoursandHours_1024

Bettina Allamoda: Human League / Yesteryear Poster Series (Detail), 1996. Courtesy of Neuer Berliner Kunstverein and the artist.

Ebenfalls am Donnerstagabend wird anlässlich der Ausstellung „Omer Fast – Reden ist nicht immer die Lösung“ dessen erster Kinofilm vorgeführt. „Remainder“ ist wie viele der ausgestellten Videoinstallationen ein realistisches Narrativ in einer fiktiven Welt. Doch der große Unterschied zwischen diesen für die Kinoleinwand und jenen für Ausstellungsräume geschaffenen Bildern ist, dass „Remainder“ ein Rätsel ohne Lösung und keine Geschichte ist.

WANN: Die Vorstellung (104 Minuten, OmU) beginnt am Donnerstag, den 2. März, um  18:30 Uhr.
WO: Martin-Gropius-Bau, Kinosaal, Niederkirchner Straße 7, 10963 Berlin. Alles weitere hier.

Der Berliner Senat fördert jedes Jahr Berliner Kunstschaffende mit einem sogenannten Arbeitsstipendium. Der Neue Berliner Kunstverein eröffnet am Freitag, den 3. März, das nächste Kapitel der Ausstellungsreihe und präsentiert die Werke der elf Stipendiaten und Stipendiatinnen. Der Fokus der Gruppenausstellung liegt dabei auf künstlerischen Langzeituntersuchungen und dem formalen sowie inhaltlichen Prinzip der Serialität. Einerseits wird die durch den White Cube implizierte Ort- und Zeitlosigkeit in den verschiedensten Medien untergraben, andererseits wird die exzessive Kommunikation im Digitalen der realitätsverneinenden Sphäre der Kunsttheorie gegenübergestellt. Insbesondere die Tatsache, dass unter dem Titel der Ausstellung „Hours and Hours of Inactivity“ auch ein Projekt präsentiert wird, welches sich den Berliner Langzeitbaustellungen widmet, finden wir großartig.

WANN: Die Vernissage findet am Freitag, den 3. März, um 19 Uhr, statt.
WO: Neuer Berliner Kunstverein, Chausseestrasse 128/129, 10115 Berlin. Und Online.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Mia Goyette: Olympus Digital Camera. Key Visual of the exhibition „Latemodel Picturesque“. Courtesy of Luis Campaña and the artist.

Schließlich eröffnet die Berliner Galerie Luis Campaña am Samstag, den 4. März, die Einzelausstellung „Latemodel Picturesque“ der amerikanischen Künstlerin Mia Goyette. Deren Werk konzentriert sich auf die Untersuchung von Materialität im Allgemeinen: Sei es in hyperrealistischen Skulpturen oder im Rahmen von widersprüchlichen Installationen. Die Gegenüberstellung von natürlichen und künstlichen Materialien kennzeichnet die Heuristik von Goyette, ebenso wie eine besondere Faszination für die Veränderung von Strukturen und Flüssigkeiten.

WANN: Die Ausstellung ist ab Samstag, den 4. März, zwischen 12 und 18 Uhr zusehen.
WO: Galerie Luis Campaña, Axel-Springer-Straße 43, 10969 Berlin. Details hier.

Weitere Artikel aus Berlin