Berliner Kunstgriff
18.07. - 24.07.17

18. Juli 2017 • Text von

Gäbe es so etwas wie ein ideales Kunstwerk, sollte es doch über diese Qualitäten verfügen: Humor, inhaltlichen Anspruch und emotionale Tiefe. Wir haben diese Woche alle drei für euch – zwar nicht in einem Werk vereint, aber dafür gibt es mehr zu sehen!

Stefan Klein, More Secure Than Ever, Courtesy Daniel Marzona.

Sieben Mal hintereinander hat der deutsche Künstler Stefan Klein das Buch „Introduction to Microeconomics“ auf Amazon gekauft und wieder zurückgegeben, nur um aus den gesammelten Rückgabebelegen ein Buch mit dem Titel „Introduction to Microeconomics“ zu gestalten – und dieses dann auf Amazon zu verkaufen. Die Projekte, Aktionen und Performances von Klein sind klug, jung, um die Ecke gedacht und ebenso provokant wie humorvoll. In unkonventioneller und unberechenbarer Manier bringt er diese auch ans Volk, so ließ er auf der letztjährigen Berlin Biennale eine Aufsichtsperson sein Werk in ihrer ausgestreckten präsentieren: Sonnenblumenkerne, die er während einer Ai Wei Wei Ausstellung in der Londoner Tate zerkaute. Auch bei seiner Performance „More Secure Than Ever“, die am Dienstag, den 18. Juli, in der Galerie Daniel Marzona eröffnet, kann man nicht abstecken, womit man zu rechnen hat. Fest steht, dass die Performance über vier Tage hinweg durchgehend zugänglich ist und von dem Wachmann einer Security Firma verrichtet wird. Er folgt den Bestimmungen eines Vertrages, den der Künstler mit seinem Unternehmen abgeschlossen hat. Dieser ist als einziges Exponat im Raum ausgestellt.

WANN: Die Performance beginnt mit einer Eröffnung am 18. Juli, um 18 Uhr und läuft bis zum 21. Juli um 18 Uhr.
WO: Daniel Marzona, Friedrichstraße 17, 10969 Berlin.

Justin Lieberman, Oh! Senstitivity, 2017, Courtesy the artist. Foto: Galerie Christine Mayer.

Bei District Berlin wird am Donnerstag, den 20. Juli, „Klassensprachen“ eingeläutet: ein Projekt, das sich der Formate Ausstellung, Diskussion und Publikation bedient, um einen theoretischen Boden für die Beschäftigung mit dem gegenwärtigen Wirkungsraum von Klassendenken und -formulierung zu schaffen. Auch in der Institution Kunst zeigt sich noch heute das veraltete Konzept von Klasse, das ebenso gemeinschaftlich wie entfremdend bis unterdrückend wirken kann. Kunst wird hier daher nicht als Politik idealisiert, sondern kritisch nach ihren klassensprachlichen Funktionen und Inhalten hinterfragt. Das praktische Wissen, das bei einer derartigen Untersuchung produziert wird, soll das Potenzial haben, sich zukünftig nicht nur innerhalb des künstlerischen Feldes in Handlungsfähigkeit umzuwandeln. Praktische Solidarität ist das Ziel.

WANN: Am Donnerstag, den 20. Juli, wird ab 19 Uhr eröffnet. Hier geht es zum vollständigen Programm des Eröffnungswochenendes.
WO: District Berlin, Bessemerstraße 2-14, 12103 Berlin.

Lucian Freud, Girl Sitting, 1987, Courtesy The Lucian Freud Archive / Bridgeman Images UBS Art Collection.

Ab Samstag, den 22. Juli, werden im Martin Gropius Bau erstmals Radierungen aus der späten Schaffensphase von Lucian Freud zu sehen sein. Das grafische Werk des gebürtigen Berliner Künstlers zeichnet sich durch eine wissenschaftliche Herangehensweise an das Objekt und seine Präzision und Detailreiche aus. Es ist – wie auch das malerische Œuvre – von einer intensiven Beschäftigung mit Vergänglichkeit gezeichnet. Die Menschen und Tiere, die er eingehend studiert, werden mit einer beizeiten unangenehmen, unverschönten Ehrlichkeit wiedergegeben, die unter die Haut geht. In seinem grafischen Spätwerk traut sich der Künstler noch näher an sein Modell heran und intensiviert die Intimität zwischen ihm und dem Betrachter. Die persönlichen Geschichten, die mit den einzelnen Arbeiten verbunden sind, sind bis heute zu spüren und geben einen Einblick in das sensible Innenleben von Freud.

WANN: Die Werke sind ab Samstag, den 22. Juli bis zum 22. Oktober zu sehen. Mehr Infos dazu gibt es auf der Ausstellungsseite.
WO: Martin Gropius Bau, Niederkirchnerstraße 7, 10963 Berlin.

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