Berliner Kunstgriff
13.12. - 19.12.16

13. Dezember 2016 • Text von

Wie geht Kunst? Mittlerweile ganz einfach: Man nehme ein paar Pissoirs und behaupte sie seien Duchamps. Oder Kaffeemühlen von Politkünstler Andreas Baader. Für die Grenzen zwischen Fiktion und Realität interessiert sich eh keiner mehr.

Rolf Gunter-Dienst: T-Online, 2000, Foto: Jan Brockhaus, Courtesy Sammlung Bergmeier.

Rolf Gunter-Dienst: T-Online, 2000, Foto: Jan Brockhaus, Courtesy Sammlung Bergmeier.

„Klappe eins, Affe tot…“ – Ging das nicht anders? Was es mit dieser Verfremdung von Jahrmarkt-Slang auf sich hat, wissen wir leider auch (noch) nicht. Der Titel der neuen Ausstellung in den Kunsaelen, die am Freitag, den 16. Dezember, eröffnet, lässt Fragen offen. Was gezeigt wird können wir allerdings verraten: Werke aus den Beständen der Sammlung Bergmeier, die seit sechs Jahren immer wieder in den Kunstsaelen präsentiert wurden. Der Schwerpunkt des Gezeigten liegt auf einer feinen, kohärenten Auswahl von großteils minimalistischer und konzeptueller Kunst der letzten fünf Jahrzehnte. Mit dabei: Art & Language, Ruth Wolf-Rehfeldt, und Carsten Nicolai. Die Ausstellung kann als Besinnung auf die nun siebenjährige Tätigkeit der Kunstsaele gesehen werden, die in Multitasking-Manier zwischen Sammlungspräsentation, Kunsthandel und Salongesprächen changiert. „Es ist eine schöne und wirkungsvolle Vorführung, der Ritt, den wir Ritt der Träume nennen.“ – So beschreiben sie ihre Arbeit mit einem vielversprechenden Kafka-Zitat. Man muss wohl einfach hingehen und sich das Ganze ansehen, um es zu verstehen. 

WANN: Zur Vernissage geht es am Freitag, dem 16. Dezember, von 18 bis 21 Uhr.
WO: Kunstsaele Berlin, Bülowstr. 90, 10783 Berlin.

Dan Attoe, Landscape with Free Time and Money, 2016, Foto: Matthias Kolb, Courtesy Peres Projects, Berlin.

Dan Attoe, Landscape with Free Time and Money, 2016, Foto: Matthias Kolb, Courtesy Peres Projects, Berlin.

Am Freitag gibt es außerdem bei Peres Projects „Natural Selections“: Natürliche Auslese oder auch Survival of the Fittest. Lange schon sieht sich der Mensch an der Spitze der Nahrungskette, doch stellen Dan Attoes erhabene Landschaftsgemälde genau diese scheinbare Überlegenheit infrage. Seine mystisch blau leuchtenden Berge, Seen und Baumreihen strahlen eine solche Erhabenheit aus, dass sie den Menschen daneben oder auch davor ganz klein und unbedeutend erscheinen lassen. Der amerikanische Maler betont in seinen Werken immer wieder die Macht der Natur, was zunächst vielleicht romantisch erscheinen mag. Doch findet man in den Details seiner Werke immer auch eine existenzielle Note im Bezug des Dargestellten auf den Menschen. Die Reinheit von Mutter Erde kontrastiert stark mit angedeuteten menschlichen Belangen wie Zeit oder Geld, zwei essenziellen und häufig allzu knappen Güter von Heute, die in der Natur auf einmal jeglichen Wert einbüßen.

WANN: Eröffnet wird am Freitag, den 16. Dezember zwischen 18 und 20 Uhr.
WO: Peres Projects, Karl-Marx-Allee 82, 10243 Berlin.

The Cabinet of Ramon Haze, Installation View, KOW Berlin, 2016, Foto: Ladislav Zajac, Courtesy of the artist and KOW, Berlin.

The Cabinet of Ramon Haze, Installation View, KOW Berlin, 2016, Foto: Ladislav Zajac, Courtesy of the artist and KOW, Berlin.

Die Galerie KOW bietet jetzt schon seit Ende November eine ganz andere Perspektive auf die Kunstgeschichte des letzten Jahrhunderts. „The Cabinet of Ramon Haze“ ist die Präsentation einer umfangreichen Sammlung von Ramon Haze, einem fiktiven Kunstdetektiv der Zukunft. Nachdem unsere Zivilisation scheinbar den Bach runtergegangen ist und Ramon keine schriftlichen Zeitdokumente verblieben sind, reimt er sich zu seinen Fundstücken aus dem 20. und angehenden 21. Jahrhundert einfach eine eigene Geschichte zusammen. So war Andreas Baader ein hochpolitischer Künstler, der gerne mit Sprengstoff spielte. Der Kunst zuliebe natürlich. Und Duchamps Fountain muss wohl in Leipzig entstanden sein, denn wie ließe sich sonst die Menge an Pissoirs erklären, die die Künstler Holger Feldmann und Andreas Grahl dort nach der Wende aus leerstehenden Wohnungen und Fabriken zusammengetragen haben. Im Grunde wurde hier ganz im Sinne von Duchamp ein enormes Altstofflager in ein Museum transformiert, und es funktioniert. Wie? Mit viel Fantasie, ein wenig Dreistigkeit und einer Menge Humor. Aber natürlich verbirgt sich hinter dem ganzen Unterfangen mehr als Jux und Tollerei. Glücklicherweise bietet die Galerie für jene, die die Installation auf einer tieferen Ebene erleben möchten, diese Woche eine Führung an.

WANN: An der nächsten Führung könnt ihr am Samstag, den 17. Dezember, um 16 Uhr, teilnehmen. Die Ausstellung läuft noch bis zum 29. Januar nächsten Jahres.
WO: KOW, Brunnenstraße 9, 10119 Berlin.

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